Neunzehnter Brief

124 17 5
                                    

Lieber Ben,

die Zeit mit dir ist so wunderschön. Ich fühle mich so unendlich frei. Endlich kann ich sein wer ich bin. Danke, dass du so mutig bist und zu mir stehst. Danke, dass du nicht auf die anderen hörst. Danke, dass du bist wie du bist. Du hast mich gestern Morgen abgeholt. Das hat noch nie jemand für mich getan. Mir hat auch noch niemand die Tür aufgehalten. Die Fahrt zur Schule war so kurz. Und doch habe ich lange nicht mehr so gelacht. Du machst mich so unglaublich glücklich. Und dann war da dieses Glitzern in deinen Augen. Dieses wunderschöne Glitzern. Ich glaube, du bist glücklich, Ben. Ich wünsche mir nichts anderes als, dass du es bist. Als wir da waren hast du meine Hand genommen. Hast du nicht gemerkt wie alle und anstarrten? Wie sie uns mit ihren Blicken durchbohrten? Du schienst wie in einer anderen Welt, denn du hast gelächelt. Du hast so stark gewirkt. Und ich fühlte mich auch stark weil du stark warst. Ich habe mich zum allerersten Mal aufgerichtet. Ich bin mit hohem Kopf durch die Gänge gelaufen. Alles an mir hat geschrien. Seht ihr? Hier bin ich ! Es tat so unglaublich gut. Einfach zu wissen, dass du neben mir stehst. Dass du zu mir hältst. Aber dann musstest du weg. In eine andere Klasse. Und ich war wieder allein. Und dieses schreckliche altbekannte Gefühl schoss wieder in mir hoch. Diese grauenhafte Einsamkeit. Der Selbstzweifel. Und dann fiel mein Kopf. Meine Augen sahen den Boden und Tränen bildeten sich. Wieso war ich jetzt wieder so schwach? Warum konnte ich nur mit dir stark sein? Nach der Schule hast du mich mitgenommen. Ich fand es absurd mit dir zur Skateranlage zu fahren. Du weißt doch wie unsportlich ich bin. Aber trotzdem hast du drauf bestanden. Du Sturkopf. Bewundernd habe ich dich angesehen , wie du fast über den Boden geflogen bist. Lachend hast du dich umgedreht und mich zu dir gerufen. Nur zögerlich bin ich gegangen. Dann sollte ich mich auf dieses verfluchte Board stellen. Und du hast mich fest gehalten, doch dann ist das Board unter meinen Füßen weggerollt und ich fiel. Aber du hast mich aufgefangen. Hast mir in die Augen gesehen. Und wir kamen uns immer, immer näher bis die Stimme deines Freundes die Stille zerschnitt. „Boah, Ben hängst du jetzt mit solchen, solchen..." Er fand wohl keine Beschreibung für mich. Dein Gesicht wurde hart, du bist auf ihn zugestürmt und hast ihm auf die Brust getippt: „Hör mir mal zu. Das ist nicht irgendwer. Sondern das ist Jailyn. Sie ist etwas Besonderes. Und solltest du noch einmal sie in irgendeiner Art und Weise beschimpfen...dann..." Dein Freund ist nach hinten gewichen. Du sahst aber auch ziemlich angsteinflößend aus. Dann hat er sich umgedreht und ist weggerannt. Ich bin auf dich zu und habe dich angelächelt. Ich habe dir gesagt, dass das noch nie jemand für mich getan hat. Noch nie hat mich jemand beschützt. Ab da stand mein Entschluss fest. Ich hab dich mit mir gezogen zum Auto. Ich wollte dich ins Recorder bringen. Dir auch ein Stück meiner Welt zeigen. Als ich mit dir in den Laden stürmte, hättest du Mary's Gesicht sehen sollen. Sie war so geschockt, dass sie nicht ein Wort rausbrachte. Nicht ein einziges. Aber ich bin bloß mit dir in den hinteren Bereich. Hab mir meine Lieblingsgitarre genommen und hab gespielt. Für dich. Und als ich endete. Waren das wirklich Tränen in deinen Augen? Und dann. Ja dann hast du mich zu dir gezogen. Und du hast mich geküsst. Jeder Funke in meinem Körper schien zu explodieren. Jeder Zentimeter war von etwas erfüllt. Es war unbeschreiblich. Plötzlich hast du dich an das Klavier gesetzt. Ich muss es dir leider sagen, aber du hast keinen Funken Talent für dieses Instrument. Dennoch bin ich in die Melodie eingestiegen. Habe trotzdem mitgemacht und mitgelacht. Der Moment schien wie aus einem Märchen, so unglaublich perfekt. Obwohl ich ja nicht an Perfektion glaube. Es war schon ziemlich nah dran.

Alles Liebe

Jailyn

Dear Ben,Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt