Prolog

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25. Juli 2017

Hier stand ich nun, an diesem sonnigen Tag ganz in schwarz gehüllt. Meine Schwiegermutter stand neben mir und schluchzte hemmungslos, während der Pfarrer ein Gebet nach dem anderen sprach. Mir liefen ebenfalls Tränen über die Wangen, jedoch blieb ich dabei stumm. Ich hatte schon genug geweint in den letzten Tagen. Nun blieb es an mir, stark zu bleiben. Stark für meine Schwiegermutter Karen, die nicht nur vor einigen Jahren ihren Mann, sondern nun auch ihren Sohn verloren hatte. Stark für Ellie, die sehr an ihrem Bruder hing und gerade erst in die Grundschule gekommen war. Stark für Ashton, der mit seinen 4 Jahren nun ohne Vater aufwachsen würde.
Karen schluchzte noch immer neben mir und drückte Ellie an sich, die sie auf dem Arm hielt. Ich legte meinen Arm um ihre Schulter und versuchte ihr, wenigstens etwas Trost zu spenden.
Ashton hatte sich geweigert nach der Ansprache in der Kapelle des Friedhofes mit hinaus zu kommen. Meine Mutter war momentan bei ihm und lenkte ihn etwas ab. Mit seinen gerade einmal 4 Jahren verstand er schon ziemlich viel.
Ich hoffte nur, dass er sich nicht die Schuld am Tod seines Vaters gab. Immerhin war es sein Geburtstag gewesen, an dem sein Vater nochmal ins Auto stieg um seinem Sohn seinen Lieblingskuchen, von Ashtons Lieblingskonditorei, zu holen.
Auf dem Rückweg war es dann geschehen. Der Wagen, der auf der entgegengesetzten Fahrbahn fuhr, wollte einem Kind ausweichen, dass seinem Ball hinterher rannte. Keiner konnte mehr ausweichen oder noch bremsen und so krachte er geradewegs in Byrons Auto. Das Kind hatte nur einen Schrecken bekommen und der Fahrer des anderen Wagens hatte einige Quetschungen und eine Gehirnerschütterung. Byron jedoch hatte nicht so ein Glück. Er war nicht angeschnallt gewesen und durch den Aufprall wurde er durch die Windschutzscheibe geschleudert. Dabei brach er sich mehrere Knochen - unter anderem erlitt er auch einen Schädelbruch. Wegen einer gebrochenen Rippe, die auch noch seinen rechten Lungenflügel durchstoßen hatte, kollabierte die Lunge und die Notärzte konnten ihm nicht mehr helfen. Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus.
Jedes mal, wenn ich daran zurück dachte, wurde mir übel. Die Ärzte versicherten mir zwar, dass er nicht viel mitbekommen hatte und es ein schneller Tod gewesen war. Trotzdem war er allein gewesen, als er starb.

Nachdem der Sarg in die Erde gelassen wurde, traten die Trauernden vor und verabschiedeten sich ein letztes Mal von ihm. Karen taumelte zu sehr als das sie alleine hätte laufen können, deshalb hakte ich mich bei ihr ein und verließ auch zusammen mit ihr den Friedhof.

***

Als ich zusammen mit Ashton unsere Wohnung betrat war die Stille kaum auszuhalten. Ashton hatte seit der Kirche kein Wort mehr gesagt. Auf meine Fragen reagierte er nicht und von selbst sprach er auch nicht. Ich hoffte, dass er wenigstens etwas essen würde. Doch auch da machte ich mir nicht allzu große Hoffnungen. Trotzdem deckte ich den Esstimmertisch für uns beide und schmierte ihm ein Brot. Ich konnte erleichtert aufatmen, als Ashton hineinbiss und es dann auch auf aß. Als er fertig war, stand er ohne ein Wort zu sagen auf und machte sich bettfertig.

"Gute Nacht, Mom", er kam nochmal zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange. Manchmal staunte ich, wie selbstständig er schon war. Bis auf das Zähne putzen klappte wirklich alles super. Nachdem Ashton sich unter die Decke gemummelt hatte, ging ich zurück ins Wohnzimmer. Ich griff nach einem Foto von Byron und mir. Es war unser Hochzeitsfoto. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich daran dachte, wie wir uns kennengelernt hatten.

Das ganze war jetzt schon 8 Jahre her. Damals waren wir beide erst 17. Unser erstes Treffen war ein einziges Klischee. Auf den Fluren der High School waren wir ineinander gerannt und meine Haare hatten sich im Reißverschluss seiner Lederjacke verhangen. Mit viel Schamesröte und - zu meinem großen Entsetzen - eine Schere später, waren wir wieder zwei getrennte Leute und standen uns peinlich berührt gegenüber.
Danach waren wir immer häufiger ins Gespräch gekommen und hatten viel unternommen.

Das erste Date war, nun ja, Byron führte mich zum Essen aus, jedoch vertrug er sein Gratin nicht ganz so gut. Den restlichen Abend verbrachten wir bei mir und schauten einen Film, den Byron fast nicht mitbekam, da er sich hauptsächlich im Bad eingeschlossen hatte. Als meine Mom nach Hause kam und mich früher als erwartet auf dem Sofa vorfand, war ihr erster Gedanke, dass das Date in totaler Reinfall war. Als ich ihr erklärte, dass Byron das Bad für sich reserviert hatte, lachte sie und wühlte in unserer Hausapotheke. Mit den passenden Mitteln in der Hand scheuchte sie mich zum Bad. Vollständig genesen war Byron an diesem Abend nicht mehr, aber das zweite Date wurde viel besser.
Nicht lange danach waren wir zusammen gekommen und es konnte wirklich nicht besser laufen. Meine Eltern liebten Byron und seine Eltern liebten mich.

Nach unserem High School Abschluss gingen wir auf die Universität. Ich entschied mich für ein Studium der Kunstgeschichte und Byron studierte Ingenieurwissenschaften. Während meines zweiten Semesters zogen wir zusammen in eine Wohnung. Sie war recht klein und in der Nähe der Universität, doch für uns beide reichte es.
Unsere Studiengänge machten uns beiden Spaß und wir stritten immer noch selten.

Im letzten Semester meines Bachelorstudiums, hielt ich dann einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen. Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich tun sollte. Ich dachte sogar an eine Abtreibung. Doch als ich es Byron erzählte, freute er sich riesig und ich brachte es nicht übers Herz das Baby nicht zu bekommen.
Bei jeder Ultraschalluntersuchung war Byron unheimlich aufgeregt und als wir das Geschlecht erfuhren konnte ihn nichts mehr halten. Unsere beider Eltern freuten sich riesig und unsere Mütter boten ihre Unterstützung an, damit ich das Studium in Ruhe beenden und danach einen Job finden konnte. Mit dem Okay meiner Frauenärztin konnte ich bis kurz vor die Entbindung an den Vorlesungen teilnehmen.
Ich hätte jedoch nicht damit gerechnet, dass unser kleiner Sonnenschein es ziemlich eilig hatte und einen Monat früher als gedacht kam.
Mitten in der Vorlesung platze meine Fruchtblase und ich bekam Wehen. Der Dozent rief den Notdienst und einer meiner Studienkollegen lief los um Byron zu holen. Die Geburt war nicht gerade einfach. Ashton hatte sich noch nicht gedreht und der Muttermund wollte sich nicht öffnen.
Nach dem Eingreife der Hebamme, die Ashton drehte, dachten wir, es könne nun endlich losgehen. Unsere Familien warteten draußen und ich hatte langsam aber sicher die Nase voll.
Doch das war noch nicht alles.

Während wir auf den weiteren Geburtsvorgang warteten, sackten Ashtons Herztöne ab. Die Ärzte warteten nicht lange und machten einen Notkaiserschnitt. Byron hatte Tränen in den Augen, als Ashton das erste Mal schrie.

Die folgenden Monate waren nervenaufreibend. Doch mit der Unterstützung unserer Familien schafften wir auch das. Ich war mittlerweile in meinem Masterstudium und eigentlich immer gestresst.

Ein Jahr nach Ashtons Geburt gaben wir uns das Ja-Wort. Es war eine kleine Hochzeit mit Freunden und der Familie.
Die Zeit verging wie im Flug und meine Masterarbeit war geschrieben. Ich fand einen Job als Assistenz-Kuratorin in einer Kunstgalerie und konnte mich nun zu 100 Prozent auf meine Familie konzentrieren.

Wenn ich nun daran zurück dachte, spürte ich nur Schmerzen, dort wo mein Herz sein sollte. Ich hoffte und wünschte mir, dass die Zeit des Leidens schnell vorüber gehen würde. Ich hoffte es für mich, für Karen und ganz besonders für Ashton. Es war kurz nach Mitternacht, als ich mich erhob und das Schlafzimmer ansteuerte. Ich öffnete die Tür und zog mich um, nahm meine Decke vom Bett und ging wieder zum Sofa. Wir mussten wohl umziehen, ich hielt es kaum noch aus in dieser Wohnung. Ein Tapetenwechsel würde Ashton auch guttun. Mit dem Gedanken daran schlief ich ein.

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Das war der Prolog für meine neue Story.

Ich bitte um Kritik/Feedback.

Danke im voraus. <3

Still Living - Nichts nach PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt