× Kapitel 9 ×✔

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"Harry?", versuchte ich die Aufmerksamkeit des Pflegers zu bekommen.

"Mhm."

"Was weißt du über PTBS?", wollte ich wissen und drehte mich zu ihm.
Wir waren gemeinsam in meinem Zimmer - ich lag auf meinem Bett und er saß auf dem Boden und war an meinen Schrank gelehnt.
Wir hatten heute beide unseren freien Nachmittag und hatten beschlossen, dass wir diesen zusammen verbringen würden.

"Also hat Liam mit dir gesprochen? Ist er sich schon sicher?", fragte er und stand auf. Kurz darauf stand er unschlüssig vor dem Bett. "Ist es okay, wenn ich mich setze?"

Ich klopfte neben mich auf die Matratze, um ihm zu zeigen, dass er sich setzen konnte. "Solange du dich nicht hinlegst."

Er nahm neben mir Platz und griff nach meiner Hand. Lächelnd verwebte ich unsere Finger miteinander und er begann mir von seinen Erfahrungen mit PTBS zu erzählen.

Harry erklärte mir noch etwas mehr, als Dr. Payne es getan hatte. Danach berichtete er noch von Patienten, die auch PTBS hatten. Wie sich die Erkrankung bei ihnen gezeigt hat und aus welchen Gründen sie erkrankt waren. Er machte mir Hoffnungen, weil alle Patienten mittlerweile gesund waren und es auch nicht all zu lange gedauert hat.
Natürlich könnte es bei mir auch anders sein, aber es tat gut zu hören, dass ich nicht der einzige war.

"Danke", flüsterte ich, nachdem ich ihm aufmerksam zugehört hatte.

Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich fragend an. "Wofür?"

"Dass du mir alles erzählt hast, auch, wenn du es wahrscheinlich gar nicht durftest. Ich weiß ja nicht wie das ist mit der Schweigepflicht und so", erklärte ich ihm und zog die Bettdecke über mich.

Harry sah mich durchdringend an und beugte sich über mich. Schnell wich ich zurück und schlang meine Arme um mich selbst. Tränen stiegen in meine Augen, ich wiegte mich selbst vor und zurück, um mich zu beruhigen.
Durch meinen von Tränen verschleierten Blick sah ich meinen Gegenüber an. Er war selbst ein Stück von mir weggerutscht und sah mich schuldbewusst an.

"Louis, es tut mir so leid. Ich habe nicht nachgedacht." Harrys Stimme war rau und er senkte seinen Blick.

"Du bist nichts wert."

"Jetzt bist du bei uns, alles wird gut."

"Komm her, damit ich mich um dich kümmern kann."

Meine Gedanken rasten durch mein Gehirn. Bilder spielten sich vor meinem inneren Auge ab. Immer wieder traten Sätze aus dem Chaos hervor und hallten wieder und wieder durch meinen Kopf. Dinge, die sie gesagt hatten.

"Umarm' mich, bitte. Bitte sei stark, ich brauche dich jetzt, Harry", brachte ich hervor. Mein Körper wurde immer wieder von Schluchzern erschüttert und Tränen liefen über meine Wangen. Ich spürte meine Arme und Beine nicht mehr, konnte sie auch nicht bewegen.

Harry erwachte aus seiner Starre und setzte sich neben mich an das Kopfende des Bettes. Kurz darauf saß ich auf seinem Schoß, seine Arme um meine Taille geschlungen. Ich hatte meinen Kopf auf seiner Schulter abgelegt und atmete den Geruch ein, der von ihm ausging. Auch, wenn wir uns noch nicht lange kannten, wirkte dieser schon familiär und beruhigte mich.

Ich konnte mich noch immer nicht richtig bewegen, zu ausgelaugt war mein Körper nach dem Schub. Fast reglos lag ich in Harrys Armen, nur meine Brust hob und senkte sich bei meinen Atemzügen.
Harry versuchte mich mit Worten zu beruhigen. Die ganze Zeit flüsterte er mir Sachen ins Ohr, die mich rot werden ließen.

Aber es half. Zwar war ich müde und ich konnte heute nichts mehr machen, aber meine Gedanken waren für eine kurze Zeit ruhig.

Er wiegte mich auf seinem Schoß hin und her, bis meine Augenlider schwerer wurden und immer öfter zu fielen. Ich wand mich etwas aus seinem Griff und er schien zu verstehen.
Ich war noch nicht bereit dazu mit einer anderen Person ein Bett zu teilen. Es brachte zu viele Erinnerungen zurück. Aber er schien es zu verstehen, zumindest akzeptierte er es.

"Ich werde dir helfen, Louis. Egal was passiert."

Lost Boy - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt