3. Kapitel

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Ich überlegte kurz, wie ich meinen Zusammenstoßer N. kontaktieren sollte. Theoretisch könnte ich auf seinen Post antworten, andererseits hoffte ich inständig, dass keiner meiner Freunde geschweigedenn die paar Freunde meiner Eltern, die ich bei Facebook hatte, diesen Beitrag gesehen hatten. Also löschte ich ihn lieber schnell und lief runter zu meiner Mutter.

"Maaama, ich brauch mal dein Handy, darf ich kurz?" Ich nahm es schon vom Schrank und hielt es ihr hin damit sie ihr Passwort eingeben konnte. Vor einigen Tagen hatte ich es zufällig gesehen, aber trotzdem wollte ich es nicht selber eingeben.

"Und wen genau möchtest du anrufen?", fragte meine Mutter während sie das Passwort schnell eingab.

"Eh..mein Handy. Also komische Geschichte."

Jetzt sah sie mich unglaubwürdig an und ich musste lachen. Vor ihr konnte ich einfach nichts verbergen! Also erzählte ich ihr schnell, dass mein Handy verloren gegangen ist, aber ich es durch einen Anruf wieder bekommen würde, da der Finder sich per Internet bei mir gemeldet hatte. Das es der "Zusammenstoßer" war behielt ich lieber erstmal für mich.

"Na dann, viel Glück." Meine Mutter lachte über meine Hetze während ich hoch in mein Zimmer rannte.

Oben angekommen war ich erst einmal außer Atem, als hätte ich einen Dauerlauf gemacht.

"Hayat, spielst du mit mir?" Mein Bruder tauchte an meiner Zimmertür auf und hielt mir ein paar Legosteine entgegen.

"Nein Eli, ich muss kurz was machen, ok?"

"Und danach?"

Ich stöhnte. Eigentlich hatte ich dazu gerade gar keine Lust, trotzdem nickte ich. Mein kleiner Bruder, den ich in letzter Zeit liebevoll Eli nannte, hing sehr an mir und eigentlich liebte ich gerade das so sehr.

Als Elias weg war und ich mich nicht mehr so außer Atem anhörte gab ich schnell meine Nummer ein und versicherte mich, dass Mamas Nummer unterdrückt wurde.

Es klingelte.

Geduldig wartete ich ab, das zweite Klingeln, das Dritte.. aber niemand nahm ab. Genervt legte ich auf.

Wenn dieser N. schon meint auf meine Pinnwand zu posten, dann soll der gefälligst auch ran gehen.

Ich rief noch einmal an, aber wieder nichts.

Nach ein paar Minuten versuchte ich es erneut und endlich nahm jemand ab.

"Ich möchte keine anonymen Anrufe bekommen. Bitte stell dich vor."

Das war eindeutig eine Computerstimme. Was sollte das? Was dachte der Typ von sich?

"Wer bist du?", hörte ich die Stimme dieses Mal fragen.

"Sag mal was denkst du eigentlich, wem das Handy gehört? Erst schreibst du das mit dem Zusammenstoß einfach auf meine Pinnwand, dann ruf ich dich an und du gehst nicht dran, an MEINEM HANDY und jetzt muss ich mich von so ner Computrtstimme dumm anlabern lassen?"

Der sollte mir einfach mein Handy wieder geben und gut ist.

Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Ja, sollte er ruhig sprachlos sein, hatte er verdient.

"Oh..ehm Entschuldigung. Ich meine das nicht böse. Ich dachte es wäre besser, wenn ich die Computerstimme sprechen lasse."

Der Mann klang ziemlich angespannt, ich war aber noch immer wütend.

"Und wieso bitteschön? Können Sie nicht sprechen?" Mir fiel auf, dass ich den Mann davor die ganze Zeit geduzt hatte, weil ich so sauer war.

"Du. Also sag Du. Nein, ich dachte nur..man weiß ja nicht wer anruft. Wenn es dein Vater wäre oder.. dein Freund. Ich dachte, dann wäre es nicht gerade schlau, dass an deinem Handy eine Männerstimme zu hören ist."

Ich schluckte. So hatte ich es noch gar nicht betrachtet.

"Oh, ähm..achso. das ist eigentlich schlau überlegt, danke. Also ein Junge ruft da eh nicht an. Einen Freund habe ich nicht, ich bin Muslimin. Und mein Vater eigentlich auch nicht, trotzdem danke."

Da hatte ich mich wohl ganz schön blamiert.

"Naja, macht ja nichts. Ich bin auch Muslim, elhamdulillah", ich hörte, wie die Stimme anfing zu lachen und musste selber Lachen.

"Ehm, soll ich dir dein Handy vorbei bringen?"

Ich überlegte kurz. "Ich könnte gleich noch mal kurz in die Stadt. Wäre das okay, wenn du dort auch hinkommst? Dann könntest du es mir da geben."

"Ja, okay. Ich hab gleich eh Mittagspause und arbeite dort ziemlich in der Nähe. Abgemacht. An der Stelle, wo du gegen mich gelaufen bist?", er lachte und ich musste auch grinsen während ich nickte. Dann bemerkte ich, dass er mich doch gar nicht sah und sagte schnell "Ja."

"Okay, Hayatım, dann bis dann."

"Bis gleich", ich nahm das Handy vom Ohr und schaute auf den Display.

Warte. Was hatte er gesagt? Wieso hayatım? Er kann sich wohl nicht mal einen so einfachen Namen merken, dachte ich mir und fing dabei selbst an zu grinsen. Der Zudammenstoßer war echt nett.

Warte. Wie hieß er eigentlich? Bis jetzt war er nur der geheimnisvolle N.

Liebe ist besser als jeder HassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt