Mein erster Schultag

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Wenn es regnet und man die Pferde nicht machen kann, postet man einfach mal ein Kapitel. That's a good life^^

Willkommen zu Saved Souls und Okamis Geschichte dazu :)

*****

"Kinder. Ihr seid spät dran", trällerte die Stimme meiner Mutter durch das Treppenhaus.
Leicht verzweifelt tippelte ich mit dem rechten Fuß auf dem Fliesenboden vor dem Bad herum. Warum musste ich auch immer nachgeben.
"Mika, kannst du nicht schneller machen? Ich muss auch noch ins Bad!", rief ich durch die verschlossene Tür.
Wie erwartet, bekam ich keine Antwort. Mika, meine Zwillingsschwester, hatte es nie sonderlich eilig. Egal, was anstand, sie chillte ihr Leben im wahrsten Sinne des Wortes.
Wütend ballte ich meine rechte Hand und hämmerte mit der Faust gegen die Badezimmertür. Bei Momo würde sowas nie passieren. Ihre Familie besaß drei oder vier Bäder.
"Ich mach ja schon", kam es genervt aus dem Bad.
Kurz darauf öffnete sich die Tür und Mika trat nur mit einem Handtuch bekleidet heraus. Augenrollend ließ ich diesen Anblick über mich ergehen, schlüpfte an ihr vorbei und verschwand im Bad. In Windeseile hatte ich mich meiner Hotpants und dem gemütlichen Top entledigt und hüpfte unter die Dusche. Kaum hatte ich den Wasserhahn betätigt, hallte mein Schrei durch das ganze Haus.
"MIKA!"
Sie liebte es, kalt zu duschen. Jedes Mal bat ich sie darum, wenigstens kurz vor Ende die Temperatur etwas anzuziehen, aber Fehlanzeige. Obwohl ich ständig in dieses Fettnäpfchen trat, gewöhnte ich mich einfach nicht daran.
Nachdem ich frisch geduscht wieder in meinem Zimmer stand, streifte ich den blauen Bademantel von meinem Körper, schlüpfte in meine Unterwäsche und griff nach der brandneuen Schuluniform. Das Emblem der UA strahlte mir entgegen. Ich konnte es noch immer nicht glauben. Sie hatten mir tatsächlich diese einzigartige Chance eingeräumt.
Bis vor zwei Tagen stand noch nicht fest, auf welche High School ich gehen würde. Die Lehrer hatten unheimlich lange für diese Entscheidung gebraucht, da ich sowohl eine Empfehlung für eine normale als auch für eine Superheldenschule ausgesprochen bekommen hatte.
Unheimlich viele Besuchstermine später, die nicht nur meine Eltern Zeit und Nerven kosteten, hatte Frau Akita für die UA gestimmt. Nun war es soweit und mein erster Schultag stand an - vier Tage nach der offiziellen Einschulung. Aber schneller hatten die Lehrer diese ganze Bürokratie und den Einschulungstest nicht organisieren können. Ich konnte froh sein, dass es nur vier Tage waren.
Ich nahm den grünen Faltenrock in die Hände und musterte ihn. Solche Kleidungsstücke trug ich eigentlich nur zu festlichen Anlässen. Im Alltag verirrten sich Kleid und Rock eher selten an meinen Körper. Na ja, immerhin würde ich nicht die Einzige in diesem Outfit sein. Jeder trug das klassische Grün an den Beinen und die graue Jacke am Oberkörper.
Das Anlegen der Krawatte gestaltete sich als weitaus schwieriger. Beim dritten Versuch gab ich auf, schnappte mir das rote Ding und eilte mit ihm hinunter in die Küche. Kaum war ich um die letzte Ecke gebogen, empfing mich eine freudig wedelnde Hunderute.
"Tam, ich hab jetzt keine Zeit zum Spielen", rief ich meinem Vierbeiner im Laufen zu.
Mit schiefgelegtem Kopf sah mir mein Tamaskan-Husky Mix nach, während ich vor meiner Mutter zum Stehen kam.
"Mama, kannst du mir helfen?", fragte ich etwas kleinlaut.
Sofort stoppte sie das Abräumen des Frühstückstisches und sah mich an. Als ich ihr etwas unbeholfen die rote Krawatte hinhielt, schmunzelte sie und griff danach. Geduldig zeigte sie mir die komplizierte Knotentechnik, bevor sie mich mit einem zufriedenen Seufzer wieder freigab.
"Du siehst so hübsch aus", schwärmte sie und strich eine Falte in meiner Bluse glatt.
"Mit dem Handtuch auf dem Kopf? Ich bin doch noch gar nicht fertig", lachte ich und sprintete wieder nach oben. Vor dem Zimmer meiner Schwester blieb ich stehen und klopfte dieses Mal zaghafter an.
"Mika, bist du fertig? Ich bräuchte den Föhn."
Wieder bekam ich keine Antwort, stattdessen öffnete sich die Zimmertür und mir wurde der Föhn gereicht. Dankend lächelte ich meine Zwillingsschwester an, bevor sich die Zimmertür wieder schloss. Wann hatten wir uns eigentlich so auseinandergelebt?
Schnell schob ich den Gedanken beiseite und ging zurück in mein eigenes Zimmer. Leider hatte ich eben vergessen, die Tür richtig zuzuziehen. Shiba hatte die Chance genutzt und es sich auf meinem Bett gemütlich gemacht.
"Shiba, gehst du da runter! Husch!", rief ich der weißen Perserkatze zu, doch keine Chance.
Ein faules Gähnen und zufriedenes Schnurren war die einzige Antwort. Diese Katze brachte mich noch um den Verstand! Mika musste ihrem Haustier unbedingt ordentliche Manieren beibringen. Anders als sie war ich der Überzeugung, dass weder Hunde noch Katzen etwas in einem Bett zu suchen hatten - vor allem nicht in meinem.
Leicht genervt befreite ich meine Haare aus dem Handtuch, steckte den Föhn ein und begann kopfüber meine lange Mähne zu trocknen. Ein anschließender Blick in den Spiegel genügte und ich schaltete das mittlerweile warmgelaufene Gerät ab. Mit einem Kamm ordnete ich meine Haare am Scheitel und ließ meinen langen Pony quer über meine linke Gesichtshälfte fallen.
Nebenbei bemerkte ich aus dem Augenwinkel, wie Shiba sich erhob und den Föhnstecker anvisierte. Bevor sie ihn aber erreichen konnte, öffnete sich meine Zimmertür ganz und Tam stürzte herein.
"Verflixt", entfloh es mir. Ich musste mir echt angewöhnen, meine Tür zuzumachen.
Es krachte und polterte.
"Tam, lass Shiba in Ruhe!", rief ich meinem Hund über den plötzlichen Lärm hinweg zu.
Normalerweise reagierte er aufs Wort, doch gemeinsam mit Shiba in einem Raum waren beide nicht zu bremsen.
"Was ist das da oben für ein Krach?", drang sie Stimme meiner Mutter durch die weit offenstehende Tür.
"Tam und Shiba zanken sich in Okamis Zimmer", mischte sich nun auch meine Schwester ein. Sie stand im Flur und sah sich das Spektakel genüsslich an. Ihre silbernen Locken hüpften passend zu ihrem Lachen auf und ab. Nur ihr gerader Pony verharrte ruhig über ihren Augen.
Wie ich hatte auch Mika dort eine Pigmentstörung. Doch anders als bei normalen Menschen hatten sich unsere Haare dort nicht blond oder weiß gefärbt, sondern blau.
Ihr seid vom Himmel geküsst. Das waren Mamas Lieblingsworte seit ich denken konnte.
"Shiba hat angefangen", verteidigte ich meinen Liebling.
Ich schnappte Tam am Halsband, als er gerade an mir vorbeistürmen wollte und zog ihn von Shiba weg. Ein Fauchen der Katze folgte, bevor sie fluchtartig den Raum verließ und Mika in die Arme sprang. Tam knurrte einmal, bevor er unschuldig einen Blick in meine Richtung warf.
"Guck mich nicht so an. Du bist ungezogen", tadelte ich ihn, bevor ich den Wolfshund zwischen den spitzen Ohren kraulte. Egal, was der Gute anstellte, ich konnte ihm nicht lange böse sein.
"Würdet ihr die Tiere jetzt mal in Ruhe lassen und runterkommen. Okami, du musst in einer halben Stunde in der Schule sein. Mika, dein Bus fährt in fünf Minuten ab."
Sofort war alles vergessen. Ich warf den Kamm in die nächstbeste Ecke, griff nach der bereitgestellten Schultasche und stürmte gemeinsam mit Mika nach unten in die Küche. Jeder von uns bekam eine Bento-Box sowie eine Flasche Wasser in die Hand gedrückt, bevor Mika sich zu mir umdrehte.
"Ich wünsch dir einen schönen ersten Schultag. Wir sehen uns heute Nachmittag."
Ihr kurzes Lächeln erwärmte mein Herz. So sah sie mich nur noch selten an. Seit den Geschehnissen vor eineinhalb Jahren hatten sich Differenzen zwischen uns aufgetan, die wir bis heute noch nicht richtig überwunden hatten.
"Dir auch. Liebe Grüße an Ryan. So hieß der nette Mitschüler doch, oder?"
Mika hob zur Bestätigung die Hand, bevor sie aus der Haustür stürmte. Ich war ebenfalls im Begriff das Haus zu verlassen, als mir der traurige Blick meiner Mutter auffiel. Wir wurden erwachsen und das gefiel ihr überhaupt nicht. Kurzentschlossen drehte ich um, drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange und machte mich ebenfalls auf den Weg.
"Bis heute Nachmittag, Mama."

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