Stets ein innerer Kampf

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Hier hab ich Kapitel 2 für euch. Viel Spaß beim Lesen ;)

PS.: Ich habe im ersten Kapitel vergessen zu erwähnen, dass dies die Parallelgeschichte zu Fearless against the wind von YuYate ist. Bei Okami und Yui handelt es sich um eine Partnerfanfiktion.
Ich werde nach und nach mit ihren Kapiteln gleichziehen^^
Schaut doch mal rein :)

*****

Das Gebäude war riesig und ohne Shin hätte ich mich wohl verlaufen. Ich folgte ihm durch die Gänge der Schule, während ich versuchte, das Zittern meines Körpers unter Kontrolle zu bekommen. Es war nicht nur der Kampf zwischen Yui und Katsuki, der mich so aufwühlte, es war auch die Berührung Shins. Meine Hand ruhte noch immer in seiner.
"Geht es dir gut, Ket?", wurde ich gefragt.
Wir blieben stehen und Shin drehte sich zu mir um. Er war ein Kopf größer als ich, weshalb er ohne große Mühe auf mich herabsah. Sein dichtes, schwarzes Haar hatte er eindeutig von seinem Vater geerbt. Nur trug er es gepflegt und kürzer. Vereinzelte Strähnen fielen ihm über die hohe Stirn ins Auge und verliehen ihm ein unheimlich gutes Aussehen. Durch die Narben an seinem Oberkörper wirkte er geheimnisvoll und auch ein wenig wie ein Bad Boy, aber das war er nicht. Shin war das genaue Gegenteil: freundlich, gutherzig und humorvoll.
"Okami?"
Seine Sorge um mich musste wirklich groß sein, andernfalls hätte er mich mit meinem Spitznamen angesprochen. Er wollte mich auch schon an der Wange berühren, als ich schnell den Kopf schüttelte. Entschuldigend sah ich zu ihm auf, während ich unbemerkt meine Hand aus seiner nahm.
"Ich bin wohl noch nicht ganz über die Situation von eben hinweg. Zeigst du mir, wie es nach draußen geht? Ich würde gerne noch etwas frische Luft schnappen."
Mein bester Freund wusste, welche Wirkung das Draußen sein und die Natur auf mich hatten. Es gab kein Ort, der mir eher das Gefühl von Freiheit vermittelte.
"Natürlich", antwortete Shin schnell, doch sein Lächeln war verschwunden und Sorge zeichnete nun auch deutlich sein Gesicht.
Etwas blitzte kurz ins Shins Augen auf, dann schien er zu verstehen und seufzte leise. Er wusste genau, um was es hier ging. Schuldbewusst drückte ich die Schultasche fester an meine Brust und wandte meinen Blick ab. Doch er konnte noch so hartnäckig sein, ich durfte es ihm einfach nicht erzählen.
"Du hattest nicht wegen dem Kampf eben Panik, sondern aufgrund der Erinnerungen", stellte mein bester Freund mit einem weiteren prüfenden Blick über mich hinweg fest.
Ich nickte ertappt. Shin wusste, dass ich ein Geheimnis mit mir herumtrug, welches mich verändert hatte. Unzählige Male hatte er bereits versucht, dahinter zu kommen, doch letztendlich musste er akzeptiert, dass ich über dieses Ereignis eisern schwieg. Trotz aller Widrigkeiten hatte er sich nie von mit abgewandt, wofür ich ihm unendlich dankbar war. Wir waren nun schon seit über fünf Jahren befreundet.
Seite an Seite setzten wir unseren Weg fort. Dabei verfielen wir in ein unangenehmes Schweigen. Ich hatte das Bedürfnis zu reden, doch ich wusste nicht über was. Verstohlen warf ich einen unsicheren Seitenblick auf meinen besten Freund. Er hatte seine Hände am Hinterkopf gefaltet und starrte geradeaus.
"Wie geht es eigentlich Tam? Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen", fragte er nach einer Weile. Shin hatte seinen Kopf in meine Richtung gedreht und lächelte wieder. Er schien die Situation von eben schon längst wieder vergessen zu haben.
Wir gingen gerade die letzten Stufen einer Treppe nach unten, als ich den Eingangsbereich der Schule vor uns erkannte. Hinter der großen Fensterfront konnte ich grüne Bäume und frisches Gras erkennen. Augenblicklich machte mein Herz einen kleinen Hüpfer und ich rannte los.
"Ket, warte. Du darfst nicht mit den Schulschuhen nach draußen", rief mir Shin lachend hinterher.
Ich blieb vor der großen Glastür stehen und streifte mir in Windeseile die Schuhe von meinen Füßen. Achtlos landeten sie mitsamt meinen Socken neben dem Eingang und ich huschte nach draußen. Kaum spürte ich den Wind in meinem Gesicht und an meinen Beinen, atmete ich tief die frische Luft ein. Shin trat weitaus genüsslicher aus dem Schulgebäude, beide Hände lässig in seinen Hosentaschen vergraben.
"Heute ist ein herrlicher Frühlingstag. Es sind kaum Wolken zu sehen", bemerkte er mit einem Blick gen Himmel.
Ich ließ mich derweil im Gras nieder und betrachtete eine vorbeiziehende Schleierwolke. Die innere Angespanntheit war schlagartig verflogen. Nun ging es mir viel besser.
"Ich könnte hier für immer bleiben", gestand ich zufrieden.
"Ich habe nichts anderes von dir erwartet."
Im Augenwinkel nahm ich wahr, wie Shin sich neben mich setzte. Er zupfte sich einen Grashalm von der Wiese und begann darauf herumzukauen. Das machte den Moment noch vertrauter und ich vergaß, dass wir in der Schule waren.
"Schade, dass du heute Nachmittag keine Zeit hast. Wir hätten gemeinsam mit Tam in den Wald gehen können. Ihm geht es übrigens ausgezeichnet, aber er vermisst dich", gab ich Shin die Antwort auf seine letzte Frage.
Mein bester Freund ließ sich mit dem Rücken ins Gras fallen und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.
"Bald ist doch Wochenende, Kitty-Ket. Dann lass ich mich bei euch blicken. Ist das ein Deal?"
Ein Seufzen entfloh mir, bevor ich mich über ihn beugte.
"Du sollst mich doch nicht so nennen. Mika ist die Katze von uns beiden."
Shin lachte laut. Ich mochte diese Bezeichnung nicht und trotzdem zog er mich gerne damit auf. Gottseidank nur, wenn wir alleine waren.
Ich legte mich zu meinem besten Freund auf die Wiese und betrachtete die vorbeiziehenden Wolken. Das hier war für mich Freiheit. Das Vogelgezwitscher und das Summen der ersten Bienen erfüllten mein Herz mit Freude. Ich gab mich der Reinheit hin und schaltete ab. Shin tat es mir gleich. Wir verfielen dieses Mal in ein angenehmes Schweigen.
"Wieso hast du mir eigentlich nicht erzählt, dass dein Vater mein Klassenlehrer wird?", fragte ich ihn nach einer Weile.
Mit einem vorwurfsvollen Blick sah ich zu ihm rüber. Sein Grinsen wurde so breit, dass ihm doch prompt der Grashalm aus dem Mund fiel. Er versuchte ihn mit seinen Händen zu fangen und machte dabei eine so ulkige Bewegung, dass ich herzhaft lachen musste.
"Vielleicht damit du lachst", gab mein bester Freund geheimnisvoll von sich, während er sich wiederaufrichtete.
Er fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger ans Kinn und machte einen auf nachdenklich. Dadurch verstärkte sich mein Lachanfall nur. Es dauerte geschlagene fünf Minuten, in denen ich richtige Bauchschmerzen bekam. Ach, wie ich ihn für diese Momente liebte. Shin konnte unheimlich schnell zwischen verschiedenen Emotionen hin und herschalten und andere dabei mitreißen. Er war selten schlecht gelaunt, immer ehrlich und dabei stets warmherzig. Es hätte so perfekt sein können…

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