KAPITEL II

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DIE NUMMER

Auf dem Weg nach Hause...
Sie schluderte die verregnete Straße von der Uni entlang, bis sie endlich an ihrem Familienhaus ankam. Der Schlüssel in dem alten Schloss knarrtschte und schneller als Mary gucken konnte lag sie in ihrem kuscheligem Bett. Sie starrte die Decke an, bis sie an ihrem Finger etwas spürte. Es war der Zettel des Typens, der wieder zusammengeknüllt aus ihrer Jackentasche gerollt ist und erst jetzt bemerkte sie, dass sie noch all ihre Klamotten anhatte. Als sie das gelbe Etwas genauer ansah, erkannte sie auf der nach außen zeigenden Seite eine Zahl. Aufgefaltet entdeckte sie, dass der Zettel beidseitig beschrieben war, auf der noch nicht gelesenen Seite mit einer Telefonnummer - seiner Telefonnummer. Unbewusst griff sie in ihre andere Jackentasche, zog ihr Handy heraus und schon hatte sie die Nummer in der Leitung...
"Hallo?",
meldete sich eine rauchige Jungenstimme. Mary wusste nicht, ob es seine war, denn sie hatten schließlich nie miteinander gesprochen.
"Ich habe einen Zettel gefunden, bin mir aber nicht sicher, ob er für mich bestimmt ist.",
tastete sie sich langsam heran. Kurz herrschte eine Stille, die sich für sie wie ein tiefes Loch anfühlte. Mit jedem Moment anhaltender Stille wurde das Loch tiefer, bis es unterbrach. Etwas Lautes brachte Mary zum erschrecken, es kam von ihrem Fenster. Ihr Blick konnte so schnell gar nicht realisieren was es war, ein Vogel, ein Stein? Als sie sich wieder auf das Handy konzentrierte, merkte sie, dass das Gespräch nun endgültig abgebrochen war. Sie fluchte leise vor sich hin, "Arschloch". Erst machte er sich so eine Mühe, und dann ließ er sie sitzen. Obwohl sie nichts von Gefühlen hielt, empfand ihr Gemüt gerade eine enttäuschte Stimmung, doch auch diese verflog, als wieder etwas gegen die Zimmerscheibe knallte. Nun reichte es ihr. Während sie wütend zum Fenster stapfte und sich vorbereitete, die Nachbarskinder anzuschreien, sie in Ruhe zu lassen, konnte sie es umso weniger fassen, als sie unten auf der Wiese sah, wer dort stand. Er. Er stand mitten in ihrem Garten, vor ihrem Haus, vor ihrem Zimmer und nahezu vor ihr. Es schwirrten ihr tausend Fragen im Kopf herum - Woher wusste er, wo sie wohnt? Warum ist er hier hingekommen? Wie sollte sie nun reagieren? Die letzte Frage wurde Mary abgenommen, als er zwinkerte und mit seinem Zeigefinger andeutete, dass sie runter zu ihm kommen sollte. Sie zögerte, denn was ist, wenn es vielleicht ein Serienkiller mit bösen Absichten ist? Mal wieder schüttelte sie ihren Kopf, dies tat sie öfters, wenn sie merkte, dass ihre Gedanken absurd waren. Sie zog sich ihre Jacke aus, denn das Adrenalin erwärmte ihren Körper schon unangenehm heiß, bevor sie die Treppen vorsichtig runter Richtung Garten lief. Als sie im lichtdurchfluteten Wohnzimmer ankam, blickte sie noch mehrmals durch die klare, gläserne Terassentür, bevor sie sie letztendlich öffnete.

Zwischen den Rosensträuchern im Garten...
Seelenruhig stand er da, in dem Gang zwischen den von Mary's Mutter hochgeliebten Rosensträuchern. Man hätte diesen Anblick mit dem Finale einer Dating-Wettbewerbssendung aus dem TV vergleichen können, wo die Zuschauer schließlich nur darauf warteten, dass es zu einem innigen Ende kommt. Mit jedem Schritt wurden Mary's Füße zittriger und sie näherte sich dem unbekannten Jungen, bis sie schließlich mit einem Sicherheitsabstand von knapp einer Armlänge vor ihm stehen blieb.

Wolke -7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt