1. Runaway

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Ich muss hier raus. Jetzt sofort.

Meine Gedanken rasten als ich in dieser kalten Novembernacht durch die Straßen von Los Angeles lief. Der Regen, welcher unaufhörlich auf mich herabprasselte, ließ mich bei jeder Hautberührung zusammenzucken, ich trug bloß ein graues Stones-Shirt und eine schwarze, zerrissene Jeans welche an meinen Beinen klebte. Der einzige Grund warum ich mich in diesem Moment dort befand wo ich mich befand, war mein Freund. Wir hatten gemeinsam in einer Wohnung in der Nähe gewohnt, bis er mich heute, mitten in der Nacht, rausgeschmissen hatte.

Er hieß Tyler, ich hatte gedacht er wäre der Eine. Der Eine den jeder finden möchte, der perfekte Freund. Aber das war er nicht. Er war mitten in der Nacht nach Hause gekommen, sein Atem hatte nach Alkohol gerochen. Anschließend hatte er mich angebrüllt, mir gesagt was ich für eine scheiß Hure war, und mich dann prompt durch die Tür nach draußen befördert. Und nun ging ich hier, mitten im eiskalten Regen eine weitere Straße hinunter, für einen trockenen Platz betend. Zitternd fand ich schließlich eine Brücke, ließ mich darunter fallen und zog meine Beine an meine Brust, drückte meine Stirn mit einem leisen Schluchtsen gegen meine Knie. Ich war verloren. Den Kontakt zu meinen Eltern hatte ich schon längst aufgegeben, und Freunde hatte ich auch keine in der Umgebung. Alles was ich noch besaß, waren die Klamotten die ich trug und meine unerschütterliche Hoffnung für einen Lichtblick in meinem Leben. Und ich hatte absolut keine Ahnung, dass er so schnell und so plötzlich kommen konnte.

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Am nächsten Morgen wurde ich von einem Stimmengewirr aus meinem Schlaf gerissen. Panisch öffnete ich die Augen, sah direkt in zwei funkelnde Grüne. Sie weiteten sich erschrocken und verschwanden aus meinem Blickfeld, während ich mich hastig aufsetzte, hoffte mich halbwegs orientieren zu können. Ich saß immernoch unter der Brücke von gestern, doch nun befanden sich auch ein paar andere Personen dort. Vier junge Männer um genau zu sein. Drei von ihnen waren in eine hitzige Diskussion verwickelt, während mich der Letzte der Vier nur stumm musterte. Hilfesuchend wandte ich meinen Kopf schließlich in seine Richtung, doch sobald sich unsere Augen trafen, senkte er hastig seinen Blick. Seine schwarzen Haare standen wild in alle Richtungen ab, fielen sanft vor seine Augen. Er schien so niedlich, doch ich würde noch merken, wie falsch ich mit dieser Einschätzung lag.

"Sie ist wach!", rief plötzlich einer der Diskutierenden, er war wohl der Auffälligste unter den Vieren. Seine Haare waren als einzige lang und hellblond, während die der anderen drei lang und schwarz waren. Nach seinen Worten brach die Diskussion der anderen beiden abrupt ab, alle insgesamt acht Augen waren auf mich gerichtet. Der Blondie machte schließlich ein paar Schritte in meine Richtung, kniete von mir nieder und sah mir besorgt in die Augen.

"Wie geht es dir?", fragte er sanft, legte eine Hand an meine Wange und strich vorsichtig über meine Haut, ein warmer Schauer rann meinen Rücken hinunter. "Ist schon okay, mir ist nur ein bisschen kalt. Aber warum schert ihr euch überhaupt darum?", gab ich zurück, ließ ein leichtes Lächeln über seine Lippen huschen. "Ich kann es nicht mit ansehen, wenn so hübsche Frauen wie du einfach auf der Straße ausgesetzt werden." Mit einem Zwinkern nahm er seine Hand von meiner Wange, ließ mich knallrot anlaufen und den Blick senken.

"Hey Vince, jetzt hör mal auf dich direkt an sie ranzumachen. Wir wissen noch nicht mal ihren Namen", lachte einer der anderen Drei, wilde schwarze Locken umspielten sein freundliches Gesicht und seine großen braunen Augen funkelten vor Vergnügen. Der Blondie hieß also Vince. "Oh stimmt", sagte dieser jetzt, schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn, "Wie heißt du Süße?" "Rose", erwiderte ich, nahm die Hand die er mir hinhielt und schenkte ihm ein höfliches Lächeln. "Vince", raunte er leise, half mir anschließend auf die Beine in dem er mich an meiner Hand hochzog. Allerdings tat er das mit ein bisschen zu viel Schwung, sodass ich gegen seine starke Brust prallte. Für einen Moment waren wir uns so nahe, dass sich unsere Nasenspitzen beinahe berührten und ich seinen warmen Atem auf meinen Lippen spüren konnte.

"Vince!" Einer der anderen hatte seinen Namen gesagt, und abrupt ließ Vince von mir ab, ging auf den Besitzer der tiefen, sanften Stimme welche seinen Namen ausgesprochen hatte, zu. Es war der Mann welchen ich als niedlich beschrieben hatte. "Was ist, Nikki?", fragte Vince ihn rau, hörbar genervt. Das war also der Name des niedlichen Typs mit der sanften Stimme und den wundervollen, grünen Augen. Nikki. "Nichts", erwiderte dieser mit angespanntem Kiefer, sah Vince einen Moment mit zusammengekniffenen Augen an, befor er sich abwandte und zu den anderen beiden gesellte.

Vince drehte sich wieder zu mir um, legte einen Arm um meine Schultern und trat mit mir zu den anderen Dreien, bat sie darum sich mir vorzustellen, was sie mit einem freundlichen Lächeln taten.

"Hey Rose, ich bin Tommy", sagte der Mann mit den großen braunen Augen und den langen schwarzen Locken, die wild sein Gesicht umgaben. Er war eher schlank gebaut, seine langen Beine wurden von einer engen, blauen Jeans bedeckt und er trug dazu ein simples, weites weißes T-Shirt mit dem Aufdruck "Never Stop Bitchin'" in großen schwarzen Buchstaben. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie kam Tommy mir direkt am offenherzigsten vor.

"Hey, mein Name ist Mick", murmelte der Mann, der bisher noch kein Wort verloren hatte, schließlich. Er war der einzige von den Vieren der eine Sonnenbrille trug, seine langen schwarzen Haare reichten ihm fast bis zum Hintern. Irgendwie kam es mir so vor, als ob er der Älteste der Vier war, er schien irgendwie erwachsener zu sein. Mit einem Lächeln nahm ich seine Hand und schüttelte sie, blickte dann schließlich dem Letzten der Vier ins Gesicht.

"Nikki", raunte er dunkel aber sexy, bescherte mir eine dicke Gänsehaut damit. Als er schließlich nach meiner Hand griff, schoss ein elektrischer Stoß durch meine Adern, ließ mich kurz zusammenzucken. Die Wärme seiner Hand machte mich beinahe wahnsinnig, ließ kribbelnde Schauer meinen Rücken hinunterlaufen. Was war nur los mit mir? Als er mich dann auch noch aus diesen stechend grünen Augen ansah, hatte ich Angst um mein Gleichgewicht. Meine Knie drohten nachzugeben, doch Vince's Arm über meinen Schultern ließ mich nicht wegknicken. Meine Wangen wurden langsam heiß, doch ich senkte meinen Blick, entzog ihm sanft meine Hand. "Hey Nikki", flüsterte ich brüchig und versuchte, wieder zu Sinnen zu kommen. Ich kannte ihn nicht mal. Da konnte ich nicht gleich damit anfangen, meinen Körper und meinen Verstand so stark aus der Kontrolle zu verlieren. Doch bekanntlich kann man solche Dinge nicht steuern.

"Rose?" Vince entzog mich schließlich dem Gedankenkarussell, welchem ich ausgesetzt war, und legte seinen Arm um meine Taille, verstärkte seinen Griff etwas. "Was ist, Vince?" "Möchtest du mit uns mitkommen?" Seine Worte ließen mein Herz einen Moment aussetzen. "Meinst du das ernst?", fragte ich unsicher, ließ meinen Blick über die erwartungsvollen Gesichter der anderen Drei schweifen. "Bitte?", legte Tommy noch obendrauf und sah mich aus großen Augen an, und da konnte ich schon nicht mehr nein sagen. Ich meine, wenn man schon mal Tommy Lee mit einem Hundeblick gesehen hat, versteht man mich sicherlich. "Aber warum?", setzte ich trotzdem noch einmal an, erntete einen vorwurfsvollen Blick von Tommy. "Du kommst jetzt einfach mit", entschied Vince schließlich, fing an mich die Straße hinabzulotsen. Ich wehrte mich nicht, doch ich hätte mich sicherlich gewehrt wenn ich gewusst hätte, worauf ich mich da einließ. Doch ich wusste es nunmal nicht.

Bad Boy BoogieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt