Daryl verband meine Augen mit seinem Halstuch. Wenig später stieg ich blind in ein Auto.
„Wenn du es runter schiebst, muss ich dich ohnmächtig schlagen und das willst du ganz bestimmt nicht", droht mir der Polizist. Ich sitze anscheinend in der zweiten Bankreihe, da sich jemand neben mich gesellt. Es muss wohl Daryl sein.
„Wie sieht es dort aus?", frage ich schüchtern, während der Motor beginnt zu brummen und ich dabei spüren kann, dass sich der Wagen bewegt. „Friedlich", antwortet Rick. „Ist es aber nicht, hab' ich recht?" Niemand antwortet mir. „Wo ist es denn heut zutage noch friedlich", seufze ich auf.
Nach ewigem Schweigen kommen wir an. Wir blieben stehen und zum ersten Mal seit langer Zeit höre ich Stimmen. Menschliche Stimmen. Ein Lächeln zaubert sich auf meine Lippen, als ich Kindergelächter hören kann.
Grob werde ich aus dem Wagen gezerrt und schlussendlich wird mir Daryls Halstuch hinunter genommen. Das helle Sonnenlicht blendet mich für einige Sekunden. Mehrere Menschen haben sich um das Auto, in dem ich mich befunden habe, versammelt und beäugen mich ausgiebig. Ich habe seit Jahren keine Menschen mehr gesehen. Wenn nur Nick hier wäre. Er würde es hier lieben. Rick hatte recht, dass es friedlich hier aussieht.„Sie wurde gebissen! Wieso bringt ihr eine mit, die gebissen wurde?!", ruft mir eine unbekannte Stimme. Ein junger Mann. Er hat unglaubliche Ähnlichkeit mit Nick. „Halt deine Schnauze, Spencer. Sie wurde nicht gebissen", antwortet Daryl ihm unbeeindruckt. Es sieht friedlich aus, aber friedlich sind die Menschen hier wirklich nicht. Sie sehen angespannt aus, ängstlich.
Rick packt mich unachtsam am Arm und wir gehen zu zweit durch die Straßen bis wir an ein gelbes Haus ankommen. Es gibt sogar einen Spielplatz für die Kinder. Das letzte Kind, das ich sah, war meine Schwester. Das war vor vier Jahren, glaube ich. Ich habe absolut kein Zeitgefühl mehr.
Ich wurde von einer Krankenschwester versorgt. Rick stellt sich an die Tür und wartet, um mich wieder mitzunehmen. „Krieg' ich meine Waffen wieder?", frage ich ihn, während er sich um meinen Arm kümmert. „Vorerst nicht" „War zu erwarten", kommentiere ich mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Wieso ist jeder hier so betrübt? Ich meine, ihr habt eine ganze verdammte Stadt mit Mauer und könnt irgendwie doch in dieser verkorksten Welt leben" Sie ist fertig mit dem Verbinden und sieht genauso betrübt auf den Boden, während sie den restlichen Verband wieder zurück in eine der Laden steckt.
„Kennst du Negan?" Ich sehe verdutzt zwischen Rick und der Krankenschwester hin und her. Zugleich verwirrt. „Du kennst ihn?", hakt er nach. „Nein...", ich zögere mit meiner Antwort. Rick geht ein paar Schritte auf mich zu und legt seine Hand auf seinen Revolver, der an seiner Hüfte hängt. „Ich versuche nur gerade zu verstehen...äh, geht es hier um einen Menschen oder um eine Herde von diesen Untoten?", beruhige ich ihn, da mich ein unwohles Gefühl überkommt, als ich sehe dass er bereit ist seine Waffe zu ziehen. Meine Hände machen beruhigende Gesten.
Plötzlich packt mich Rick an der verbundenen Stelle und schleift mich aus dem Haus bis auf die nicht befahrte Straße. Ich schreie durch den Schmerz wild auf und ich könnte schwören, dass es die ganze Stadt gehört haben muss. Dann wirft er mich unachtsam auf den Asphalt. Als ich wieder aufschauen kann, entdecke ich die Bewohner der Stadt, die durch meinen Schrei angelockt wurden.
„Wer ist Negan?", fragt mich Rick gehässig. „Ich weiß es nicht", antworte ich sofort darauf. Er kommt mir näher. Er sieht auf mich herab, während ich hilflos auf der Straße sitze. Er zieht zügig seinen Revolver und richtet diesen gegen meinen Kopf. „Wer ist Negan!" Es ist schon fast keine Frage mehr, sondern er will eher ein Geständnis, dass ich ihn kenne. Ich antworte ihm nicht. Ich will nicht mehr leben müssen, ohne Nick. Auch wenn ich keine Ahnung habe wer dieser Negan sein soll, Rick sollte abdrücken, denn dieses erdrückte Leben kann ich nicht mehr führen. Rick kommt näher, bis er mit der Spitze des Revolvers an meine Stirn stieß. Kleine Tränen kullern mir die Wange hinunter.
„Ich frage zum allerletzten Mal: Wer ist Negan?", spricht er bedrohlich leise. „Rick! Was zum Teufel!" Daryl kommt mit schnellen Schritten mit seiner Armbrust in der Hand auf uns zu. „Sie weiß wer Negan ist!", brüllt er.
„Ich kenne keinen Negan, ich habe keine Ahnung wer das sein soll! Ich bin seit vier Jahren alleine, habe keinen Menschen gesehen, nichts Menschliches! Ich hatte nur eine Person neben mir, aber die ist weg! Also drück' endlich ab!", brülle ich zurück. Lauter als Rick. Während ich mich ausgiebig ausgeschrien habe, drücke ich meine Stirn noch heftiger gegen seine Waffe. Rick sieht mich verdutzt an.
„Rick, was tust du da? Sie ist eine junge Frau", mischt sich eine Frau mit Katana in der Hand ein. Auch andere bewaffnete Leute sehen Rick skeptisch und zugleich fragend an. Der Polizist sieht mich verwirrt an. Wer auch immer dieser Negan sein sollte, er verwandelt anscheinend die Menschen in Monster, die misstrauen und sich gezwungen fühlen böse Dinge zu tun. Dazu braucht man nicht nur eine Person, nein die ganze Welt, so wie sie jetzt ist, hat die Menschen verändert. Das kenne ich nur zu gut.
„Wieso schießt du nicht?", frage ich Rick, der mir noch immer die Waffe gegen den Kopf hält. „Halt deine Fresse, Mädchen! Rick, schieß'! Wir brauchen keine Saviors hier", schreit der Armbrustschütze. „Nein, Daryl", er senkt den Revolver und streicht sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn, „Sie sagt die Wahrheit" Rick sieht mich entschuldigend an und reicht mir seine Hand um auf zu stehen. Ich lehne sie ab, stehe selbst auf und blicke in die Runde. Alle schenken mir einen mitleidigen Blick, zugleich auch einen Kritischen. „Dieser Negan muss euch ja total die Eier genommen haben", beginne ich zu lachen. Wieder erkenne ich diese betrübten Gesichtsausdrücke, weswegen mir das Lachen vergeht.
„Er kommt! Negan kommt!", schreien mehrere Stimmen. Ich blicke verwirrt um mich. „Du bleibst schön bei mir, Mädchen", flüstert Daryl mir zu und nimmt mich am Arm. „Wer zum Teufel ist Negan und was hat er getan, dass ihr so drauf seid?", frage ich ihn. „Nicht jetzt, Mädchen" „Nenn' mich nicht Mädchen", zicke ich ihn an. „Okay, Mädchen", grinst er und packt mich wieder, aber diesmal grob am Arm. Wir gehen gemeinsam wieder zurück zum Tor und warten bis dieses geöffnet wird. „Bleib' im Hintergrund, mach' nicht zu viel Aufmerksamkeit, dann wirst du vielleicht auch verschont", sagt er leise mit einer ruhigen Stimme. Das Tor wird geöffnet und zum Vorschein tritt ein schlanker Typ mit einer schwarzen Lederjacke. Schwarze Haare und Bart, und seinen von Stacheldraht überwickelten Baseballschläger vervollständigen das Bild. Hinter ihm sind einige schwarze Trucks. Das muss wohl Negan sein.
Rick steht direkt vor ihm. „Du hast gesagt eine Woche. Bist ein bisschen früh dran" Negan sieht ihn belustigt an. „Hab' dich vermisst", sagt er zu ihm mit einem fetten Grinsen. Neben den Trucks stehen eine Herde Menschen. Hinter Negan taucht ein Untoter auf, welcher ihn sofort bemerkt. „Oh, Rick. Komm' raus hier, sieh mal zu!", er dreht sich um und erledigt diesen mit dem Baseballschläger. Er hat ziemlich viel Spaß am Töten, das kann man sofort feststellen. „Pille-palle, schnicke-di-schnack!", lacht Negan, „Das ist Eins-A-Service" Er geht auf Rick zu. „Hey, Rick. Ich mein', wir wurden so gut wie abgewiesen am Tor. Du bist zu früh dran, wer ist der Kerl überhaupt? Werde ich durchdrehen, krieg' ich einen Anfall, schlage ich vielleicht jemanden den Rotschopf ein. Nein, ich habe mich nur um diesen toten Wichser gekümmert, der euch hätte töten können", wieder grinst er. „Halt mal" Er überreicht Rick den blutüberströmten Schläger und geht an ihm vorbei in die Stadt.
„Heilige, heilige scheiße!", ruft Negan und bewundert die Stadt.
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Der Eins-A-Service The Walking Dead FF
Fiksi PenggemarDie Welt hat sich verändert. Ohne geschliffenen Klingen und Kugeln könnte man nicht überleben. Charlotte Gray ist mittendrin, in einer Welt voller Untote und Menschen, die ihre Menschlichkeit schon vor langer Zeit verloren haben. Sie lernt Rick Gr...