Prolog

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Sydney-06.08.2030

Alexander

Es war soweit. Ich stand in der kleinen Bucht am Rande von Sydney und blickte sie an. Es waren 19°C, also eigentlich viel zu kalt zum Baden, aber ich sprang trotzdem ins Meer. Kaum umgab mich das kühle Nass, nahm ich ihre Hand und drückte sie ganz fest. Bald würde es dunkel werden und merklich abkühlen. Sie lächelte mich, so gut es bei den Schmerzen ging, an und ich nahm ihre Hand noch fester und gab ihr einen Kuss auf ihre zarten Wangen. Sie hatte große Schmerzen und ich wollte nicht, dass sie litt, aber ich wusste, dass das, was danach kommen würde, alle Schmerzen wert war. Der Schweiß rann ihr von der Stirn, sie presste und schrie und ich versuchte sie zu unterstützen, so gut ich dazu fähig war. Sie war selbst so verschwitzt wunderschön. Sie ließ einen heftigen Schrei los, dann noch einen und ich war in dem Moment froh, dass ich keine Frau war und diese Schmerzen nicht ertragen musste. So gingen einige Stunden vorüber, ich wusste nicht, wie viele, und sie presste immer noch. Sie lag neben mir, ihr zartes, junges Gesicht schmerzverzerrt und presste und schrie. Der volle Mond stand schon am Himmel und erleuchtete die Bucht als einzige Lichtquelle. Ich schaute auf mein Handy. Es war 22.30 Uhr. Mittlerweile war es auf 12°C abgekühlt und ich fror sehr in meinen Badeshorts. Dann plötzlich entwich ihr ein tosend lauter Schrei und Sekunden später hörte man etwas weinen. Sie trug das kleine Bündel in ihrem Arm. Es war ein Mädchen und es hatte Beine. Ich sah, wie sie schluchzte. Sie konnte es nicht behalten. Sie würde sterben, wenn sie es täte und das Baby auch. Ich schluchzte ebenfalls, denn wir konnten nicht länger zusammen bleiben. Ich würde das Kind nehmen und sie nie wieder sehen. Denn das, was wir seit einem Jahr taten, war illegal, verboten und wurde mit dem Tod bestraft. Durch das Baby würde es auffliegen und wir drei würden alle hingerichtet werden. Sie hatte das Baby immer noch im Arm. Sie gab unserer Tochter einen Kuss und gab sie, mit Tränen in den Augen, mir. Ich weinte ebenfalls. Ich küsste sie noch ein letztes Mal, weinend und sie versuchte zu lächeln. "Pass gut auf sie auf.", sagte sie und verschwand. Kurz bevor sie gegangen war, hatten wir unserer Tochter gemeinsam einen Namen gegeben. "Mira", was auf Sanskrit "Ozean" bedeutet.

Der Zorn des MeeresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt