Die Medikamente wirkten schon länger als eine Woche nicht mehr.
Sie hatte alles versucht, um die Halluzinationen loszuwerden, doch es half nichts.Anouk saß auf ihrem Bett, nur bekleidet mit einem weißen Hemd und Damenshorts. Die Schlaflosigkeit hatte sich tief in ihr Gesicht gezeichnet. So tief, dass man meinen könnte sie lebe unter Tage und hätte nie zuvor das Sonnenlicht gesehen.
Mehrmals schlug sie ihre Augenlider zu und wieder auf. Zu und wieder auf. Mit jedem weiteren Wimpernschlag fühlten sich die Lider an wie Blei.
Allmählich kraxelte Anouk aus ihrem knarrenden Bett. Sie schob das Kissen beiseite, welches sie sich auf die Beine gelegt hatte, da sie zuvor nicht bereit war aufzustehen.
Durch die Schlitze der Jalousien fielen schmale Sonnenstrahlen ins Zimmer und erhellten es genug, damit Anouk einen ungefähren Überblick bekam.
Sie nutzte die Gelegenheit, um sich vor ihrem Spiegel, der die exakte Höhe der Wand besaß, aufzurappeln.
Doch eigentlich hätte Anouk lieber doch nicht hineingeschaut.Sie sah irgendwie abgekämpft aus. Nicht nur übermüdet, sondern auch müde von Allem, was geschah.
Dass in diesem Augenblick nichts Eigenartiges passierte, machte sie schon ein wenig misstrauisch, denn vielleicht stand bereits hinter ihrer Zimmertür ein flimmerndes Etwas, das verschwinden würde, sobald sie es erblickte.Sie beruhigte sich mit der Vorstellung, dass es die Restwirkung der Tabletten sein musste. Jedenfalls die Wirkung, die sie noch besaßen, denn mittlerweile halfen ihr auch die Tabletten kaum noch.
Deswegen würde sie heute zu ihrem Therapeuten gehen.
Der Weg war gar nicht weit bis zu seiner Praxis. Sie musste nur die Straße hinunter und in die U-Bahn einsteigen.
Nur ...
Das sagte sich so leicht.Anouk hatte Angst. Das erkannte sie an ihrem Spiegelbild. Die Augenbrauen hochgezogen, kurz davor zu weinen.
Ihre schönen, langen Haare hatte sie sich vor ein paar Tagen in einem Ansturm der Wut und Hilflosigkeit abgeschnitten.
Seitdem trug sie mehr einen zerzausten Bob._________________
Die Stille, sie war so angenehm und Anouk hielt inne als sie den Eingang des Studentenkomplexes verließ.
So eine ungewöhnliche Ruhe.
Sie würde nicht lange anhalten.Und das Mädchen behielt recht.
Es war nur eine Kleinigkeit, nur ein winziger Eindruck.
Vor ihren Augen flirrte für einige Sekunden, und war er noch so klein, ein Funke durch die Luft.
Nein, es war kein Funke, denn er war mehr als ein kurzes Aufblitzen über ihrem Kopf.
Es wirkte wie ... ein Einschnitt in die Luft, knisternd und funkelnd, als würde sich die Welt in der Hitze einer Flamme bewegen. Zitternd und flimmernd, und daraufhin wieder erloschen.Anouk entwich ein erleichtertes Lächeln. Denn dieses surreale Lichterspiel in der Luft war noch eine der schöneren Einbildungen.
Sie war nur für Anouks Augen bestimmt und niemand sonst konnte sie wahrnehmen. Oder war ... "bestimmt" das falsche Wort?
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Dr. Majewskis Praxis lag in einer verwinkelten Gasse, zwischen Kneipen und Bars, in der Nähe des, man konnte sagen, Amüsement-Gebiets von Köln West.
Anouk war mehr als dankbar, dass auf dem Weg im Zug nichts Außergewöhnliches geschehen war.
Sie hatte den ersten Berufsansturm sowieso verschlafen, also konnte sie sich ganz alleine in einem Viererabteil breit machen.
Doch breit machte sie sich nie. Stattdessen saß sie verkrampft auf einem der Plätze, den sie nicht einmal komplett ausfüllte.So leer.
So still.
So einsam.Dass sich außer ihr wirklich überhaupt niemand im Wagon befand, war die absolute Ausnahme, aber Anouk nahm es mehr als zufrieden hin.
Schon schweifte sie ab, in ihren Gedanken herrschte ein lautes Chaos. Brüllende Gedanken, so nannte sie sie.
Es waren keine Stimmen, obwohl Anouk durchaus das Gefühl hatte jemand würde zu ihr sprechen.
Diese Gespräche waren unzusammenhängend, teilweise nur Laute, oft auch nur ... elektrisierend.Draußen, der Zug fuhr mittlerweile ein gutes Stück, verfolgte sie durch die geschlossenen, schalldichten Fenster die Leitungen der dem Zug, in dem sie saß, entgegenkommenden Schienenfahrzeuge.
Sie ... summten.
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Internal Realism
Mystery / ThrillerAnouk Ludwig befindet sich an dem Ort, den man gemeinhin als Abseits der Gesellschaft bezeichnet. Sie redet nicht gerne und auch nicht viel. Stattdessen beobachtet sie und sieht Dinge. Dinge, die nicht dort seien sollten. Die Medikation gegen...