Das Japanische Theater ist eine renommierte Grundform der altehrwürdigen Kultur. Doch, auch wenn es sich mit seinen Stücken Landesweit an Begeisterung erfreute, blieben nach wie vor die weiblichen Rollen zu besetzen. Frauen in der Männerarbeit des Schauspiels waren undenkbar. Und so wählte man die zartesten, femininen Männer, die man finden konnte, brachte ihnen bei, wie sie ihren Charme einsetzten und sich Tänzerisch bewegten. Derweil wurden die japanischen Schönheiten fast noch mehr geliebt als das Theater an sich.
Gedankenverloren streifte der junge Mann mit der Stachelschweinbürste durch das dicke Haar der langen, dunklen Perücke. Der Nachmittag neigte sich dem Abend zu und Yuuto bereitete sich vor seinem Auftritt im Theater am Abend vor. Kaum vorzustellen, wie die Männer wieder gaffen würden, wenn er in seinem zarten Gewand die Bühne betrat. Aber nun, er wusste an Anfang an worauf er sich mit dem Schauspielern einließ, auch wenn er nicht diese Theaterform für sich erwartet hatte. Mit seinem zarten Alter von 22 Jahren, war es ihm nach wie vor offen, was aus ihm werden sollte. Er konnte seine Zukunft noch bestimmen, doch bisher hatte er mit nichts solche Aufmerksamkeit erregt wie in seiner Rolle als Geisha. Abend für Abend füllte er mit seinem unsagbaren Charme und seiner femininen Ausstrahlung Theater voller Männer, die begannen an ihrem Verstand zu zweifeln. Dennoch seufzte er leicht, als er die Bürste beiseitelegte. Gerade Männer waren das, was ihn so bekannt und begehrt machte.
Die Blick, mit denen er von ihnen angesehen wurde und die schmutzigen Gedanken, die dahintersteckten. Die Begierde, die er ihren Augen entnehmen konnte. Es waren meist genau die Männer die bereits eine schöne, sorgende Frau in einem zu Hause hatten. Die sich an ihm so gerne satt sahen. Er schaute in den Spiegel und aus dem melancholischen, geistesabwesend Gesichtsausdruck wurde ein freches Lächeln. Sein Eckzahn blitzte auf als er sich selbst ein Lächeln schenkt. Manchmal merkte er einfach wie das Theaterspielen sich auch in seinem eigenen Leben eingeschlichen hat. Nicht alles war immer so schlimm, wie es in seinem ungünstigsten Licht aussah. Immerhin verdiente er nicht schlecht, bei den ganzen
Einladungen, die er außerhalb der Arbeit zum Essen bekam, hatte er fast keine Ausgaben. Seine Ausstrahlung und leicht verlegen Art brachte ihm einfach überall Bonuspunkte ein. Mit einem Stückchen Holz übernahm die Flamme einer Kerze und griff nach seiner fertig gestopften Pfeife. Knisternd entzündete die Kräutermischung und füllt mit ihrem Geruch in wenigen Minuten den ganzen Raum.
Yuuto brütete derweil über den drei verschiedenen Rottönen, die ihm als Lippenfarbe zur Verfügung standen. Karmesin hatte er am gestrigen Abend getragen, aber auf solche Kleinigkeiten kam es ihm an. In dem Moment, wo er die zarten Pinsel spitze in den Purpur Ton daneben tauchte, klopfte es an es Tür. Yuuto warf ein fragender Blick
in den Spiegel mit Blick auf die Tür bevor er hereinbat. An seiner Schwelle tauchte ein Mann mittleren Alters auf und verneigte sich leicht. "Hatsumomo, meine Schönheit! Vielen Dank das Sie mich empfangen!"
Noch im ersten Teil des Teiles bereute Yuuto erneut seine Bequemlichkeit und verrollte entnervt die Augen. Ruckartig drehte er sich um. "Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, das Sie mich nicht hier aufsuchen sollen?", fragte er den Besucher mit energischer Stimme und grimmigem Blick.
"Aber Hatsumomo, Licht meines Lebens, ich wollte euch doch nur einen Moment sehen!"
"Jetzt ist aber mal gut hier", blaffte Yuuto und erschrick übr seinen Ton. Er wusste genau das seine Verehrer und begeisterte Zuschauer wichtig waren. Sie waren die Säulen seiner Beliebtheit. Er atmete kurz und tief ein und setzte erneut an:
"Entschuldigen Sie, aber das hier ist mein privater Raum in diesem Haus. Bitte lassen Sie mich in Ruhe, ich muss mich vorbereiten!"
Er drehte sich zurück zum Spiegel und streckte leicht zitternd die Hand nach seinem Pinsel aus, der unter seinen Schminktisch gerollt war. "Und bevor Sie noch ein weiteres Wort sagen: Ich weiß genau wer Sie sind, werde Sie wiedererkennen und kann auch veranlassen, das Sie im Theater Eintrittsverbot bekommen. Und
- ich bin NICHT das Licht ihrer Welt!"
Der Mann in der Tür schaute bestürzt drein, bevor er den Blick senkte und an seiner stattlichen Kleidung herunterschaute. Dann trat er langsam einen Schritt zurück und war im Begriff die Tür zu schließen. "Verzeihen Sie mir Hatsumomo", murmelte er leise, bevor er verschwand und der Riegel der Tür scheppernd krachte. Yuuto atmete erleichtert aus.Einatmen, Ausatmen. Es gab hin und wieder Männer, die ihre Grenzen nicht wahren konnte. Im nächsten Moment klatschte er seine Hände auf das Gesicht und zog seine Augenlider verzweifelt herunter. Wie konnte er nur immer wieder so dumm und naiv sein und nicht nachsehen, wer an der Tür ist? Irgendwann würde ihm jemand mit einer Machete die Kehle durchschneiden, wenn er ihn ablehnte. Er hatte niemanden um sich herum, wenn er schrie, da er seine Ruhe sehr schätzte. Nicht mal ein Messer, um sich zu verteidigen. Diese Dummheit würde ihn irgendwann den Kragen kosten, genau wie es seine Schwester immer prophezeit hatte. Doch er vertraute im inneren darauf, dass man mit jedem Menschen vernünftig reden kann und sich alles klären lässt. Außer dem Vertrauen blieb ihm nichts, was ihn davon abhielt dem Wahnsinn in seiner Familie zu folgen. Er atmete erneut ruhig ein und aus, schaute seine Hände, bis diese nicht mehr zitterten. Ein Blick in den Spiegel verriet, dass sein Gesicht gerötet war. Das musste er unbedingt noch abdecken. Die Herrichtung als Geisha für einen einzelnen Abend erforderte mehr Arbeit als auch er anfangs annahm. Der Teufel versteckt sich auch hier gerne im Detail. Zumal er auch bei der besten Rasur mit dem schärfsten Messer immer einen dunklen Bartschatten zurückbehielt. Die weiße Grundlage für das Gesicht musste sorgsam in mehreren Schichten mit feinem Puder dazwischen aufgetragen werden. Geschweige denn das Kaschieren der Kieferknochen. Und während sich Yuuto ärgerte, was er noch alles für einen perfekten Auftritt machen musste, trieb es ihm auch ein Grinsen ins Gesicht.
Noch vor 5 Jahren waren solche Produkte, mit denen er heute jeder Frau Konkurrenz machte, nicht mal ein Begriff für ihn. Heute hatte er Spaß sich je nach Anlass damit hin und wieder ein neues Selbst zu verschaffen. Die schulterlangen dunklen Haare waren ein wenig zerzaust. Er rief erneut nach seiner Bürste und bürstete sie Glatt an seinen Kopf, bevor er dort mit einem Haarband und einem dünnen, enganliegenden Netz fixierte. Am Ende sollte die Geisha Frisur schließlich aussehen wie seine eigene. Zum dritten Mal griff er nach dem Pinsel, den er für seine Lippenfarbe verwendete und zog eine feine Kontur um seine Lippen. Damit begann er am liebsten. Es gab ihm immer wieder das Gefühl, als wäre er ein Kunstwerk was sich neu erschafft. Die Röte war von seinen Wangen mittlerweile verschwunden und die weiße Grundierung hinterließ in der ersten Schicht leichte Schlieren zurück. Beim abpudern wanderten seine Gedanken nochmal zu dem ungebetenen Verehrer in der Tür zurück. Wie gerne würden diesen Leuten ins Gesicht sagen was er wirklich von ihrem besessenen Verhalten hält. Doch wenn sich herumspricht, wie sich die zarte Hatsumomo ihren Gönnern gegenüber benimmt, wären seine privaten Kunden schnell weg. Denn auch wenn der Beruf als Schauspieler im Theater nicht unlukrativ war, die Männer die sich seine Nähe, Aufmerksamkeit und seine Berührungen wünschten, waren noch um einiges lukrativer. An und für sich hatte er die Abscheu gegen Menschen, die ihren Körper verkaufen, nie verstehen können. Auch wenn seiner Meinung nach, sich nicht prostituierte. Wenn er in seiner Rolle der Hatsumomo abends nach seinen Aufführungen noch ein wenig umherstreifte und einen Mann traf, der ihm gefiel, kam es nicht selten vor das er ihn mit auf sein Zimmer nahm. Wenn Sie ihn wieder verließen, ließen sie ihm oft Kleinigkeiten wie Geld oder Geschenke zukommen. Zusätzlich zu dem was er seinen unaufmerksamen, lustgesteuerten Kunden nebenbei noch abknöpfte. Yuuto musste bei diesem Gedanken kichern und dachte bei sich, dass sein Leben doch nicht so schlecht war, wie es manchmal erschien.
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Wie Feuer auf meiner Haut
RandomEin Samurai, der nach dem Krieg sein Leben auf eigene Weise selbstbestimmt verbringen möchte. Einsam zieht er durch die Länder und lebt von einem Tag in den anderen. Eine wunderschöne Geisha, hinter deren Maske sich ein junger Mann mit einer verruc...