Kapitel 53 ϟ Truth

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Perfectly Wrong - Shawn Mendes ♪♫

Wann sich der Gedanke geformt hatte, wusste ich nicht.

Vielleicht war er einfach so aufgetaucht. Vielleicht hatte er sich langsam gebildet und war jetzt an die Oberfläche gelangt. Vielleicht war er schon immer da gewesen, aber ich schenkte ihm nun zum ersten Mal Beachtung.

Mit jeder Minute wurde aus dem Gedanken eine Art Entscheidung. Eine Entscheidung, die ich immer noch anzweifelte, die sich jedoch zu festigen begann.

Der Grund war einfach: Ich konnte nicht mehr.

So sehr ich versuchte, es mir auszureden, mich zu überzeugen, dass ich mich reinsteigerte und es völlig übertrieb, ich konnte der Tatsache nicht ausweichen.

Ich hatte es schon viel zu weit kommen lassen. Es machte mich wütend, dass ich diese Entscheidung treffen musste, um mich zu retten. Es würde wohl mit das Schlimmste sein, was ich jemals tun würde. Tun müsste. Dazu hatte ich keine Ahnung, ob ich es irgendwann bereuen würde. Wahrscheinlich schon. Aber was blieb mir sonst?

Die Frage war: Was war mir wichtiger? Die Teile meines momentanen Lebens, die mich - auch, wenn ich es nicht wollte - zerstörten? Oder mein Leben als Ganzes, in dem nach der Entscheidung vielleicht ein Teil fehlte, in dem ich aber endlich wieder atmen konnte?

Ich konnte die Augen nicht vor den Beweisen verschließen: Ich saß weinend und völlig fertig auf dem Boden der Mädchentoilette im Ministerium. Und ich überlegte nun endlich, ob es besser wäre, wenn ich -

"Hey, was machst du denn hier? Oh - alles okay?"

Wieso fragten mich das alle! Nein, verdammt, war das nicht offensichtlich? Wieso musste ausgerechnet jetzt jemand hier reinplatzen! Es gäbe keinen unpassenderen Moment, gestört zu werden ... nein. Das war es nicht.

Etwas war komisch. Etwas anderes, was mich störte. Als sollte sich so eine Stimme eigentlich nicht in dieser Umgebung aufhalten.

Mit verquollenen Augen schielte ich zu der Unbekannten hoch und stellte voller Schock fest, dass es sich nicht um eine Unbekannte handelte, sondern um einen Unbekannten. Und so unbekannt war er auch nicht.

Der blonde Junge mit dem leichten Akzent, in den ich vor einer halben Stunde beinahe umgerannt hätte, stand in der geöffneten Tür und blickte geschockt auf mich herab.

"Das hier ist die Mädchentoilette", erklärte ich ihm sachlich, doch er bewegte sich keinen Zentimeter.

Dann schüttelte er langsam den Kopf. "Nein, das hier ist das Männerklo und deswegen frage ich dich, was du hier tust."

Drachenmist. Das konnte nicht wahr sein, ich hatte wohl nicht richtig auf die Schilder geachtet, oder Shawn hat mich aus Gewohnheit in diese Richtung geschickt. Wieso musste ich mich immer wieder in die peinlichsten Situationen fliegen?

Schnell stand ich auf, wischte die Tränen mit den Ärmeln meines Umhangs weg und spritzte ein wenig Wasser in mein Gesicht.

Der Junge schloss leise die Tür zum Flur und trat dann in meinen Schatten. "Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte er vorsichtig.

Ich schüttelte schnell den Kopf. "Nein", sagte ich leise. "Ist nur so ein Lebensdrama, Beziehungskrise, nenn es, wie du willst."

"Midlife-Crisis?"

"Was?", fragte ich nach.

"Das ist was, was viele Muggel haben, wie mein Dad. Der macht das auch gerade durch. Existenzangst und so. Aber du erscheinst mir noch ein wenig jung dafür."

shy || Shawn M.  ϟ Hogwarts ϟWo Geschichten leben. Entdecke jetzt