Angriff & Verteidigung (Wird derzeit überarbeitet!)

II. Aller Anfang ist schwer

Tja, da stehe ich nun angewurzelt vor diesem Studio und starre durch die Glasscheibe. Erst das schrille Türklingeln erlöst mich aus meiner katatonischen Starre. Ein großer junger Mann mit schwarzen verwuschelten Haaren und den blauesten Augen, die ich jemals gesehen habe, steht nun vor mir und betrachtet mich amüsiert.

"Möchtest du reinkommen? Keine Angst, hier beißt keiner."
"Äh, ja, gern." stammel ich nervös.
Zögerlich trete ich durch die Tür und folge dem schönen Unbekannten zum Empfang.
"Wie heißt du?"
"Magnus." murmele ich.
"Freut mich, Magnus. Ich bin Alexander, aber nenn' mich bitte Alec." stellt er sich mir jetzt vor.

Er gibt mir nicht die Hand, was mir zugegebenermaßen sehr Recht ist. Körperliche Nähe ertrage ich nach dem Überfall einfach nicht mehr. Stattdessen legt er die Hand auf seine Brust, genau über seinem Herzen. Diese Geste wirkte so sanft und freundlich, dass ich mich augenblicklich entspanne.

Erst jetzt fallen mir seine schönen Hände und unglaublich langen Finger auf.
"Wie kann ich dir helfen?" unterbricht er mein ungeniertes Starren.
"Ich habe diesen Flyer von einer guten Freundin bekommen und wollte mir das hier mal anschauen."

Alexander nimmt den bunten Flyer entgegen, der bereits völlig zerknüllt in meiner Hand liegt.
"Du hast Glück, heute beginnt unser neuer Anfänger Kurs für Selbstverteidigung. Wir trainieren drei Mal die Woche à zwei Stunden. Es hat sich herausgestellt, dass diese Zeitspanne am effektivsten für die Kursteilnehmer ist. Wenn du möchtest, können wir gleich die Anmeldung machen."

"Das wäre super. Ich habe allerdings keine Sportklamotten dabei."
"Ist auch noch nicht nötig. Heute steht erstmal nur Kennenlernrunde und Theorie auf dem Plan. Mittwoch gehts dann mit den ersten Grundübungen los. Wir machen immer eine halbe Stunde Theorie, eine halbe Stunde Krafttraining zum Aufwärmen und auch für den Muskelaufbau. Anschließend eine Stunde Praxis."
"Wow, das klingt nach einem straffen Zeitplan.", stelle ich überrascht fest.
"Glaub' mir, es lohnt sich."

Alexander führt mich zu einem kleinen Raum mit hellgrünen Wänden und weißen Fenstern, bittet mich auf einen der freien Stühle Platz zu nehmen. Neugierig schaue ich mich nun um und zähle elf weitere Kursteilnehmer, also eine relativ kleine Gruppe, was mir ganz gelegen kommt.

Die Altersgruppen von Anfang zwanzig bis Mitte fünfzig sind vertreten und ich bin überrascht, dass es ein reiner Männerkurs ist. Ich habe darüber gelesen, dass oft getrennte Kurse für Frauen und Männer angeboten werden, um das Training noch spezifischer ausrichten zu können. Die Mehrheit der Teilnehmer scheint sich in gleichgeschlechtlichen Gruppen wohler zu fühlen. Dadurch ist es möglich, letztlich bessere Ergebnisse und Leistungen zu erzielen.

Nach einer kleinen Vorstellungsrunde habe ich mir ein kleines Bild von meinen neuen Kollegen gemacht. Einer der Teilnehmer heißt Simon und ist ungefähr in meinem Alter. Er ist schlacksig, sehr blass und trägt eine schwarze auffällige Hornbrille.
Laut seiner Aussage hat er es satt, seine Pausen auf dem Schulklo verbringen zu müssen, weil er sich dort vor den Schulschlägern versteckt.

Ein anderer heißt Raphael und scheint ein ziemlicher Draufgänger zu sein. Seiner Meinung nach kann es nie schaden, auf seine 'Feinde' vorbereitet zu sein.. Als jeder nach und nach seine Beweggründe für diesen Kurs kund getan hat, verfalle ich augenblicklich in Panik.

,Was soll ich sagen? Dass ich in einer Gasse hinter einer Schwulenbar von einer Gruppe von Homophoben angegriffen und verprügelt worden bin, während sich mein Date klammheimlich aus dem Staub gemacht hat?' Wohl kaum.

Also lüge ich, verändere ein paar Details meiner Geschichte und erzähle schließlich von einem Magnus, der nach einem Restaurantbesuch mit seiner Freundin ausgeraubt worden ist und völlig hilflos war. Zögerlich schaue ich in die Runde und beobachte zweifelnd die Reaktionen der anderen. Sie scheinen mir die Geschichte wirklich abzukaufen, nur Alexander runzelt seltsamerweise die Stirn..