Kapitel 3.1 - Heitere Aussichten

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 Den Samstagmorgen verschlief ich.

Ich wusste es in dem Moment, als ich eine Hand sacht auf meiner Schulter spürte und die Augen aufschlug. Papa brauchte gar nichts zu sagen, obwohl sein verschmitztes Grinsen beredt genug war.

„Ach Dreck", murmelte ich und rollte mich müde aus dem Bett. Ich wusste genau, warum ich verschlafen hatte: Es war Samstag. Und Samstag klapperte niemand in der Küche. Außerdem hätte ich gestern wohl auch nicht so lange lesen dürfen. Aber es war einfach zu spannend gewesen, als das ich hätte aufhören können. „Sind Epoh und Sumsa schon da?"

Papa schüttelte den Kopf. „Noch nicht, aber gleich. Besser, du beeilst dich. Trell und Zac warten schon."

Ich stockte. „Trell kommt auch mit?" Das hatte ich gar nicht gewusst. Mit Zac hatte ich mich gestern noch darüber unterhalten. Wir schwatzten viel, seit er angefangen hatte, bei meinem Vater zu arbeiten und bei uns zu wohnen. Aber Trell hatte ich nicht gefragt. Wie auch? Wenn möglich ging ich ihm eher aus dem Weg.

„Natürlich", antwortete Papa mit einem Stirnrunzeln. „Bisschen Geld dazu verdienen."

Natürlich', echote es in meinen Gedanken und beklommen machte ich mich daran, meine Sachen zusammenzusuchen. Als ich endlich fertig war, waren Epoh und Sumsa auch da und warteten zusammen mit Zac und Trell an der Haustür. Verlegen hastete ich zu ihnen hinüber, doch natürlich konnte Sumsa es nicht unkommentiert lassen: „Na Senga? Bist du jetzt auch unter die Murmeltiere gegangen?" 

Ich seufzte und schwieg betreten. Wäre nicht sein loses, zum Teil bösartiges Mundwerk, die Frauen würden ihm in Scharen nachlaufen. Zumal seine Augen genau den gleichen geheimnisvollen Goldton hatten, wie Epohs. Das hatte den beiden früher viel Spott eingebracht und sie wahrscheinlich noch fester zusammengeschweißt. Daher wusste Epoh jedoch auch am Besten, was man in so einer Situation zu ihm sagte. Einmal mehr war ich dankbar, dass wir uns so nahe standen und dass sie deshalb sofort für mich einsprang: „Ach d! Ich kenn' da noch jemanden! Der hat sogar eine seiner Abschlussprüfungen verschlafen."

Sumsa lachte und zwinkerte uns vielsagend zu, während wir das Haus verließen, um uns auf den Weg zu machen. „Ich hatte einfach niemanden, der mich weckt."

„Es gibt so tolle Erfindungen – die nennen sich Wecker!"

Ich grinste. Epoh und Sumsa waren eine Geschichte für sich. Die zwei waren irgendwie schon immer befreundet gewesen. ‚Befreundet' – jaja - wem auch immer sie das erzählen wollten. Tatsächlich staunte ich immer wieder, wie vertraut sie miteinander umgingen und wie sehr Epoh aufblühte, sobald Sumsakras in der Nähe war. Das war bei mir und Jona nie so gewesen. Ich runzelte die Stirn und verscheuchte diesen überraschenden Gedanken wieder. ‚Jona' war jetzt bald zwei Jahre her und mittlerweile kein Grund mehr zum Trauern. Und trotzdem ... Ob er heute da war?

Plötzlich legte sich eine Hand schwer auf meinen Arm und ich zuckte zusammen. „Wenn du so weiter träumst, läufst du noch irgendwo gegen", murmelte Trell nah, viel zu nah, an meinem Ohr. Ich senkte betreten den Kopf und schwieg, als mein Blick auf einen breiten Ast fiel, der direkt vor mir lag und über den ich definitiv gestürzt wäre.

„Ach, so lange es keine Stühle sind, die da im Weg stehen", kommentierte Zac kryptisch und erntete dafür verwirrte Blicke der anwesenden Herren, während Epoh und ich ein kurzes Grinsen austauschten. Ihr hatte ich als Einzige von meinem ersten Treffen mit Zac erzählt.

„So. Aber erzählt mal: Was kommt da jetzt eigentlich auf uns zu?", fragte Zac munter weiter und Sumsa zuckte die Achseln.

„Zuerst tragen wir uns in eine Liste von einem der Bauern ein. Der bringt uns dann zu seinem Feld, wo Körbe voll Saatkartoffeln bereitliegen, die wir einbuddeln müssen. Eine lästige, langweilige Arbeit."

Des Wassermanns Weib I - entführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt