Der Friedenspakt & Kapitel 1

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Der Friedenspakt von London - Auszug

1) Der Rat der Protectoren sowie die Vereinten Nationen erkennen die Würde und das Leben eines jeden Menschen und Vampirs an. Beide Parteien verpflichten sich dazu, diese ab sofort zu achten und erforderliche Maßnahmen zum Schutz einzuleiten.

2) Es wird vereinbart, dass beide Parteien mit sofortiger Wirkung die Kämpfe einstellen.

3) Der Rat der Protectoren sowie die Vereinten Nationen verpflichten sich dazu, in jedem Land der Vereinten Nationen Vertreter der Vampire in Organen der Judikative, Exekutive und Legislative einzusetzen.

4) Ein Vampir, der einen Menschen vorsätzlich tötet, ist mit dem Tode zu bestrafen. Gleiches gilt für Menschen.

5) Ein Vampir darf das Blut eines Menschen nur mit dessen ausdrücklicher Einwilligung trinken. Auf Verstöße steht die Todesstrafe.

London, 21. Januar 2020


Kapitel 1


London, Januar 2025

Lucy

„Erde an Lucy, bitte kommen! Hier warten noch drei Guinness darauf, von durstigen Studenten getrunken zu werden."

Sie zuckte zusammen, als Mias Stimme sie aus ihren Gedanken riss. Blinzelnd wandte sie ihre Aufmerksamkeit von dem Hirschkopf an der Wand zu ihrer Freundin und murmelte: „Entschuldige."

Mia schmunzelte. „Es ist immer das Gleiche mit dir, du Träumerin. Los, zurück an die Arbeit."

Lucy rieb sich am Hinterkopf und schnitt eine Grimasse. Im Grunde war sie unschuldig. Sowohl die Raumdecke als auch die Wände waren bis zum letzten Zentimeter mit urigen Gegenständen, Instrumenten, Gemälden und Artefakten aus Messing und Kupfer bestückt. In Kombination mit den kastanienbraunen, gepolsterten Sitzbänken zwischen den Tischen verlieh das dem Raum eine einzigartige, gemütliche Wohnzimmeratmosphäre. Wann immer Lucy sich etwas länger umsehen konnte, malte sie sich die Vorgeschichten der jeweiligen Gegenstände aus.

Ein Zwicken in der Seite holte sie aus ihren Gedanken. Hastig schnappte sie sich die Biergläser vom Tresen und lief zu der Studententruppe, die den Billardtisch im vorderen Teil des Raumes belegte. Es war früh am Abend, doch der Pub füllte sich stetig. Dadurch hatte Lucy glücklicherweise keine Gelegenheit, erneut in einem Tagtraum zu versinken. Am laufenden Band nahm sie Bestellungen auf und flitzte zwischen den Tischen und ihrer Freundin hin und her. Als Lucy den Studenten am Billardtisch zum dritten Mal eine Runde Bier brachte, wurde die Eingangstür mit einem Ruck aufgestoßen. Ein kalter Windstoß fegte herein, der ihr ihre Locken ins Gesicht wehte. Sie drehte sich mit dem leeren Tablett in der Hand zu dem Neuankömmling und erstarrte. Der Mann, der im Türrahmen stand, war so groß, dass er den Kopf einziehen musste, um einzutreten. Sein dunkelbraunes, dichtes Haar reichte ihm bis auf den schwarzen Ledermantel um seine Schultern und es machte den Eindruck, als hätte er es lange nicht mehr durchgekämmt. Sein Blick schweifte durch den Raum und begegnete ihrem. Lucys Nackenhaare stellten sich auf und ein Schauer jagte über ihren Rücken. Dann schaute er sich weiter um, bis er den einzigen freien Platz in der hintersten Ecke neben der Bar entdeckte. Wie ein Jäger, der sich an seine Beute heranpirschte, steuerte er zur Sitzbank.

Die anderen Besucher hatten ihre Gespräche unterbrochen und verfolgten unverhohlen seine Bewegungen. Lucys Muskeln spannten sich an. Nur die leise Radiomusik trällerte im Hintergrund, während seine schweren Schritte durch den Raum hallten. Schließlich nahm er unter der ausgestopften Forelle Platz.

In diesem Moment schien es, als sei der Bann gebrochen. Das Durcheinander von Stimmen und Gläserklirren erfüllte nach und nach wieder den Pub. Lucy blieb weiterhin stocksteif stehen und konnte den Blick nicht von ihm wenden. Die Art wie seine Haare sein Gesicht verdunkelten, während er sich mit seinen breiten Schultern fast über den gesamten Tisch gebeugt hatte und seine zusammengefalteten Hände anstarrte, hatte etwas Bedrohliches.

Ungestillter Durst - Die Macht des BlutesWhere stories live. Discover now