Kapitel 96

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Justins Sicht:

Mitten in der Nacht über den Wolken zu fliegen und von der Dunkelheit umhüllt zu sein hatte schon irgendwie etwas Magisches. Der Mond schien auf einmal so nahe zu sein. Und auch die Sterne leuchteten hoch oben am Himmel und schienen greifbar zu sein. Da wir knapp 20 Stunden in der Luft sein würden, war mir klar gewesen, dass Josi ziemlich sicher einschlief. Sie hatte mir zwar erzählt, sie wolle den ganzen Flug über wach sein und Sterne beobachten, aber nach nicht mal einer Stunde nach Sonnenuntergang war sie auf meinem Schoß eingeschlafen. Während wir durch das kleine Fenster in den Sternenhimmel geschaut hatten.

Ich hatte meinen rechten Arm um sie geschlungen, ihr Hinterkopf ruhte an meiner Brust und sie atmete friedlich. Ich ließ sie auf meinem Schoß sitzen, weil ich diesen Moment unendlich genoss, meine kleine Prinzessin im Arm zu halten.

Gegen 2 Uhr nachts kam meine Mutter schließlich zu mir rüber - sie saß auf der anderen Seite des Ganges am Fensterplatz.

"Leg Josi hin, sie braucht den Schlaf."

Da meine Mutter recht hatte und ich sie wirklich ins Bett' bringen sollte, hob ich sie vorsichtig hoch und trug sie behutsam zu dem kleinen Bettchen, welches meine Mutter schon vorbereitet hatte. Sie hatte einfach zwei Sitze nach hinten geklappt, bis sie zu einem Bett umgebaut waren.

"Schlaf gut, mein Engel", hauchte ich leise, bevor ich sie zudeckte und einen Kuss auf die Stirn gab.

Es war wirklich wundervoll Vater zu sein. Niemals hätte ich mir erträumt, dass es so schön war, seine kleine Tochter schlafen zu legen.

Nachdem das erledigt war setzte ich mich wieder zu meiner Mutter und schaute aus dem Fenster. Von Müdigkeit war bei mir nichts zu spüren. Mum hingegen gähnte neben mir und hielt sich die Hand vor den Mund.

"Du wirst es bereuen, Justin", murmelte sie auf einmal. Ich hatte gar keine Ahnung von was gerade die Rede war.

"Was?", fragte ich neugierig nach. Mum legte mir eine Hand auf den Handrücken und seufzte.

"Du wirst es bereuen, dass du sie hast gehen lassen."

Mein Herz schmerzte leicht und sofort hatte ich Grace' Blick vor Augen, als ich am Flughafen mir ihr geredet hatte. Ich hatte ihr das Herz gebrochen - erneut. Doch dieses Mal hoffte ich, dass sie es verstanden hatte und über mich hinweg kommen würde. Shawn stand auf sie, das sah jeder Blinde. Und ja, verdammt: Ich war eifersüchtig, weil die Beiden nach Jamaika flogen.

Aber vielleicht konnten wir Beide jetzt endlich mit der Vergangenheit abschließen und wurden wieder glücklich. Ich mit Selena und Grace mit Shawn. Wobei die beiden fünf Jahre Altersunterschied trennten. Aber das Alter war nur eine Zahl und ich wusste, dass sie sich in ihn verlieben konnte, wenn sie es zuließ.

"Werde ich nicht, ich bin glücklich so wie es jetzt ist", antwortete ich etwas verspätet.

"Bist du das wirklich?"

Stille.

Mein Herz schlug rasend schnell, hoffentlich hörte sie es nicht.

"Grace und ich können irgendwann beste Freunde werden und Josi wird es auch verstehen, dass ihre Eltern nicht mehr zusammen sind. Ich habe Selena zurück, ich bin glücklich, Mum."

"Aber Selena ist nicht die Frau, die du willst", hauchte Mum schließlich. Genervt fuhr ich mir durch die Haare.

"Woher willst du wissen, was ich will? Selena hat mir wenigstens nicht das ganze Leben lang mein Kind vorenthalten!", schrie ich aufgebracht. Josi rührte sich kurz und für einen Moment dachte ich, sie würde aufwachen. Doch sie drehte sich nur auf die Seite. "Ist doch auch egal... wir machen uns jetzt einen schönen Urlaub."

Lifeline - j.b.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt