ZWEI

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Um in den Zauberwald zu gelangen musste man den breiten Fluss hinter unserem Haus überqueren. Das Stück Wald welches an unser Grundstück grenzt konnte man daher ohne Probleme betreten. Überquerte man jedoch die Brücke, verlässt man den Schutzzauber des Dorfes und läuft Gefahr mit einem magischen Wesen zusammen zu stoßen.
Meine Eltern haben mich schon als Kleinkind mit über die Grenze genommen und so konnte ich bereits Bekanntschaften mit einigen Elfen und Gnomen die direkt hinter der Brücke lebten schließen.
Auch als ich heute zum ersten mal einen längeren Weg allein durch den Zauberwald antrat, begrüßte ich zuerst die Bewohner des kleinen Volks.
"Hallo ihr frechen Biester!" Lächelnd warf ich ein paar Nüsse auf den Boden hinter der Brücke und konnte beobachten, wie diese kleinen Monster aus allen Ecken angeschossen kamen um eine heißbegehrte Nuss zu ergattern. Die Elfen waren gräuliche Wesen mit weißen Haaren und libellenartigen Flügeln. Etwas langsamer schlichen die Gnome aus ihren Löchern und blickten mich vorerst misstrauisch an. Ihre spitzen Zähne waren alles andere als harmlos und gegen ihre dicke Haut konnte ein normaler Dolch so gut wie nichts anrichten. Als sie nach einem kurzen Schnuppern mit ihren knollenartigen Nasen erkannten, dass ich ihnen nichts böses wollte, kam auch sie an und fraßen die Nüsse.
Aufmerksam aber doch voller Vorfreude setzte ich meinen Weg fort. Zum Haus meiner Großmutter führte ein verwilderter Pfad dem man 2 Stunden folgen musste, bis ihre Hütte in Sichtweite kam.
Es war zwar schon Nachmittag, aber ich kam schnell voran. Neben ein paar Waldgeistern und weiteren Gnomen schien der Wald heut erstaunlich friedlich. Nicht zum ersten mal musste meine Mutter auf diesem Weg den ein oder anderen Seelenfresser erledigen.
An einem Baum auf einem kleinen Hügel, dessen Wurzeln über den Rand hinaus wucherten, machte ich halt.
An dem kleinen Hügel wimmelte es nur so von Regenbogenblumen, welche meine Großmutter liebte. Da ich ihr später erklären musste, warum ich kein Schwarzpulver dabei hatte, dienten diese Pflänzchen zu meiner persönlichen Schadensbegrenzung.
Hoffen wir es.
Seufzend pflückte ich vorsichtig ein paar der Regenbogenblumen, wickelte ihre Wurzeln in mein Stofftuch und tunkte dieses vorsichtig in den angrenzenden Bach.
Bevor ich die Blumen in meinem Umhang verstauen konnte, hörte ich ein Knacken hinter mir. Ich konnte spüren wie sich mein Herzschlag erhöhte, doch nach jahrelangem Training habe ich gelernt meinen Körper zu beruhigen. Manche der Gestalten in diesem Wald wittern Aufregung.
In meiner linken Hand hielt ich bereits ein Kurzschwert und in der rechten meinen aktuellen Lieblingsdolch. Die Blumen lagen vor mir im Moos.
"Was macht ein kleines Mädchen wie du im großen. Bösen. Wald?"
Knurrte eine tiefe Stimme hinter mir.
Sprechen konnte er schon mal.
Da ich in diesem Fall eine physische Auseinandersetzung lieber umgehen würde, drehte ich mich zu meinem Konversationspartner um.
Vor mir stand ein Wolf. Auf zwei Beinen. Er trug einen ledernen Gürtel und hielt seine Arme mit langen Klauen vor seinem Körper verschränkt.
"Ich bin auf dem Weg zu meiner Großmutter. Ist gleich hier ums Eck." Ich deutete mit dem Griff meines Kurzschwertes in die Richtung, in die ich gleich weiterlaufen würde. Geheimnisse oder Tricks lassen sich in diesem von Magie durchzogenen Wald sowieso nicht ausführen ohne irgendeinen dummen Nebeneffekt.
"Weißt du, kleines Fräulein, du solltest diesen Wald trotzdem nicht allein durchqueren. Ich könnte dir vielleicht Gesellschaft..." weiter kam der Wolf nicht, denn hinter mir plätscherte es plötzlich und ehe wir es uns versahen, standen der Wolf und ich nebeneinander und blickten erschrocken auf die Gestalt, die sich gerade langsam aus dem Wasser erhob.

Rotdolch - der Wolf ist harmlos, das Mädchen nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt