Kapitel 3

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... Aus dem Wasser vor uns erhob sich eine massige Gestalt. Gegen das Sonnenlicht konnte ich vorerst keinen richtigen Blick auf mein neues Gegenüber erhaschen und meinem unfreiwilligen Partner ging es wohl nicht anders. Der Wolf stand mit offenem Maul neben mir.
Als das Wasser endlich komplett abgeflossen und die Gestalt aus dem Wasser kam war klar, womit wir es zu tun hatten.
Ein Kelpie in all seiner Pracht stand vor uns.
"Euer Hoheit!" wieherte der Kelpie und brach dabei einen Schwall Wasser hervor.
Irritiert sah ich zu dem Wolf neben mir auf:" Meint er dich?"
Mindestens genauso verwirrt schüttelt der langsam den Kopf.
"Ich wüsste nicht wieso mich dieser Seegrassfresser als Hoheit bezeichnen sollte."
Dann legte er eine Klaue an sein Kinn und strich nachdenklich darüber.
"Das könnte eine Chance sein..."
Aufgerichtet und selbstbewusst schritt der Wolf im nächsten Moment auf den Kelpie zu.
"Du wurdest wahrscheinlich zu mir geschickt, wenngleich mir nicht klar ist seit wann meine Leute mit euch Seebiestern zusammenarbeiten. Also um es kurz zu machen..."
Ohne Vorwarnung holte der Kelpie mit seinem massigen Pferdekopf aus und schlug ihn gegen den Kopf des Wolfs.
Dieser klappte in einer fließenden Bewegung zusammen. Beeindruckend.
Etwas eingeschüchtert stellte ich mich dem Kelpie entgegen falls der jetzt versuchen würde, den dämlichen Wolf zu verdrücken.
Wenn ich das so einfach zuließe, würde mich mein schlechtes Gewissen bis in alle Ewigkeit plagen... Oder zumindest mehrere Wochen.
"Euer Hoheit es tut mir leid, dass wir von diesem Unhold unterbrochen wurden. Ich habe Jahre darauf gewartet euch zu kontaktieren, aber ihr wart immer in Begleitung dieser Hexe." Abwertend Blickte er zur Seite und blies Wasser durch seine Nüstern.
Moment mal.
"Du redest mit mir? Ich meine, falls ja liegt hier eine Verwechslung vor, ich bin keine Hoheit und war auch noch nie mit einer Hexe unterwegs."
"Ihr seid es, etwas anderes ist ausgeschlossen! Ein Mensch hat euch damals den Armen eurer Eltern entrissen! Den Königen der Meere!"
Bei seinem letzten Satz geriet der Kelpie so in Rage, dass er wiehrend einen Schwall Wasser erbrach und seine Seetangmähne hin und her warf. Dabei klatschte ein Teil das grünen Zeugs auf den immer noch bewusstlosen Wolf.
Den Ernst der Situation richtig wahrzunehmen fiel mir in diesem
Moment unglaublich schwer in Anbetracht der absolut bizarren Situation.
Ohne dem Kelpie zu antworten kniete ich mich auf den mit Moos bedeckten Boden und hielt die Hand über die Schnauze des Wolfs.
Er Atmet noch. Dachte das prüfe ich besser mal.
"Wir müssen aufbrechen euer Hoheit! Ein Fluch liegt seit eurem Verschwinden über den Meeren, welcher nur von der wahren Königin gebrochen werden kann!"
Immer noch kniend starrte ich auf das Messer in meiner Hand.
"Ein Kelpie taucht vor mir auf und erzählt mir, nachdem er einen sprechenden Wolf K.O. geschlagen hat, dass mich ein Mensch aus den tiefen der Meere meinen leiblichen Eltern entrissen und eine Hexe mich an meiner Rückkehr gehindert hat und ich scheinbar bisher eine Lüge gelebt habe. Stimmt das so?"
Enthusiastisch nickt der Kelpie und schüttelt dabei erneut seine Mähne.
"In diesem Fall..."
Langsam richtete ich mich wieder auf.
"... wag es nie wieder meine Mutter als Hexe zu bezeichnen!"
Nicht einen Moment zweifelte ich an der Tatsache, dass meine Mutter vielleicht übernatürliche Gaben besitzen könnte. Himmel, selbst meine Großmutter verkörpert die perfekte Beschreibung einer kinderfressenden Hexe! Aber es ist und bleibt eine diskriminierende, von jahrelanger Abneigung überzogene Bezeichnung für Frauen mit magischer Begabung!
Also packte ich den Dolch fester, rannte auf den Baum links von mir zu, stieß mich daran ab und katapultierte mich so rückwärts auf den Kelpie zu. Da ich kein Idiot bin und weiß, dass diese Viecher alles was auf ihrem Rücken landet in die Tiefe des Sees ziehen, packte ich seine glitschige Mähne, nutzte mein Gewicht als Hebel und zog seinen Schädel weit genug zu mir herunter, sodass ich perfekt den Dolch an seine Kehle halten konnte.
„So, jetzt erzählst du mir in aller Ruhe UND politisch korrekt, weswegen du mich und den armen Wolf belästigst."

Rotdolch - der Wolf ist harmlos, das Mädchen nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt