six

1.4K 63 5
                                    

Die Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht, während es ihnen die weichen Grashalme an meinen Füßen gleichtaten. Ich lag in unserem Garten hinter dem Haus, Arme und Beine von mir gestreckt. Das Anwesen meines Vaters war gigantisch, genug Platz und hundert Partys gleichzeitig zu schmeißen.

Ich hatte es mir auf der Wiese gemütlich gemacht und konnte mich trotzdem nicht entspannen. Mit einem genervten Stöhnen schlug ich die Augen auf. »Verdammt, Manchester, kannst du dich mal entspannen?« Ich warf meinem Bodyguard neben mir einen bösen Blick zu. Manchester saß aufrecht auf einem der weißen Gartenstühle und überblickte stur das Grundstück. Bei jedem noch so leisen Rascheln der Blätter wandte er sich in die Richtung, aus der das Geräusch zu kommen schien. »Du verbreitest eine total schlechte Aura. Wo sind deine positiven Vibes?«, beschuldigte ich ihn und ließ meinen Kopf wieder ins Gras sinken.

»Das stand nicht in meinem Arbeitsvertrag.«, murmelte er.

Ich stieß ein helles Lachen aus. Dieser emotionslosen Steinklotz hatte also doch Humor!

Jetzt drehte ich mich auf den Bauch, um ihn besser sehen zu können. »Wir können hier doch einfach ein bisschen zusammen abhängen und einfach mal vergessen, dass hinter jedem Baum Gefahr lauert.«, schlug ich sarkastisch vor. Seine Antwort darauf kannte ich natürlich.

»Meine Aufgabe schränkt deine Bewegungsfreiheit nun mal etwas ein. Finde dich damit bitte ab.« Die Kälte in seiner Stimme ließ mich zusammenzucken. Mann, ich dachte, das Eis zwischen uns wäre gebrochen, oder wenigstens angeknackst. Jetzt stöhnte ich genervt. »Ich werde mich nicht damit abfinden. Schließlich habe ich 17 Jahre ohne deinen Schutz überlebt.«

Man sah Manchester an, dass er etwas erwidern wollte, jedoch hielt er sich zurück. Er starrte mich einfach einen Augenblick lang an, schaute dann aber weg und überwachte wieder unsere Umgebung. Dieses Ignorieren machte mich ganz kirre. Mit ihm konnte man einfach nicht diskutieren und es kratze ganz schön an meinem Ego, dass er mir nicht antwortete. Also stand ich auf und schlug wortlos den Weg Richtung Wald ein, der unser Grundstück nach hinten hin abgrenzte. Manchester machte es mir nach und folgte mir wortlos.

Mal sehen, wie weit ich ihn treiben konnte. Kurzerhand wechselte ich meine Richtung und steuerte nun auf unser Haus zu. Manchester, brav wie ein Schoßhund, tat es mir gleich. Nach einigen Metern machte ich erneut kehrt und lief nun auf die Westseite unseres Anwesens zu. Ich ging einige Schritte und änderte wieder spontan meine Richtung. Ich hörte Manchester hinter mir nur mürrisch brummen. Ich wollte gerade abermals umdrehen, da packte er mich an meinem Oberarm und hielt mich so zurück. Für meinen Geschmack zog er mich etwas zu grob herum und an sich heran.

»Hör auf mit dem Scheiß, Elif. Das ist keine verdammtes Spiel. Es täte dir gut, wenn du wenigstens ein wenig Angst hättest und mehr Respekt zeigen würdest.«, fuhr er mich scharf an. Seine Augen, mit denen er mich durchdringend anstarrte, waren zu Schlitzen zusammengekniffen und seine Hand umklammerte weiterhin meinen Arm. Aha - er war also doch aus der Fassung zu bringen.

»Wovor soll ich denn Angst haben? Ich weiß ja nicht einmal, was hier für 'ne Scheiße läuft!«

Ich versuchte aufgebracht, mich loszumachen. »Außerdem hast du kein Recht so mit mir zu sprechen!«, zischte ich wütend, »Und jetzt lass mich los, Manchester, du tust mir weh.«

Doch seine Miene blieb wie versteinert und auch sein Griff lockerte sich nicht. Wir standen uns ziemlich nahe und so war die Spannung zwischen uns deutlich zu spüren.

»Elif, ich mach das doch nicht zum Spaß. Dein Vater hat seine Gründe. Du solltest aufhören, alles zu hinterfragen, das kann gefährlich sein. Glaub mir einfach, wenn ich sage, dass mir etwas an dir liegt und ich dir nie unnötiges Leid zufügen würde, okay? Vertrau mir.« Sein Blick wurde weich und kurz glaubte ich, ich würde unter seinem entschuldigenden Lächeln dahinschmelzen. Oh Gott.

Schnell fing ich mich wieder und setzte ein wütendes Gesicht auf: »Vertrauen muss man sich verdienen.«, murmelte ich mürrisch. Seine eisblauen Augen fixierten meine, während sich seine Kiefermuskeln anspannten. Manchester schien zu überlegen, was er darauf antworten sollte, entschied sich dann aber für ein knappes, jedoch recht verständnisvolles Nicken.

Endlich ließ er meinen Arm los. Die Stelle, an der er mich berührt hatte, war warm, schmerzte aber. Ich könnte wetten, dass sich ein blauer Fleck anbahnte.

»Ich kenne dich nicht, Manchester. Natürlich vertraue ich dir nicht blind.«

...

protector | the bad bodyguardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt