Laut war es gewesen. Und überall so viele Gerüche, nicht alle waren gut. Verängstigt und neugierig hinkte ich durch die Stadt, schnupperte und sah mich gründlich um. Alles war anders. Alles war neu. Nichts hier erinnerte mich an mein Zuhause, das ich doch schon so lange vermisste. Ich wusste nicht, ob es ein Traum oder Wirklichkeit war. Vielleicht würde ich jeden Moment aufwachen, in unserer Höhle im ewigen Winter von Kanada, neben meinem Vater oder meiner Schwester oder auch neben meinen Brüdern aufwachen.
Vielleicht sogar neben Mama.
Aber das war unmöglich, das wusste ich.
Man konnte nicht zwei ganze Jahre träumen.
Leider.
Ich tappte zwischen kleinen, stinkenden Hügeln herum. Ich versuchte gar nicht mehr, die Gerüche der Gegenstände die hier rumlagen zu zählen und zu ordnen. Dann hörte ich was.
Ein Gefäß kippte um.
Ein guter Geruch stieg mir in die Nase.
Fleisch!
Leeeeckeeeer!!
Ich beschleunigte, bog ab, doch was ich sah, brachte mich sofort zum Stehen.
Mist.
Da war schon Jemand.
Vor mir bot sich ein Kojote der in einer umgefallen Mülltonne herum suchte. Ich kannte Kojoten nicht und sah ihn als eine Art Wolf. Ich wollte schon wieder umkehren - die Kerle konnte ich nicht leiden - doch etwas hielt mich ab. Ein Gefühl, das ich bisher nur bei meiner Familie gehabt hatte. Ich blieb einfach stehen und in meinem Gehirn ratterte es.
Und schon hatte er mich bemerkt.
Und auch er spürte etwas, doch sein Gehirn brauchte erst gar nicht rattern um es zu erkennen.
Hey, wer bist du denn?
Ich erstarrte komplett. Es war das erste Mal dass ich ein anderes Tier verstehen konnte, das nicht zu meiner Familie gehörte. Doch ich durfte nicht zeigen, dass ich komplett verwirrt war, nicht vor einem Wolf. Schnell suchte ich nach einer Antwort.
Aber wer war ich denn?
Wieder Rattern...
Hallo?
Gut, darauf wusste ich etwas, das hatte mir mein Vater beigebracht.
Hallo.
Willst du mir noch antworten?
Worauf?
Auf meine Frage. Wer bist du?
Verdammte Fischkacke, da war's schon wieder.
Eeeeeeeh..............
Der Kojote seufzte und ich musste mich automatisch umdrehen und ihn mit großen, unschuldigen, verwirrten Augen ansehen.
Na gut, dann machen wir es anders, wie heißt du denn?
Kaja. Denke ich.
Hoffentlich meinte er das, was ich meinte.
Gut. Kaja. Ich bin James Bridger.
Der Name klingt komisch. Wieso hast du zwei?
Ich wusste nicht warum, aber ich war heraus aus meiner verwirrten Tramce und hatte sofort alles vergessen.
James Bridger schnaubte amysiert.
Das ist hier so üblich. Du kommst aus Kanada, stimmt's?
Erneutes Rattern.
Aus den Bergen?
Das verstand ich.
Ja.
Was machst du dann hier, so alleine?
Schweigen.
Aber kein Rattern.
Die Dämonen haben mich entführt., meinte ich dann schließlich, und ich merkte sofort dass es schwach und kläglich klang. Oh nein. Würde er jetzt über mich herfallen, nachdem er die Schwäche in mir gemerkt hatte?
Aber er blieb ruhig.
Das ist aber nicht schön.
Ich hatte dazu nichts mehr zu melden. Stattdessen rutschte nun das aus mir heraus, was mich die ganze Zeit quälte.
Du bist irgendwie anders.
Ich weiß.
Warum?
Kurze Stille.
Hast du eigentlich schonmal gemerkt, dass mir dir etwas anders ist?
Was hatte das ganze denn jetzt mit mir zu tun?
Wie meinst du das?
Dass du zum Beispiel einmal kein Thama warst.
Das Rattern der Weltgeschichte folgte. Wäre ich das, was die Dämonen Computer nannten, wäre ich jetzt einfach abgestürzt. Bridger merkte anscheinend dass ich die Welt nicht mehr verstand und meinte einfach nur: Na gut, ich zeige dir was ich meine. Warte kurz hier.
Und schon verschwand er hinter dem nächsten Müllhaufen und ich wartete.
Nach einer Weile hörte ich wieder was und sah wieder auf. Doch hervor kam nicht der Kojote von gerade eben sondern ein Dämon, der um einiges größer war als ich. Erschrocken stolperte ich mehrmals zurück, meine Augen waren groß aufgerissenen vor Schreck und mein Herz machte gerade ein Rodeo. Doch dann hielt ich inne. Ich wusste nicht, ob es an den Augen, dem starken Haarwuchs oder sonst etwas lag, aber ich erkannte ihn. Ganz plötzlich. So plötzlich dass ich einfach auf meinen Hintern plumpste und ihn anstarrte. Er lächelte mich einfach nur an.
"Glaub mir, ich war genauso erstaunt wie du als ich es heraus fand."
Ich zuckte zusammen als seine Menschenstimme ertönte. Ich wusste nicht wann und wie ich die Menschensprache gelernt hatte, aber ich verstand ihm aus irgendeinem Grund. Ich antwortete nicht. Stattdessen fragte ich etwas anderes.
Was bist du?
Das, was wir Woodwalker nennen. Ich bin ein Gestaltwandler, genau wie du.
War der komplett irre? Ich? Ein Gestaltwandler?!
Ich bin kein Woodwalker.
Doch, das bist du. Probier's doch mal aus!
Wirklich?
Er nickte, doch ich verstand diese Geste noch nicht also antwortete er ein bisschen verzögert.
Ja.
Aber wie denn?!
Stelle dir einfach vor, du bist ein Mensch - äh Dämon.
Ich glaube das kann ich nicht.
Probiere es aus. Ich sehe auch weg.
Warum?
Das ist eine Sitte bei den Menschen. Sie wollen nur mit Fell gesehen werden.
Haben sie denn keines?
Nein.
Achso..
Wie gesagt drehte er sich weg und ich probierte.
Ich probierte es nochmal
Und noch ein paar Male.
Dann erinnerte ich mich an ein lachendes Kind, das ich mal durch die Scheibe in der stinkenden Höhle, wo mich die Dämonen eingesperrt hatten, gesehen hatte und plötzlich stand ich auf zwei Beinen. Ohne das ich es gemerkt hatte hatte mir James Bridger Klamotten hingeworfen. Ich breitete sie aus und zog sie dann so an wie ich es bei Anderen Dämonen gesehen hatte.
Es dauerte bestimmt ein bisschen, dann meldete ich mich wieder.
Ich glaube, ich habe es geschafft.
Ich sprach noch in der Gedankensprache da ich die menschliche noch nicht konnte.
Er drehte sich zu mir und betrachtete mich.
Jetzt war ich ein junges Mädchen im Alter von 4 Jahren mit rotblonden Haaren und grüngelben Augen.
"Perfekt für den Anfang, du hast höchstens eine halbe Stunde gebraucht!"
Ich dachte kurz nach, um es zu verstehen. Ist das lange?, fragte ich.
"Nicht so lange wie ich beim ersten Mal gebraucht habe. Probier doch mal zu sprechen."
Ich dachte wieder kurz nach, dann holte ich tief Luft und sprach meine ersten Worte:
"Meinst du so?", es klang ein bisschen heiser und gebrochen aber es klappte.
"Genau."
Ich wusste nicht, warum ich sprechen konnte, aber ich konnte es. Vielleicht lag es an der Gedankenschprache, vielleicht aber auch weil ich die Dämonen so viel spreche gehört hatte..
James Bridger erklärte mir noch vieles, über Woodwalker, über die Sprache, dass man Dämonen Menschen nannte und vieles mehr.. Auch das Gehen musste er anfangs noch mit mir üben. Als er fertig war verwandelten wir uns wieder zurück. Das ging definitiv leichter und ich schaffte es schon in der Hälfte der Zeit von vorher.
Puh, jetzt hab ich aber Hunger., meinte der Kojote vor mir dann und trabte zu der Mülltonne die er vorher umgeworfen hatte. Er wühlte noch kurz darin, dann zog er einen halben Truthahn heraus. Ich verstand bis heute nicht, warum die Menschen so gute Sachen wegwarfen. Ich setzte mich mit ein bisschen Abstand hin und beobachtete ihn, wie er die ersten Bissen machte. Dann sah er auf. Na komm schon her, oder hast du keinen Appetit?
Doch., ich trat vor, zögerte jedoch noch. Doch er wich ein bisschen zurück und zeigte mir so, dass ich essen durfte. Und schon fiel ich drüber her. Es war so gut, so fest, so ohne kunstgeschmack, ganz anders als das geschmacklose Futter das ich im so genannten 'Zoo' bekommen hatte. Ich ließ ihm noch einen Teil übrig, dann suchten wir uns einen Unterschlupf.
Es war gut eine Freundschaft geschlossen zu haben, auch wenn es ein Kojote war. Ich genoss es, wieder mit einem Sprechen zu können und mich mit ihm zu verstehen.Nach zwei Tagen trennten sich unsere Wege leider wieder. Ich war sicher, dass ich ihn nie wieder sehen würde.
Bis zu dieser Nacht, 9 Jahre später...
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Kaja's Geschichte
FanfictionKaja ist eine Thama-Wandlerin aus Kanada und kommt mit 13 Jahren in die Clearwater High. Sie kennt sich im Leben als Mensch ganz und gar nicht aus, findet jedoch bald Freunde in einem abenteuerlustigem Hermelin und einem schüchternem Turmfalken aus...