Epilog

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Seine Augen tränten, als er aus dem Hausflur in die Kälte trat und sich auf den Weg zur Schule machte.

Er hatte die ganze Nacht kein Auge zu bekommen und sein Kopf dröhnte. Er hatte die ganze Nacht geweint. Sosehr, dass seine Augen sich anfühlten, als wären sie ausgetrocknet.

Eigentlich fühlte er sich nicht danach, nach dieser schlaflosen Nacht, das Haus zu verlassen und in die Schule zu gehen, doch hätte er es nicht getan, wäre sein Vater darauf aufmerksam geworden und hätte ihn bestraft.

Anders, als in den Wochen zuvor, nahm er an diesem Tag nicht den Bus, sondern lief zu Fuß zur Schule. Auch, wenn der Weg weiter und somit für seinen geschwächten Körper auch unglaublich anstrengend war, wollte er es vermeiden das Ticket zu nutzen, welches noch immer in Verbindung zu Add stand.

Er wollte nicht mehr an ihn denken, er hatte es sich vorgenommen und doch trieben ihm diese wenigen Gedanken wieder die Tränen in die Augen.

Er konnte noch immer nicht glauben, was er ihm eigentlich angetan hatte, geschweige denn wollte er es wahrhaben. Seine Gedanken kreisten sich um den Fakt, dass er es wirklich nicht bemerkt hatte. Er hatte sich wirklich, ohne weiter darauf einzugehen auf ihn eingelassen, ihm vertraut, ihm Dinge über sich preisgegeben.

Nun verstand er ein wenig mehr, warum Adrian nichts übe sich preisgeben wollte. Oder konnte?

Wer wusste schon wie weit diese Wette ging und welche Regeln sie ihm vorgeschrieben hatte.

Er hatte die ganze Nacht ein unwohles Gefühl im Bauch, welches er nicht abschütteln konnte. Er spürte dieses Gefühl von Einsamkeit in ihm hochkommen. ER fühlte sich alleine und verlassen.

Abstruser weise, hatte er sich eingebildet draußen in der Dunkelheit Schatten und Augen zusehen, welche ihn beobachteten.

Und schon wieder musste er an den Menschen denken, welcher die letzten Monate seines Lebens so unglaublich in Farbe getunkt hatte, dass sie jetzt wieder abzublättern schien.

Den Menschen, den er so unglaublich gerne mochte, war weg und hatte, sowohl seine Farbpalette als auch die Farben an sich mitgenommen und aus Finns Leben gewischt.

Er fühlte sich verloren.

Sein Körper zitterte. Er trug bloß eine alte dünne Jacke, welche nicht für diese Temperaturen gedacht oder brauchbar war.

Doch es kümmerte ihn nicht.

Die Schmerzen, welche die kälte auf seiner Haut auslösten und das Zittern seiner Gliedmaßen spürte er nicht. Dafür war der Schmerz in seinem Herzen zu groß.

Sein Gesicht spürte er nicht mehr. Die Tränen waren auf seinen Wangen eingefroren und ließen die einst puffigen, nun fahlen Wangen darunter taub werden.

Von weitem sah er schon das riesige, eigentlich recht einladend wirkende Gebäude, welches er in den letzten Monaten mit immer mehr Freude hatte betreten können.

Die Prügeleien, Beleidigungen und Schmerzen hatten an Häufigkeit verloren und er konnte sich darauf freuen mit Add zu schreiben, welcher ihn von seinem tristen Dasein ablenken konnte.

Stalker [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt