I Bücherregale - gute Musik

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Außenseiter zu sein war für mich schon immer Alltag gewesen.
Es machte mir nichts aus.

Denn Menschen verletzten einen. Tun zuerst so als wären sie Freunde um dann, wenn es bei dir nicht mehr so gut läuft aus deinem Leben zu verschwinden ohne sich zu verabschieden. Alles war nur noch ein nehmen, denn geben gab es bei ihnen nicht.
Wenn sie langeweile haben, du bist da. Wenn sie etwas brauchen, du bist da. Wenn niemand anderes da ist, du bist da. Und wenn sie nicht zufrieden sind mit dem was du ihnen gibst lassen sie dich fallen.

Sie machten sich hinter meinem Rücken immer witzig über meine Haare oder darüber, dass ich die ganze Zeit alleine war. Setzten Gerüchte in die Welt, dass ich ein Vergewaltiger oder ein Schläger wäre. Es ging so weit, dass sie selbst meine Familie damit hineinzogen.

Und weil ich keine Freunde hatte und es sonst niemanden gab, mit dem ich Zeit verbringen könnte, verbrachte ich die meiste Zeit in der Bibliothek des Internats, auf das ich ging. Hier hatte ich meine Ruhe, die nur gelegentlich jemand störte, wenn er sich in die hinterste Ecke, hinter den großen Bücherregalen die im Raum standen verirrte.
Dort war schon seitdem ich hier eingeschult wurde, mein Rückzugsort gewesen, denn im Gegensatz zu meinem Zimmer gab es dort beinahe eine endlose Zahl an Büchern, die man lesen konnte.

Wenn die Welt mal wieder zu laut wurde flüchtete ich einfach in die Bibliothek. Dann konnte ich alles vergessen, die Zeit, den ganzen Schulstress und meine Mitschüler.

Dort war ich auch heute. Das jetztige Buch hatte ich leider durch gelesen und wollte es gerade zurück an seinen Platz stellen als dort schon jemand stand.
Und nicht nur irgendjemand.
Es war Ushijima, der beliebteste Junge an unserer Schule, der Junge von dem jedes Mädchen schwärmte.
Er war zwar kein gesprächiger Typ und schaute immer mies drein und trotzdem liebten ihn einfach alle. Und ich konnte es verstehen. Ja, er war attraktiv aber sonst ein ziemliches Arschloch.
Er schien beinahe unantastbar und so als könnte ihn nichts aus der Fassung bringen.

Gelegentlich begegneten wir uns auf dem Flur, er unterwegs mit ein paar Jungs, die alle ziemlich breit gebaut waren und mich manchmal, wenn ich über den Weg lief herunter machten, und ich wie immer alleine.

Nur wenn er den Flur entlang ging richteten sich alle Blicke auf ihn. Er fiel auf wie ein Elefant zwischen Mäusen.
Wir hatten zwar Biologie zusammen doch hatte ich das Gefühl, dass er mich noch nie zuvor bemerkt hatte.

Nun stand er hier mit einem Buch in der großen Hand und genau vor dem Regal, in dem mein Buch seinen Platzt hatte.

Er hatte ein schwarzes T-Shirt an, dass seine breite Schulter und seinen großen Bizeps unterstrich. Seine braunen Haare hingen ihm wie üblich in Strähnen ins Gesicht.

Mit entschlossenen Schritten ging ich auf ihn zu. Er sah nur desinteressiert auf als er meine Schritte hörte. Als er jedoch begriff wer vor ihm stand änderte sich sein Ausdruck in einem, den ich zu diesen Zeitpunkt noch nicht deuten konnte.

Bemüht gelangweilt erhob ich meine Stimme:" Kannst du kurz aus dem Weg gehen? Ich will mein Buch zurück stellen"
Er jedoch machte keine Anstalten sich zu bewegen.
"Ich war zuerst da", mit einem selbstgefälligen Lächeln blickte er auf mich hinab.

Wie ich doch so welche Menschen hasste.

Doch wegen seinem Auftreten fühlte ich mich gar nicht mehr so mutig wie ich es vorher war. Eher eingeschüchtert.
Hätte ich ihn doch gelassen. Hätte ich einfach noch ein paar Augenblicke gewartet bis er fertig war. In welche Scheiße hatte ich mich herein gebracht?
Ich wollte doch gar kein Streit... Zum Glück war er alleine und seine Freunde waren nicht da.

Doch das war gleichzeitig der Grund der mich zum nachdenken brachte. Wieso war er alleine? Ich hatte ihn noch nie alleine gesehen und hätte ihn auch nicht auf einen Typ geschätzt, der sich genau so wie ich in der Bücherei herum trieb.

Bücherregale und gute Musik // UshitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt