Meine Geschichte beginnt an einem warmen Herbsttag.
Ich spazierte mit meiner Golden Retriever Dame Luna durch den Wald, auf dem Weg zu meinem Lieblingsplatz. Der See, welcher mein Ziel war lag in mitten des Waldes - um den See waren auf kleinen Hügeln Sitzgelegenheiten. Dort konnte man am besten nachdenken.
Ich finde es faszinierend, welche Auswirkungen Worte und Gesten unserer Mitmenschen auf uns haben. Immer wieder beobachte ich andere Menschen und versuche an ihrem Verhalten zu deuten, ob sie gerade lügen und was sie wirklich denken.Als ich den See erreicht hatte, blieb ich kurz stehen, sah mich um und atmete tief an. Lange war ich hier nicht mehr gewesen - seit ich vor 4 Monaten wegen dem Verdacht auf eine Essstörung in eine Klinik kam, bei der man versuchte zu verhindern, dass es soweit kam, dass ich eine richtige Essstörung entwickelte, war ich nur noch selten zuhause.
Am Anfang durfte ich jedes Wochenende nach Hause, aber es wurde immer seltener.
Doch das ist Vergangenheit - ich war seit 3 Tagen offiziell entlassen und würde am nächsten Tag wieder in die Schule gehen.
Ein paar aus meiner Klasse wussten, wo ich die letzten Wochen verbracht hatte, jedoch nicht jeder. Zu meine Freunden hatte ich keinen Kontakt gehabt - wie auch, die Handys und alle anderen elektronischen Geräte wurden abgegeben.
Ich riss mich aus meinen Gedanken, weil mein Hund bellte und machte Luna von der Leine los.
Gerade als ich mich auf eine Bank setzen wollte, bemerkte ich den Jungen neben mir auf der Bank, auf die ich mich gerade setzten wollte.
Doch er fiel mir nicht deswegen auf, weil er noch nie dagewesen war oder so, sondern weil es aus einer Nase blutig tropfte. Ich sah ihn mir so unauffällig wie möglich genauer an:
Sein Auge war leicht blau und sein Blick war gesenkt, fast als wäre er ebenfalls in Gedanken gewesen.
Trotz meinem Versuch, unauffällig zu sein, schien er meinen Blick zu bemerken.
Hastig tupfte er an seiner Nase herum, doch das beschleunigte den Blutfluss nur.
Sein Gesicht lief vor Peinlichkeit rot an. Schnell warf er sich die Kapuze seiner Jacke über den Kopf, steckte die Hände in die Taschen und verschwand.
Verwirrt blieb ich zurück.
Jeder andere wäre hingegangen und hätte den Jungen gefragt, ob man helfen könne, vor allem weil er gar nicht mal so schlecht aussah, aber ich war eher zurückhaltend und unbeholfen, wenns um neue Kontakte ging.
Mir war die Lust aufs weitere Nachdenken vergangen und so nahm ich den Hund wieder an die Leine und ging zuhause nochmal den Unterrichtsstoff durch.Als ich den Schulhof am nächsten morgen betrat, zitterten meine Knie wie Erdbeben.
Unschlüssig stand ich da und überlegte, ob ich zu Freunden gehen sollte, oder lieber warten sollte bis sie mich ansprachen.
Da entdeckte ich meine beste Freundin Dana.
Lächelnd lief ich auf sie zu.
"Dana!", doch als sie mich sah, veränderte sich ihre Miene.
Sie musterte mich kalt von oben bis unten und ging.
Fassungslos stand ich nun allein da. Sie wusste doch, wo ich war - warum schaute sie jetzt drein, als hätte ich sie mit einer anderen neuen besten Freundin betrogen?
Ich atmete tief ein und versuchte die Tränen zu unterdrücken.
Als es klingelte war mein Optimismus schon längst nicht mehr da und ich schleppte mich nur so in die Klasse.
Wo sollte ich sitzen? Auf meinem Platz saßen jetzt Dana und Elizabeth. Keiner nahm Notiz von mir.
Die Tür ging auf und meine Lehrerin kam rein und lächelte erfreut, als sie mich sah.
"Ach, Melina - schön dich wiederzusehen. Ich hoffe, es geht dir besser. Solltest du reden wollen - du weißt ja, wo mein Büro ist. Setz dich doch nach vorne, hm?", sagte sie fröhlich.
Von den Tränen in meinen Augen bekam sie nichts mit.
Also setzte ich mich an den leeren Doppeltisch.Die Stunde war langweilig, weil ich weniger verpasst hatte als ich dachte -ich hatte mir viel zu viel Mühe gegeben, alles nachzuholen und war meiner Klasse sogar voraus.
Irgendwann klopfte es und als ich aufsah stockte mir der Atem - der Junge von der Bank. Seit wann ist der denn in der Klasse?
"'tschuldigung, Frau Rose - ich... habe verschlafen", murmelte er.
Frau Rose musterte ihn kurz - nicht missbiligend, sondern eher mitleidig.
Jetzt kam der auch noch auf mich zu.
Er setzte sich auf die andere Seite des Tisches und sah mich kurz an.
"Hey", flüsterte er, mehr zu sich selbst als zu mir. Trotzdem antwortete ich: "Hallo".
"Ich bin Jonas, ich glaub wir haben uns schonmal gesehen", er wurde leicht rot.
"Melina", gab ich nur zurück.
Den Rest der Stunde schwiegen wir.
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The lies we told ourselfs
AcakMelina wird aus der Klink für Essstörungen entlassen und muss sich erstmal neu finden - die vermeintliche Essstörung folgt ihr auf Schritt und Tritt. Sie verfällt in alte Verhaltensmuster. Dann lernt sie Jonas kennen - den Jungen, der vor jeder Berü...