Sina spielte mit einer ihrer Locken und musterte Lurri stumm. Diese sah ihrer Verwandten an, dass sie ihr nicht glaubte. Schließlich seufzte Sina und ließ von ihren rotbraunen Haaren ab.
„Lurri, du verlangst viel von mir. Ich bin nicht sicher, ob ich dir das wirklich abkaufen kann." Lurri lachte freudlos und sah auf ihre Hände.
Beide Frauen saßen in Sinas Privaträumen – trotzdem hatte Lurri ihren Hut wieder aufgesetzt. Sie hatte immer noch vor, als Mann in Bella aufzutreten. Auch das konnte Sina nicht nachvollziehen.
„Du kannst mir glauben, liebste Verwandte, ich habe mir das nicht ausgedacht."
Sina winkte ab. „Natürlich nicht, so bist du nicht. Dennoch, ich habe schon Kopfschmerzen."
Die letzte Stunde hatte Lurri damit verbracht Sina zu beruhigen. Ihre Großcousine war außer sich gewesen, weil Lurri seit einer Woche unauffindbar gewesen war. Ein Teil ihrer Habe lag noch in ihrem Gästezimmer. Lurri lehnte sich auf dem Stuhl nach vorn.
„Sina, du musst mir alles erzählen."
„Gut", sagte die Frau und nickte. Ihre hellgrünen Augen verschleierten sich, als sie sich zurückerinnerte.
„Vor etwa fünf Monaten bist du während eines Schneesturms sprichwörtlich bei uns hereingeschneit. Tullo und ich waren überrascht, dass du die Winde nicht bezwungen hast. Du erklärtest jedoch, dass sie zu stark gewesen waren." Lurri nickte. Sinas Mann war zwar auch ein Luftnymph, setzte seine Fähigkeiten jedoch nicht mehr ein. Man verlernte das Kontrollieren eines Elements nicht, aber man musste in Übung bleiben. Vielen Nymphen in den Städten erging es ähnlich.
„Und weiter?"; fragte Lurri gespannt.
„Wir haben uns gefreut, dass du länger bleiben wolltest. Du sagtest, dass du die Stadt und die Einwohner kennen lernen willst. Tullo und ich nahmen dich daraufhin zu verschiedenen festlichen Anlässen mit. Du hattest sehr viel Spaß." Sina lächelte verschmitzt und Lurri fragte sich, ob sie dabei den Vater ihres Ungeborenen kennen gelernt hätte.
Als Lurri Sina nach einem Mann fragte, der besonderes Interesse an ihr gezeigt hatte, lachte ihr Verwandte. „Lurri, du warst das Kronjuwel unter den Frauen. Es gab beinah keinen Mann, der dir nicht den einen oder anderen Blick hinterher geworfen hat. Eine Freundin von mir beschwerte sich sogar bei mir, das du ihrem Mann den Hals verdreht hättest."
Lurri machte große Augen. „Bist du dir sicher?"
Sina nickte. „Natürlich. Du bist erblüht wie eine seltene Blume."
„Ja, aber gab es nicht einen besonderen Mann, an dem ich auch Gefallen gefunden habe?"
Nachdenklich runzelte Sina die Stirn. Es dauerte einige Augenblicke, ehe sie in die Hände klatschte. „Doch, da gab es einen. Aber sein Name... Ach, ich kann mir Namen einfach nicht merken..."
Unruhig rutschte Lurri auf dem Stuhl hin und her. „Hatte er vielleicht einen kleinen Bart und war ein Wassernymph?"
„Ja, genau. Ein stattlicher junger Mann mit breiten Schultern. Sein Name beginnt mit D..." Sina rieb sich über die Nasenwurzel und dachte angestrengt nach. Lurri versuchte ihren Herzschlag zu beruhigen. „Ich hab's – Demir. Der Sohn von Hakon, dem Wassernymph im Rat. Hübscher Bursche. Aber etwas jähzornig, wenn du mich fragst."
„Bist du sicher?", fragte Lurri und legte sich eine Hand auf die Brust. Sogar die Leute an den Grenzen des Landes mussten den Felsbrocken gehört haben, der von ihrem Herz gefallen war.
Den vier Göttern sei Dank, mein Kind ist kein Bastard, dachte sie und atmete tief ein und aus. „Natürlich bin ich mir sicher. Aber sag, warum willst du das wissen?"
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Lurri - Die Nymphen von Mirus (2)
FantasyDie Luftnymphe Lurri wacht eines morgens mit fürchterlichen Kopfschmerzen auf... und ist schwanger! Nach und nach muss sie feststellen, dass sie nicht mehr weiß, was in den letzten Monaten passiert ist. Was wird hier für ein grausames Spiel mit ihr...