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Der Rest der Familie Walsh stand erst nach ein paar weiteren Stunden auf

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Der Rest der Familie Walsh stand erst nach ein paar weiteren Stunden auf. Jake hatte sich in Luft aufgelöst. Wahrscheinlich war er aber nur in seinem Zimmer. Hätte ich gewusst, wo im Haus sich dieses befand, wäre ich vielleicht zu ihm gegangen. Einfach nur um ihn anzuschweigen.

Als Fiona und ihr älterer Bruder Patrick die Treppe hinunterrannten, war der Flur bereits wohlig warm. Der Adventskranz auf der Kommode hatte noch mehr Nadeln verloren. Sie lagen bereits auf den Dielen. Niemand schien das zu interessieren.
Mrs. Walsh wünschte mir einen guten Morgen, den ich versuchte möglichst höflich zu erwidern.

"Nenn mich Mary."
Ich siezte sie dennoch. Sie war nicht einfach Mary, die ich über Nacht duzte, mit der ich an einem Tisch saß und mich wie ihr Sohn fühlte. Ich konnte mich fremden Familien noch nie gut öffnen.
Patrick ritt darauf herum, wer von uns beiden denn nun älter sei. Es stellte sich heraus, dass ich ganze zwei Monate und acht Tage älter war.

Mr. Walsh war im Bett geblieben.
Über seinen Unfall wurde mir nichts berichtet. Beim Abräumen des Tisches wandte sich Mary an mich. Ich hatte die ganze Zeit über am Herd gestanden und die Familie beobachtet. Jake hatte mit dem Rücke zu mir gesessen.
"Ich glaube, ihr Jungs müsstet mal Schnee schippen gehen."

Ich schaute sie nur an.
"Jake nimmst du dich ihm an und zeigst ihm gleich ein bisschen den Hof?"
"Mache ich." Seine Stimme wurde von einem mir noch unbekannten Unterton geschmückt. Ich seufzte nur. Die Arbeit ging gleich los. Keine Ankommens- oder Eingewöhnungsphase.

"Dann komm mal mit." Jake stand auf, schob seinen Stuhl unter den Tisch und wuschelte seiner kleinen Schwester, die halb auf der Küchenbank lag, durch die Haare.

Er zog sich einen dunkelgrünen, langen Mantel über, setzte sich eine schwarze Mütze auf. "Vergiss deine nicht." Er deutete auf meinen Kopf. Wenn er wüsste, dass es eine Zeit in meinem Leben gegeben hat, in der ich diese Mütze Tag und Nacht nicht abgesetzt habe.

Jake war schon um die Hausecke verschwunden, als ich den ersten Schritt in den Schnee wagte. Eigentlich sah der Hof aus wie ein Winterwunderland. An den Wänden der umliegenden Gebäude hatten sich über Nacht Schneewehen aufgetürmt. Auf den Dächern lagen die kleine Kristalle bestimmt 30 cm hoch. Blau schimmernde Eiszapfen glitzerten in der Morgensonne.

"Die Natur kannst du nachher bestaunen. Hier." Jake kam mit zwei Schneeschiebern zurück. Etwas unsanft händigte er mir den kleineren davon aus.
"Fang du mit einem Weg vom Haus bist zum Hühnerstall an." Er wies auf das Gebäude, dass ich bereits gestern als Hühnerstall identifiziert hatte.

Wortlos wendete ich mich ab und begann den nicht weniger werdende Schnee aus dem Weg zu schaufeln.
"Hast du keine Handschuhe?"
"Wenn ich welche hätte, dann würde ich sie wohl jetzt tragen." Ich zog die Augenbrauen hoch. Jake erwiderte nichts, sondern drehte sich mit angespannten Kiefern weg von mir.

Alles, was ich wieder zu Gesicht bekam, war sein muskulöser Rücken. Er entfernte sich auf einige Meter und ich begann meinen Weg zum Hühnerstall freizulegen. Alle paar Meter musste ich eine Pause einlegen. Ich war solch körperliche Arbeit nicht gewohnt, meine Hände hatten keinerlei Hornhaut und der scharfe Wind, der über den Hof fegte, machte meiner nackten Haut zu schaffen.

Nach 20 Minuten reichte auch mein heißer Atem nicht mehr aus, um meine inzwischen blauen Finger zu wärmen.
Knirschende Schritte näherten sich im Schnee. "Hier." Jake war zurückgekommen und hielt mir seine braunen, mit Schafwolle gefütterten Handschuhe hin.
"Und du?" Meine Augen hafteten ungläubig an dem braunen Stoff.
"Ich kann das schon ab."

Nachdem ich immer noch keine Anstalten gemacht hatte, die Handschuhe anzunehmen, hielt er sie mir direkt unter die Nase.
"Jetzt nimm, bevor ich es mir anderes überlege, kleiner."
Empört atmete ich aus. "Ich bin fast 18!"
"Wie auch immer."

Er ließ mich mit offenem Mund in einer Schneewehe stehen. Unfassbar.
Die Handschuhe waren mir zwar zu groß, aber von innen herrlich warm. Ich drückte sie an mein Gesicht.
"Wenn du fertig bist, kannst du wieder ins Haus kommen, kleiner!", rief mir Jake zu.
"Wenn du mich noch einmal kleiner nennst!", drohte ich.

Im nächsten Moment lag Jake unter mir, das Gesicht in den Schnee gedrückt. Ich presste mein gesamtes Gewicht auf seinen Rücken, sodass er sich nicht sofort wieder aufrappeln konnte.
"Sag das ... nicht ... nochmal", trichterte ich ihm ein, während ich ihm meine Schulter in den Rücken bohrte. Ich konnte mir ein kleines Lachen dabei nicht verkneifen.

"Okay, okay, okay! Ich ergebe mich! Runter von mir." Jake spukte in den Schnee. Lachend wälzte ich mich von dem größeren und legte mich auf den Rücken. Doch ich hatte die Rechnung ohne Jake gemacht. Er schlug mir eine Ladung nassen Schnee ins Gesicht.
Ich gab einen nicht ganz männlichen Laut von mir und griff neben mich in den Schnee, um es ihm heimzuzahlen.

Jake war schneller und stoppte meinem Arm, hinderte ihn beim Hochschnellen, in dem er sich mit einem Knie darauf stützte.
Er schnalzte mit der Zunge und grinste auf mich herunter. Ich musste meine Augen zusammen kneifen, weil der strahlend blaue Himmel ihn und seine glatten, strähnigen Haare viel zu grell einrahmte.
"Ergibst du dich?"
"Niemals!", lachte ich und versuchte meine Beine anzuziehen, ihn irgendwie zu treten. Aber er war mir überlegen.

Irgendwann gab er aus versehen meinen rechten Arm frei und ich konnte ihn mit einer Ladung Schnee katapultieren. Er rutschte zurück und rieb sich mit seinen bereits rot gewordenen Fingern die Augen. Augenblicklich nutze ich die Chance und stürzte mich auf ihn.
Meine Hände griffen seine Schulten, hielten sich an ihnen fest und brachten ihn erneut zu Fall. Unsere Körper waren fest aneinander gepresst.

So ging das eine ganze Weil, bis ich merkte, dass meine Hose durchweicht war. Jake sah nicht besser aus. Er hatte seine Mütze verloren und lachte mich mit glitzernden Schneekristallen im Haar an. Seine Lippen waren gerötet, genau wie seine Wangen. Vereinzelte Haarsträhnen hingen in seinen Augen.
Ich hob in einem undurchdachten Moment die bahandschuhte Hand und strich sie ihm aus der Stirn. Jake hielt kaum merklich die Luft an. Was war nur los mit mir?

Wir schauten uns einen kurzen Moment an. Die Sonne traf auf seine blauen Augen und ließ sie fast wie klares Meerwasser aufblitzen. Ich robbte weg von ihm und stellte mich wieder auf meine Füße.
"Wir sollten rein gehen."

Jake klopfte sich Hose und Jacke ab, formte aber noch einen letzten Schneeball und traf mich damit kraftvoll am Rücken. Ich drehte mich nur kurz zu ihm um und drückte die Klinke der Haustür herunter.

***

Sorry, dass es heute so spät geworden ist.

ich hoffe, dass euch dieses Türchen trotzdem gefallen hat ;) einen schönen Nikolaus morgen 

eure Lisa xoxo

The Irish Boys {boyxboy} ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt