29. Kapitel

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Wie in Trance sah sie in die tanzenden Flammen.
Das einzige was sie vernahm war das Knistern der Flammen und die Schritte von Slightly, der unruhig durch die Küche stapfte.
"Was dauert so lange? Wenn Nibs nicht gleich mit den anderen kommt, dann... dann...", seine Stimme brach ab.
So hatte Hope ihn noch nie erlebt. Er wirkte so, so hilflos.
Sie löste ihren Blick und sah zu dem Jungen.
Und zum ersten Mal sah sie diesen Ausdruck in seinen Augen. Es war die Angst seine Familie zu verlieren. So hatte sie es noch nie gesehen. Sie hatte sich immer gefragt, was die Jungs bei Pan hielt. Jetzt sah sie es.
Er war die Familie, die niemand von ihnen je hatte.
"Er wird schon wiederkommen...", flüsterte Hope, eher zu sich selbst. Doch Slightly hatte sie gehört. Er schenkte ihr ein, eher gezwunges Lächeln. Als wolle er sie überzeugen, dass sie recht hatte. Auch wenn er es selbst nicht zu glauben schien.

Das Knallen der Eingangstür ließ die Beiden aufsehen.
Curly taumelte hinein, Tootles bewusstlosen Körper hielt er an sich gepresst. Sein Gesicht war voll mit Blut und da wo sein rechtes Auge war, klaffte ein blutiges schwarzes Loch.
Der kleine Tootles, in seinen Armen, war kreidebleich und Blut verschmiert.
Sein linker Arm war komisch verbogen. Vermutlich gebrochen.
Hinter ihnen humpelte die Zwillinge hinein. Die stützten sich gegenseitig und Maxime zog seinen Fuß hinter sich her.
Als letzter betrat Nibs die Küche. Er stützte Pan. Dieser war kalkweiß und seine Handgelenke waren offen.
Hope wurde schlecht, als sie ihn so sah. Halb Bewusstlos hing er in den Armen seines besten Freundes.
Slightly rannte auf sie zu und nahm Curly Tootles ab: "Was ist passiert?"
"Überfall auf die Meerjungfrauen", knurrte Maxime, als er sich auf einen Stuhl fallen ließ.
Hope wollte gerade zu Peter im ihn zu helfen, als dieser energisch den Kopf schüttelte: "Nein. Helf erst den Jungs. Tootles und Curly hat es am schlimmsten erwischt."
Sie nickte und ging auf Curly zu. Sein Auge war nicht mehr zu retten, aber die Blutung konnte sie stoppen.
Danach wand sie sich an die Zwillinge. Die Knochenbrüche der Beiden und auch ihre Wunden waren schnell geheilt. Doch es kostete sie mehr Kraft, als sie sich selbst eingestehen wollte.
"Danke", murmelte Eric dankbar, als Hope mit seinen Wunden fertig war.
Slightly hatte Curly eine Augenklappe gereicht und Tee aufgesetzt. "Hier", er reichte Eric eine Tasse, die dieser dankend annahm.
Hope erhob sich und wollte zu Pan weiter, als sie taumelte.
"Hope!", Peter wollte aufspringen und zu ihr, doch sank schmerzend wieder auf seinen Stuhl. Das Mädchen lächelte leicht und kam auf ihn zu: "Alles ist gut. Lass mir dir helfen."
Sie wollte nach seinen Handgelenken greifen, doch Peter zog sie zurück. Auf ihren fragenden Blick hin schüttelte er den Kopf: "Du bist Schwach. Ich will nicht, dass du dich so überanstrengst. Deine Kräfte sind nicht unbegrenzt, du bist geschwächt."
Doch Hope schüttelte energisch den Kopf: "Es ist meine Entscheidung und jetzt gib mir deine Hände."
Er wollte nich etwas sagen, doch entschied sich dagegen. Ohne Protest reichte er ihr ihre Hände.
Slightly reichte ihr ein paar saubere Bandagen, mit denen sie Peters Hände verband. Dann schloss sie die Augen und konzentrierte sich auf seine Verletzungen. Unter ihren Fingern spürte sie, wie sich die Wunden schlossen. Pan zog scharf Luft ein und verzog das Gesicht. Besorgt sah Hope zu ihm auf: "H-hab ich dir weh getan? Das wollte ich nicht. Ich..." Doch weiter kam sie nicht, da hatte er seine Lippen bereits auf ihre gedrückt, um sie so zum Schweigen zu bringen. "Nicht jetzt ihr zwei", brummte Nibs, während er an seinem heißen Tee nippte. Hope verdrehte die Augen, als sie sich von ihm löste und schenkte Nibs einen säuerlichen Blick. Dieser grinste sie schief an, dann wandte er sich an Pan: "Was ist denn jetzt passiert? Ihr wart ja nicht in der Lage zu reden, als ich euch getroffen habe." Pan seufzte und stützte sein Gesicht in seine Hände. Mit einem mal wirkte er völlig fertig und niedergeschmettert.
Hope wusste nicht was ihn bedrückte, doch sie wollte ihm zeigen, dass sie für ihn da war. Tröstend legte sie ihm eine Hand auf die Schulter.  Peter seufzte und begann zu erzählen: "Es war nur eine Routinepatrouille, doch dann erreichten wir die Meerjungfrauen Lagune. Wir hörten einen Hilferuf und sahen wie Schattengestalten die Lagune heimsuchten..."
Hope wollte nachfragen, wie es den Meerjungfrauen ging, doch Pans Gesichtsausdruck nach zu urteilen, wohl nicht so gut. "Was genau ist passiert?", fragte Nibs vorsichtig. Curlys kraftlose Stimme meldete sich: "Schatten, die aussahen wie Hunde griffen die Meerjungfrauen an. Sari und Aurelie konnten fliehen. Fauna und sieben weitere erlagen ihren Verletzungen..." Das Mädchen spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog.
Fauna war Tod.
Dagegen war es nur ein schwacher Trost, dass es Sari und Aurelie gut ging. "Hope?", eine Hand auf ihrer Schulter ließ sie zusammenzucken. Peter sah sie besorgt an: "Du weinst." Sanft wischte er ihr die Tränen weg, doch Hope konnte nicht aufhören.
Ihr wurde erst jetzt wieder bewusst, in was für einer Welt sie gefangen war. 
Nibs sah Pan ernst an: "Es wird langsam ernst, Peter!" Dieser nickte und stand auf: "Ich will das ihr euch ausruht. Morgen treffen wir uns hier, um zu gucken wie es weitergeht. Ruht euch aus Jungs."
Ein Murmeln ging durch die Reihen der Jungs, als sie den Raum verließen.

Zurück blieben nur Nibs, Pan und Hope, die nervös zwischen den Jungs hin und her sah.
Der große Blonde sah seinen besten Freund fragend an: "Was genau hast du jetzt vor?" "Ich weiß es nicht...", seufzte Pan. Die Beiden wechselten einen undefinierbaren Blick, dann lag ihre ganze Aufmerksamkeit auf Hope.
Diese wurde auf ihrem Platz immer kleiner. Ein Gefühl, dass sie mittlerweile gut genug kannte, kroch aus ihrem Innern hervor.
Es war die blanke Panik. Panik und Angst, vor dem was auf sie zukam.
Es war Nibs, der nun eine Hand auf ihre Schulter legte. Beruhigend strich er ihn über den Rücken: "Dir wird nichts passieren." Hope nickte schwach, sah ihn aber nicht an. "Wir sollten auch schlafen gehen", meinte Peter und streckte Hope seine Hand entgegen. Ohne ein Wort ergriff sie diese und ließ sich mitziehen.
Gemeinsam gingen sie die Treppe hoch.
Sie wollte gerade zu  ihrem Zimmer gehen, doch Peter hielt sie zurück: "Du kommst mit zu mir." Seine Stimme ließ keinen Raum für Widerspruch, als er Hope mit sich zog.
Erst in seinem Zimmer blieb er stehen. Die Zimmertür fiel hinter ihm zu.
Hope wollte etwas sagen, doch dazu kam es nicht. Pans Lippen lagen auf ihren und er drückte sie fordernd an sich. Es fühlte sich an, als wolle er sie nur wieder los lassen. Sanft drückte Hope ihn von sich, nur um in seine Giftgrünen Augen zu sehen. "Du solltest deinen Rat befolgen", hauchte Hope. Peter nickte und ließ von ihr ab. Erschöpft fiel er auf sein Bette. Sie ließ sich neben ihm nieder. "Pan... ich...", doch weiter kam sie nicht. Er packte sie und zog sie zu sich aufs Bett.
Da lagen sie nun, Schulter an Schulter und starrten an die Decke.
Keiner wusste, was nun zu tun war. Sie standen am Abgrund und konnten nicht zurück.
"Peter... ich habe Angst", flüsterte sie, als sie sich zu ihm umdrehte. Auch Pan drehte sich nun mit dem Gesicht zu ihr: "Ich auch..." Einen Arm legte er an ihre Hüfte und zog sie zu sich. Hope schloss die Augen und schmiegte sich an ihn. Sein Herzschlag und der gleichmäßige Atem beruhigten sie.
Ihre Lider wurden schwer, bis ihre Augen schließlich zufielen.

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