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Ich war alleine mit Sallron im Raum zurückgeblieben. Beruhigend lächelte er mich an. Anscheinend konnte man mir meinen aufgewühlten Zustand vom Gesicht ablesen.
"Bitte folge mir Divina, es ist nicht weit, dann kannst du dich ausruhen. "
Da ich ja jetzt ohnehin nichts unternehmen konnte, tat ich ihm den Gefallen und blieb ihm dicht auf den Fersen, als er eine kleine Tür am anderen Ende des Zimmers ansteuerte. Dahinter befand sich ein kurzer Gang, ebenfalls in weiß und eine weitere, diesmal aber prachtvoll mit Gold und Silber verzierte Tür am Ende.

Leise öffnete er sie und hielt sie für mich auf. Staunend trat ich in den Raum, der dahinter lag. Damals als ich noch am Leben war, hatte ich oft zusammen mit meinem Freund, einfach nur so zum Spaß, Traumhäuser entworfen. Wir hatten geplant, dass wir nach dem Vorbild dieser Pläne unser eigenes Haus bauen würden, sobald wir genügend Geld zusammenbekommen hätten. Allerdings ist es nie so weit gekommen. Er verließ mich wegen einer Anderen und bald darauf wurde mir auch schon Lungenkrebs diagnostiziert. Ja, das Leben meinte es damals wirklich nicht gut mit mir.
Aber jetzt wo ich mich so umsah, glaubte ich fast, wieder in der Vergangenheit gelandet zu sein.

Ein gemütlich wirkendes Wohnzimmer breitete sich vor mir aus. Bis auf eine große Glasfront waren alle Wände in Eierschalenfarbe gehalten. Ein paar Sofas und Sessel standen in einer leichten Vertiefung in der Raummitte. Der abgesenkte Parkettboden reichte bogenförmig bis zu den Glasfenstern hin. Ein Wohnzimmertisch und blühende Pflanzen in allen Formen und Größen rundeten das Gesamtbild ab. Vorsichtig trat ich näher. Es war meinem Traumhaus so ähnlich, dass es schon fast unheimlich war.

Mein Blick blieb an einer der vielen Türen hängen, die aus dem Raum führten. Warum kam mir das alles so vertraut vor? Als hätte ich hier schon immer gewohnt. "Unglaublich" hörte ich Sallron hinter mir murmeln. "So etwas habe ich noch nie gesehen ."

Überrascht drehte ich mich zu ihm um. Verwundert fragte ich ihn "Warst du etwa noch nie hier?" "Doch schon, aber da sah es hier drin noch ganz anders aus. Das hier ist nämlich eine intelligente Wohnung. Sie passt sich automatisch den Wünschen ihres Besitzers an."

Ich riss die Augen auf. "Heißt dass, sie kann meine Gedanken lesen !?" Mein Gegenüber lachte leise. "Nicht ganz. Sie ist nur in der Lage deine Wünsche anhand deiner Gehirnaktivität zu ermitteln. Gedankenlesen ist da noch ein Tick komplizierter."
Ich starrte ihn an. Wollte er mir damit etwa gerade sagen, dass sie in der Lage waren, alles herauszufinden was in meinem Kopf vor sich ging? Sallron schien mein Entsetzen entweder nicht zur merken, oder aber einfach zu ignorieren, denn er fuhr fort. "Auf jeden Fall habe ich so eine Einrichtung noch nie gesehen! Sag, sieht so deine Heimat, das Paradies aus ?"

Seine braunen Augen musterten mich neugierig. Gott! Ging das jetzt schon wieder los? Genervt erhob ich meine Stimme "Wie oft denn noch? Ich bin keine Göttin, heiße nicht Divina und habe zuvor auch nicht im Paradies, sondern in einer Raumsonde gewohnt!"
Ich funkelte ihn aufgebracht an . Ich weiß, ich weiß . So von Null auf 100 ist nicht gerade höflich, aber dieses dauernde Missverständnis ging mir tierisch auf den Keks!

Wieso grinste er mich jetzt so komisch an? Nahm er mich etwa nicht ernst? Er sagte zwar, er hätte es verstanden, aber irgendwie glaubte ich ihm das nicht so richtig. Verärgert schnaubend wandte ich mich von ihm ab und beschloss erst einmal die Wohnung zu besichtigen. Vielleicht würde ich mich dabei ja abregen.

Also steuerte ich die Tür an, die mir am nächsten war an. Es war die erste von dreien auf der rechten Seite des Wohnzimmers. Sallron folgte mir, immer noch lächelnd. Vorsichtig öffnete ich die schlichte Holztür. Wie nicht anders zu erwarten, befand sich mein Traumschlafzimmer dahinter. Ein einladend wirkendes Kingsize-Bett, beigefarbene Wände, ein dunkler Parkettboden und zwei lange, weiße Spitzenvorhänge vor zwei Fenstern. Außerdem hing noch ein großer Spiegel an der Wand.

Ich erstarrte als ich hineinblickte. Das waren jetzt also meine Gesichtszüge? In meinem früheren Leben war ich zwar getauft gewesen, jedoch hatte ich nie wirklich an Gott und den Himmel geglaubt. Hätte mich aber jemand gefragt wie ich mir einen Engel vorstellte, hätte ich ihn wohl genauso beschrieben wie die Person die mir gerade entgegen sah.

Meine Haare flossen mir in seidenen Wellen den Rücken hinab. Jede einzelne Strähne glänzte wie gesponnenes Gold. Sie umrahmten anmutig ein elfenartiges Gesicht. Ausdrucksstarke, schimmernde, dunkelblaue Augen lagen unter elegant geschwungenen Augenbrauen, einer geraden Nase und Lippen, die geradezu zum Küssen einluden. Als wäre das noch nicht genug, sah auch meine Haut aus wie nach einer Photoshop-Bearbeitung. Straff und hell, ohne jegliche Unreinheiten. Pickel suchte man hier vergebens. Dabei sah ich aus wie gerade mal 20!

Plötzlich weiteten sich meine Augen erschrocken als mein Blick tiefer ging.
Was zum...
Lief ich hier etwa schon die ganze Zeit splitterfasernackt durch die Gegend? Oh verdammt. Nur nichts anmerken lassen. Was soll ich denn jetzt machen ? Sallron schien es ja nicht so stören. Außerdem war es ja nicht mal mein eigener Körper der gerade so entblößt war.
Aber irgendwie doch...
So ein Bullshit!
Ich frage einfach. Was kann ich schon verlieren?

"Ähm... Hey, Sallron. Eine Frage. Gibt es hier zufälligerweise auch etwas zum Anziehen?"
Erstaunt wand er sich mir zu. "Lauft ihr im Paradies nicht immer so rum? Du solltest dich keineswegs dazu gezwungen fühlen, unsere Angewohnheiten und Sitten zu übernehmen!"

Ich versuchte gar nicht erst ihn noch mal auf das 'keine Göttin' hinzuweisen, sondern meinte einfach nur schnell "Das stört mich nicht. Im Gegenteil fühle ich mich sogar unwohl dabei, die einzige im Raum zu sein, die keine Klamotten trägt." Sallron grinste
"Na wenn das so ist, dann suchen wir mal einen Kleiderschrank, oder?"
Erleichtert lächelte ich auch.
"Ja, so schnell wie möglich!"
Mit diesen Worten drehte ich mich um und marschierte geradewegs wieder ins Wohnzimmer zurück.

Göttin der WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt