Kapitel 7

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Jeff

Ich hasse lange Fahrten. Das tue ich jetzt und hab es damals schon. Mir wurde dabei immer schlecht und es war bereit mehr als ein Mal vorgekommen, dass ich mich übergeben hatte. Wenn ich dann auch noch öffentlich Verkehrsmittel benutzen muss, ist die Grenze bei mir endgültig überschritten.
Adiós amigos.

Dementsprechend gut gelaunt saß ich an diesen Morgen in einem Zug nach Berlin. Dass ich in einem anderen Abteil hockte als meine beiden Freunde, sorgte dabei nicht wirklich dafür meine Stimmung aufzuheitern.

"Jeff, du hast nicht zufällig Lust mir zu erzählen was los ist, oder?", fragte mich mein Sitznachbar, als er sich wieder in den Sitz neben mir plumpsen ließ.

Ich seuftzte auf. Dezent gereizt antwortete ich:"Nicht wirklich, nein".

Seit fast geschlagenen zwei Stunden versuchte dieser Junge ein Gespräch mit mir aufzubauen und obwohl ich ihm klare Zeichen gab, dass ich absolut keine Lust hatte mit ihm zu sprechen, ließ er einfach nicht locker.

Seinen Namen hatte ich bereits wieder vergessen, als er ihn mir nannte, aber er schien eine gewisse Besessenheit für meinen Namen zu besitzen, denn ständig stupste er mich an mit den Wörtern: "Hey! Jeff. Jeff. Jeff. Jeff. Psst... Antworte mir!".

Und vorhin, da hatte er regelrecht angefangen über meinen Namen zu philosophieren: "Ist Jeff eine Abkürzung für irgendwas? Mhh... Vielleicht Jefferson? Geoffrey? Oder-". Ich starrte ihn verstört an. Geoffrey. Was ist das für ein Name? Und was hat der bitte mit Jeff zu tun?

Außerdem: hat er nichts besseres zu tun als über meinen Namen nachzudenken?

"Wusstest du", nachdenklich sah er mich an, "Ich glaube ich hab mal gelesen was der Name Jeff für eine Bedeutung hat... So was wie göttlicher Friede oder so".
Er tippte sich nachdenklich auf sein Kinn und nickte abwesend.

Ich rang mir ein höfliches Lächeln ab.

Okay. Also jetzt ist sicher: Dieser Junge hat keine Hobbys.
Wer liest in seiner Freizeit lauter Bedeutungen von verschiedenen Namen durch und merkt sich diese dann bitte noch dazu?

Vollkommen entnervt fuhr ich mir durch meine Haare, dieser Tag konnte wirklich gar nicht mehr schlimmer werden. Erst hatte Luc mich dabei ertappt wie ich verschwinden wollte, dann kam ich auch noch fast zuspät beim Gleis an und nun wurde mein Sozialverhalten gegenüber fremden Menschen von diesem gruseligen Jungen getestet. Ich war wirklich drauf und dran ihn aus Frustration einfach eine runter zu hauen...

Auch wenn ich ihn auf ungefähr mein Alter schätzte, wirkten seine Annäherungsversuche auf mich eher abschreckend als in irgendeiner Weise sympatisch.

Nop, der Junge war eindeutig suspekt. Wer labert auch einfach fremde Menschen an? Und das, die ganze Zeit, fucking zwei Stunden lang!

Es war wirklich anstrengend ihn zu ignorieren, wenigstens hatte ich den Fensterplatz erwischt und konnte die vorbeiziehende Landschaft bewundern. Das war so... äh ja, spannend. Ähem, genau.

Hier ein Baum, wusch und vorbei. Noch einer... Und schon wieder der Nächste, er sah irgendwie aus wie ein Edgar... Und wieder verschwunden. Schade, er erschien mir eigentlich wirklich sympatisch, dieser Baum...

"-Erik. E-R-I-K. Das ist ganz leicht. Sprich mir nach: E. R. I. K.", sprach der Junge und holte mich damit wieder zurück in die Realität. Jeden Buchstaben zog er dabei ihn die Länge und es hörte sich an als würde er mit einem begriffsstutzigen Kindergartenkind reden.

Verstört starrte ich ihn an. War er irgendwie gestört oder wollte er heute einfach mal den creepy Typen raushängen lassen?
Ich drückte mich wenn möglich noch enger an die Wand des Zuges. Sorry Susi, ich weiß Kuscheln ist nicht so dein Ding, aber es muss grad sein.

Er ist nicht mein Mate!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt