Das vierte Treffen

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Heute war es ein schweres Treffen für Christina. Sie würde ein unangenehmes Geständnis ablegen und Schwäche zeigen müssen. Aber das würde sich nun einmal nicht vermeiden lassen. Und wenn es einen Ort gab, an dem das möglich war, dann hier. Schweren Herzens schlurfte sie also nach vorne und begann nach der Begrüßung zu reden.
“Ja, ich muss sagen, dass ich mich, ähm, heute nicht so gut fühle, weil ich,“, sie atmete tief durch und fuhr dann fort, “einen Rückfall hatte.“
Die Zuhörer waren zuerst erschrocken, weil sie große Stücke auf Christina hielten. Aber andererseits war sie natürlich nicht die erste, der so etwas passiert war. Deswegen war die Stimmung zwar betrübt, aber dennoch gefasst.
“Es passierte letztes Wochenende. Der Tag war besonders scheiße und dann bekam ich auch noch die Nachricht, dass meine Mutter zusammengebrochen ist und ins Krankenhaus gefahren werden musste. Wir sind zwar seit der Sache mit dem Alkohol nicht mehr so dicke, aber besorgt bin ich natürlich trotzdem geworden. Und dann stand da noch ein Kasten Bier in der Küche rum. Und ich hätte es eigentlich besser wissen müssen, aber bei der ganzen Scheiße, die da in mir abging, da konnte ich mich einfach nicht mehr in den Griff bekommen.“
Das öffentlich zuzugeben, hatte sie viel Überwindung gekostet, weswegen sie jetzt anfing zu schluchzen und Tränen über ihr Gesicht liefen. Sie konnte einfach nicht mehr in sich halten, wie sehr sie sich dafür schämte, solch primitiven Neigungen verfallen zu sein und monatelange harte Arbeit zunichte gemacht zu haben. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder in der Lage war, zu sprechen.
“Wisst ihr, das war auch meine erste Reaktion. Weinen, Selbstmitleid, aufgeben, alles hinschmeißen wollen, so wie schon früher. Aber dennoch stehe ich jetzt wieder hier. Weil mich diese Denkweise erst in die ganze Scheiße hier reingeritten hat. Und weil ich daraus gelernt habe, dass Jammern und Liegenbleiben nichts bringt. Deswegen werde ich es jetzt besser machen und etwas am Problem ändern.“
Als sie wieder zu ihrem Platz zurückging, war der Applaus lauter als je zuvor. Sie hatte allen aus der Seele gesprochen, mutig ihr Privatleben und ihre Schwächen offengelegt und obendrein noch einen guten Hinweis für das Leben und den Umgang mit Problemen geliefert. Und wenn so etwas den Menschen keine Hoffnung gab, dann war das Geben von Hoffnung vermutlich unmöglich.

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