4 - Befehl Nummer 1

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Es ist wirklich sehr komisch, vor allem diese Regeln, die da standen. Wieso sollte ich mir selbst das Leben nehmen? Ich bin ein zufriedener Mann, Mitte 50. Ich habe überhaupt keinen Grund, mir das Leben zu nehmen. Ich blätterte um, die Regeln waren ja recht eindeutig formuliert. Ich wüsste nicht, wieso ich die Regeln brechen sollte, aber wirklich erfahren wollte ich dies nicht. Auf jeden Fall war das Buch schon mal recht spannend. Ursprünglich dachte ich, dies sei lediglich eins von Opas langweiligen Kamellen, welche er mir gerne vorgelesen hatte, als ich noch ein Kind war.

>>Information: Dieses Buch wird Ihnen Befehle stellen. Jeder Befehl ist Teil der Prüfung. Um die Prüfung zu bestehen, müssen Sie alle Befehle in geschriebener Reihenfolge erfüllen.<<

Hm, klingt ja recht interessant, doch eigentlich wollte ich mir einen ruhigen Abend machen und jetzt keine Befehle ausführen. Dieses Buch ist definitiv sehr komisch, vor allem die Tatsache, dass ich offenbar die Worte meines Opas lese, was ich aber noch immer nicht ganz glauben kann.

>>Befehl: Dunkeln Sie den Raum, in dem Sie dieses Buch lesen, ab. Lesen Sie erst in einem dunklen Raum weiter.<<

Haha, nein, das mache ich nicht. Ich habe den Kamin gerade erst angemacht und zum Lichtschalter will ich jetzt auch nicht laufen. Wie gesagt will ich mir nur einen bequemen Abend mit einem spannenden Buch machen. Außerdem weiß ich ja, wie mein Wohnzimmer im Dunkeln aussieht, also von daher wird das glaube ich wohl passen.

Mein Opa ist tatsächlich aufgestanden und hat die Kerzen der Wandleuchten ausgepustet, eine Kerze hatte er angelassen, damit er weiterlesen konnte. Es war also offenbar okay, um ein wenig Licht anzulassen, sodass man auch weiterlesen konnte.

Mir wird etwas mulmig, ungefähr so, als würde ich an der Kasse stehen, müsste zahlen und hätte nicht genug Geld dabei. Mein Blick wanderte von der Seite wieder zum Lichtschalter, vielleicht sollte ich das Licht wirklich ausschalten. Der Kamin war hell genug, um auch ohne Deckenlicht zu lesen. Wobei es auch Quatsch wäre, das Licht auszuschalten, nur weil eine dämliche Seite in einem alten Buch mir das sagt. Lächerlich.

Ich blieb daher einfach bequem in meinem Sessel sitzen und las weiter, wie mein Opa las, wie er offenbar auch las, was jemand gelesen hatte und so weiter. Ich frage mich, wer die erste Person dieser Kette ist. "Da hat Renate mir auf jeden Fall ein spannendes Buch geschenkt", dachte... dachte? Ja, dachte mein Opa. Renate... Also ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in meiner Familie eine Renate gab, wird dann wohl eine Bekannte von meinem Opa gewesen sein.

Das mulmige Gefühl nahm weiterhin zu, ich spüre ein Verlangen in mir, das Licht auszuschalten. Etwas verwundert von mir selbst stand ich daher auf, lief zum Lichtschalter und schaltete das Deckenlicht aus. Auf dem Rückweg zum Sessel stieß ich mit meinem kleinen Zeh gegen eins der Tischbeine. Uff, aua, das tat weh. Naja, geht schon wieder und... aaah, ich sitze wieder.

Das Buch hatte ich auf den kleinen Tisch neben den Sessel gelegt und nahm es nun wieder in die Hand. "Jetzt, wo die Kerzen aus sind, wird es hier doch etwas frisch.", las ich. Sekunde, das war nicht die Seite, auf der ich gerade noch gewesen bin. Ich blätterte schnell zurück und hoffte auf irgendeine Art und Weise, dass ich nicht ertappt worden sei. Würde das Buch mich echt bestrafen können, wenn ich Seiten überspringe? Ich wollte es irgendwie nicht ausprobieren, andererseits war es auch lächerlich, daran zu glauben, dass dieses Buch mir wirklich etwas anhaben könnte.

Mir wurde das gerade etwas zu komisch, vor allem, weil ich jetzt in einem abgedunkelten Raum saß. Irgendwas gab mir das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich sah mich kurz um, aber natürlich konnte ich nichts entdecken. Was sollte auch schon da sein, ich wohnte schließlich alleine. Der dunkle Raum ließ allerdings schnell ein Gefühl der Müdigkeit aufkommen, ich las daher nur noch diese Seite zu Ende und wollte danach ins Bett gehen.

Ich klappte das Buch daher zu, erstickte das Feuer im Kamin und machte mich bettfertig. Ich putzte mir schnell die Zähne und legte mich danach ins Bett, schloss die Augen und schlief ein...

ChainedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt