V01CH03- Minori

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Die Welt war voller Farben. Bunte, helle Farben. Fröhliche, ausgelassene Farben. Aber nur für diejenigen, die sich auch die Zeit nahmen, diese wahrzunehmen. Für die Meisten Menschen war die Welt eher farblos, schal, fade. Meistens waren es nicht die Reichen, sondern die, die nichts hatten, die die Welt ähnlich wahrnahmen wie Minori.

Jeden Tag wanderte Minori durch die Straßen, ständig auf der Suche nach neuen Farbtönen. Oft bekam sie schräge Blicke von der Seite, weil sie meist mit ihrem Feldstecher an den Augen herumwanderte. Leider brach fast immer das Lächeln, sobald sie die Feldstecher von den Augen nahm, und die Leute ihre roten Augen sahen.

Aber Minori machte das nichts aus. Sie war nicht der Typ, der jemandem böse war wegen einer solchen Kleinigkeit. Auch ließ sie sich nicht unterkriegen von irgendwelchen spöttischen Bemerkungen.

Ihr Vater hatte ihr immer gesagt, sie solle nicht auf das hören, was die anderen über sie sagten. Wahrscheinlich wäre sie heute ein anderer Mensch ohne ihn gewesen, so wie viele andere, die unter derselben Krankheit wie sie es nannte, litten.

Minori war zwar immer heiter und fröhlich, doch das hieß nicht, das ihr entging, wie die große Menge über die Kinder dachte. Sie entschied sich lediglich, es zu ignorieren.

Heute war sie leider gezwungen, drinnen zu bleiben. Nicht, weil ihr Regen etwas ausmachte. Sie mochte das Gefühl sogar, wenn ihr das Gewand an der Haut klebte, weil es völlig durchnässt war. Das Problem war, dass sie es das letzte Mal damit übertrieben hatte, und dann anschließend fast eine Woche mit Fieber im Bett lieben bleiben musste. Lieber einen Tag als eine Woche daheim bleiben, hatte sie damals entschieden. Außerdem hatte ihr Ersatzvater heute nicht viel Zeit und da sie zu einer der Ältesten im Waisenhaus war, half sie aus bei der Sorge um die Kleineren.

Als ihr Vater vor drei Jahren gestorben war, hatte sie Toshihira Hirunaka bei sich aufgenommen, in seinem unterirdischen Waisenhaus außerhalb der Stadt. Er war in gewisser Weise ihrem Vater sehr ähnlich. Obwohl ihr Vater sich nur ihr gewidmet hatte. Doch sie fühlte sich in keiner Weise benachteiligt. Toshihira bevorzugte niemanden von seinen Ziehkindern.

Manchmal machte sich Minori darüber sorgen, dass der alte Mann sie alle liebte wie seine eigenen Kinder. Ihre heile Welt unter der Erde beiseite war es draußen nicht ungefährlich für Cursed Children. Letzte Woche war Toshihira zusammengebrochen, als er erfahren hatte, dass eine ganze Klasse mitten im Unterricht von Splittergranaten getroffen wurde. Es hatte keinerlei Chance auf Überleben gegeben.

Doch von so etwas ließen sich weder Toshihira, Minori oder eines der anderen Mädchen verjagen. Dies war ihr Platz in der Welt, und niemand konnte ihn ihnen wegnehmen.

Sanft und liebevoll  streichelte Minori einem kleinem Mädchen, Aya, den Kopf, während diese sich unruhig im Schlaf wälzte.

„Warte nur ab Aya, ich werde einen Platz für uns schaffen“, dachte sie sich. „Einen Platz, wo wir alle gemeinsam miteinander leben können.“

The Cursed GenerationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt