Ohne zu fragen, ließ Sylas sich auf den freien Stuhl am Tisch der zuvor erspähten Magier fallen.
Er musste kein Wort verlieren. Neun Augenpaare sahen stumm und verwundert zu ihm hinüber. Der Mann, der Sylas gegenüber saß, bleckte die Zähne. Er hatte sich wohl schon darauf eingestellt, den Rüpel so schnell es ging zu beseitigen.
Sylas' Mundwinkel hob sich zu dem Ansatz eines Schmunzelns und er hob beschwichtigend die Hände. "Schon gut, schon gut. Kein Grund, so die Nackenhaare aufzustellen."
"Was willst du?" Der Mann hatte eine Narbe am Hals. Sie verlief quer über seine Kehle, als wäre sie mit einem sauberen Schnitt aufgeschlitzt und anschließen wieder zusammengeflickt worden. Seine Stimme war rauchig und dunkel.
Sylas' Blick wanderte weiter am Körper des Mannes hinunter und blieb schließlich an seinem Handgelenk hängen. Dieses Symbol... Es war ganz eindeutig ein demacianisches Tattoo. Dieser Mann hatte einmal in der königlichen Garde gedient.
"Ich will mein Zuhause zurück."
Der Mann grunzte höhnisch. "Geh und wein dich bei deiner Mama aus, Kleiner."
Unter anderen Umständen wäre Sylas jetzt womöglich fuchsteufelswild geworden, doch er wusste, dass diese Magier der Beginn allen Enes sein würden. "Ihr seid Demacianer.", er machte eine pause und ließ die Worte auf seine Gegenüber wirken. "So wie ich. Und ich will sie zurück. Meine Heimat."
"Geh nach Hause. Wir sind schon lange keine Demacianer mehr. Diese Stadt hat uns verraten. Wir mussten die Stadt verlassen. Andernfalls hätten wir das als -"
Eine zarte junge Frau unterbrach ihn panisch, "Shht!"
Mit einer Handbewegung wischte er die Zweifel der Frau vom Spielplan. "Iph... er weiß doch längst, was wir sind."
Die Frau senkte den Kopf und nickte dann schwach.
"Ich will diese räudige Stadt nicht wieder zurück, falls es das ist, was du willst.", murrte der.
Sylas atmete tief durch: "Und ihr an deren? Die Frage, die ich wohl noch nicht gestellt habe, war, ob ihr euch eure Heimat zurück holen wollt. Denn wir können sie zurückholen. Ich habe die die Pläne aller Bauten gründlichst studiert und habe eine sicheren Plan aber dafür brauche ich euch. Euch, die ihr wisst, dass Demacia noch immer ein Ort der Magie ist. Euch, die ihr Mann genug seid, zu kämpfen für eure Ideale und ein wohlhabendes Leben in Frieden." Er lehnte sich nach vorn und stützte die Unterarme auf den Tisch ab. "Fühlt euch nicht gedrängt. Wer dabei ist, den erwarte ich morgen früh zum Sonnenaufgang auf der Lichtung im Wald hinter diesem Gasthaus. Und falls ihr noch andere Magier kennt, die ihr als stark und mutig empfindet, bringt sie mit euch. Jede helfende Hand ist ein Schritt auf dem Weg zum Ziel."
Niemand sagte etwas. Dann stand plötzlich einer auf und Sylas blickte ihn erwartungsvoll an. Er hatte nicht erwartet, dass sich einer so rasch aus der Gruppe lösen würde um sich ihm anzuschließen.
"Ich muss pissen.", murrte er.
Sofort schwand das gute Gefühl in Sylas wieder.
Sylas knackte mit seinen Fingern und erhob sich dann ebenfalls. Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden stapfte er zur Tür.Noch bevor der Morgen graute streckte Sylas sich in den weichen Laken des Bettes. Eigentlich war es schade, jetzt aufstehen zu müssen. Beim schlafen ein Bett unter dem Körper zu haben, war er nicht gewohnt aber es fühlte sich so gut an. Es war, als wäre er auf einmal federleicht, seine Schultern waren entspannt und als er in den Spiegel in dem kleinen Badezimmer sah, das gerade großgenug für eine Dusche, ein Waschbecken und eine Toilette war, erkannte er, dass sogar seine Augenringe verschwunden waren. Er strich mit zwei Fingern über die raue Haut unter seinen Augen. Ein lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Er war frei. Frei zu essen und zu schlafen, wann immer er das für richtig empfand. Frei zu gehen, wohin und wann immer er wollte. Ein warmes Gefühl durchflutete seinen Bauch. So fühlte es sich also an? Glück? Zufriedenheit?
Heute war der erste Tag seiner Suche nach Anhängern im Kampf gegen Demacias Streitmacht. Früher hätte er sich das nie träumen lassen, dass er einmal der sein würde, der Demacia angriff. Ihm würden die Magier in den Krieg folgen und wenn es vollbracht war, würde Demacia unter seiner Macht stehen. Noch waren es Träume doch schon bald würde er seinen Plan in die Zukunft umsetzen.
Nach einer kurzen Dusche, griff er nach seinem Shirt, welches auf einem Hocker im Zimmer gelegen hatte und zog sich auch seine Hose wieder an. Sylas rümpfte die Nase. Seine Klamotten rochen grauenhaft. Er musste sie heute dringend waschen sonst würden ihm wohl nur noch die Fliegen folgen.Schwungvoll betrat Sylas die Lichtung hinter dem Gasthaus. Sofort breitete sich eine Gänsehaut auf seinem Körper aus. Was er dort sah war einmalig und unbegreiflich. Er hatte mit einer Hand voll Magiern gerechnet aber es waren so viel mehr. Er überschlug die Zahl kurz im Kopf. Circa hundert Gesichter blickten ihn erwartungsvoll an. Die Worte wollten sich nicht fügen, als er versuchte einen Satz zu formulieren.
—(•·÷[ In einem Gasthaus ein Dorf entfernt von Sylas' Aufenthaltsort ]÷·•)—
Lux blickte auf den Boden ihres leeren Glases und grübelte darüber, wie sie Sylas' Spur wieder finden sollte. Es war keine Stunde her, da war sie in eine entsetzliches Gewitter geraten. Der Regen hatte jede Spur verwischt, die sie vermochte wahrzunehmen. Der Regen hatte gegen ihr Gesicht gepeitscht und sie von Kopf bis Fuß durchnässt. Überglücklich, endlich ein Dorf zu finden, hatte Lux so schnell es ging in diesem Gasthaus Unterschlupf gefunden. Allerdings blieb ihr jetzt keine andere Wahl, als ihn durch reden zu finden. Allerdings war dieser Weg mit einem großen Risiko verbunden. Wenn Sylas erfuhr, dass sie nach ihm suchte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er sie zuerst fand. Sie hatte keine Chance ihn kommen zu hören oder zu sehen. Sie besaß im Gegensatz zu ihm nicht die Fähigkeit andere Magier zu spüren. Es war wohl besser, wenn sie versuchte ihre Fragen durch die Blume zu stellen.
"Es ist keine zwei Tage her, das saß hier ein Kerl und hat genau dieselbe Fresse gezogen."
Lux wurde urplötzlich aus ihren Gedanken gerissen. Eine Frau mit dunklen Haaren und einem Tablett in beiden Händen, stand vor ihrem Tisch. "Darf ich das mitnehmen?", fuhr sie fort und zeigte auf Lux' Glas.
Sie nickte stumm.
Die Frau griff nach dem Glas und stellte es auf ihrem Tablett ab. Sie wendete sich zum gehen.
"Wie sah er denn aus?"
Die Dunkelhaarige blieb stehen und blickte über die Schulter auf Lux hinab. "Warum möchtest du das wissen?"
Lux zuckte mit den Schultern. "Weiß nicht. Hab sonst nichts zu tun."
Sollte sie es ihr sagen? Die Frau wirkte recht vertrauenswürdig. Eigentlich durfte sie sich nicht darauf verlassen, wie sie aussah, doch sie hatte keine andere Wahl. Sie würde sonst nie mit der Sprache rausrücken.
"Ich suche jemanden.", gab Lux schließlich preis.
Die Frau zog eine Augenbraue hinauf. "Ach ja?"
Lux nickte.
"Na, wenn du den suchst, der hier saß, dann tust du mir echt leid. Dem würde ich nicht mal in hundert Jahren hinterher rennen." Sie drehte sich wieder zu ihr und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. "Fürchterlicher Gentleman."
"Das klingt in der Tat nach der Person, die ich suche.", lächelte Lux, von der Sarkastischen Art der Frau amüsiert. "Sagen sie mal, gute Frau. Wie heißen Sie?"
Die Frau blickte Lux erst schweigend an und setzte sich dann auf einen Stuhl. "Violet", sagte sie kurz und bündig. "und wie heißt du?"
"Mein Name ist Luxanna. Freut mich, Sie kennen zu lernen, Fräulein Violet."
"So, du möchtest also wissen, ob der, der an diesem Tisch saß der war, den du suchst?" Violet ignorierte Lux' Höflichkeitsfloskeln gänzlich. "Er war ziemlich groß. Hatte dunkle, etwas längere Haare, einen Bart und eine seltsame Tätowierung auf den Oberarmen. Außerdem war er ziemlich gut gebaut.", beschrieb Violet.
Die Beschreibung könnte zu einigen Männern passen. Allerdings auch zu Sylas. "Hat er seinen Namen gesagt?", wollte Lux wissen.
Violet schüttelte den Kopf. "Nein, das wollte er mir nicht sagen."
Lux schloss die Augen. Das musste er gewesen sein. Er wäre niemals so dumm, jemandem seinen Namen zu verraten, wo er doch jetzt überall gesucht war.
"Danke, Violet. Sie haben mir sehr geholfen.", lächelte Lux. Sie zog etwas Geld aus ihrer Tasche und steckte es Violet zu. "Das ist dafür, dass du niemandem sagen wirst, dass ich mich nach ihm erkundigt habe." Sie packte ihren Rucksack und erhob sich von ihrem Stuhl.
Violet blickte auf das Geld in ihrer Hand und lächelte auf einmal breit. "Danke, Mylady."
Lux sah sie kurz verwundert an. Sie hatte also doch eine Ahnung von Anstand.
Sie machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Gasthaus. Glücklicherweise hatte es aufgehört zu regnen und Lux konnte ihren Weg fortsetzten. Ihre Kleidung war immer noch bis zur Unterhose durchnässt, doch die Entschlossenheit war größer als die Kälte. Sie beschloss, weiter gerade aus zu gehen. Vor nicht mal zwei stunden hatte Sie gedacht, sie hätte jede Chance verloren, ihn zu finden. Doch nun war sie zurück auf dem Schachfeld.
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Light in Chains
AventuraDie Entfesselung der Dunkelheit. Nicht definierbare Gefühle zwischen Licht und Dunkelheit. Eine verbotene Liebe.