„Was machst du hier, Jasmin?", fragt mich mein Vater sichtlich aufgebracht. „Du siehst doch, dass ich gerade am arbeiten bin!"
„Ich muss mit dir reden.", flüstere ich nervös und versuche die an mir haftenden Blicke von Hussein zu ignorieren.
„Wir reden heute Abend, ich muss mich jetzt um unsere Künstler kümmern." „Aber Papa, ich hab' dich seit Wochen schon nicht mehr zu Gesicht bekommen!", erwidere ich vorwurfsvoll. Mir tut es ja leid, dass ich dieses Meeting aus egoistischen Gründen unterbreche, aber wenn ich jetzt nicht hartnäckig bleibe, dann kann ich mir sicher sein meinen Vater vor der Einweisung in die Klinik nicht mehr zu sehen.
„Wie du hier siehst, haben der Herr Akkouche und der Herr Balovatsky nicht den ganzen Tag Zeit."
„Machen Sie sich da keine Gedanken, wir haben alle Zeit der Welt.", mischt sich nun auch Hussein in unser Gespräch ein. „Lassen Sie die Bratina ruhig aussprechen. Die eigenen Kinder stehen immer an erster Stelle.", stimmt sein Freund ihm ernst zu. Dankend schenke ich den beiden ein herzliches Lächeln ehe ich den Brief aus meiner Jackentasche nehme und meinem Vater überreiche.
„Was soll das?", frage ich mit zittriger Stimme. Verdammt, ich muss versuchen stark zu bleiben. Ich darf auf keinen fall jetzt einknicken. Heulen kann ich später immer noch.
Seufzend lehnt sich mein Vater zurück und schaut mir enttäuscht in die Augen: „Ich habe einen Drogentest für dich machen lassen und der war positiv."
Augenblicklich entgleitet mir jegliche Farbe aus dem Gesicht. Hussein schien es nicht anders zu gehen, denn dieser schien plötzlich ziemlich angespannt zu sein.
Wie hatte mein Vater es bloß geschafft, einen Drogentest zu machen, ohne dass ich irgendetwas davon mitbekomme? Er war die letzten Wochen noch nicht einmal Zuhause gewesen oder etwa doch?
Nervös schlucke ich den Kloß im Hals herunter, ehe ich erneut das Wort ergreife: „Papa, ich will diesen ganzen Prozess nicht noch einmal durchmachen. Erst recht nicht ohne Mama. Bitte."
Ich merke wie sich so langsam, aber sicher Tränen in meinen Augen bilden, jedoch unterbreche ich den Augenkontakt, trotz der hier herrschenden dicken Luft, nicht. Sein alleiniger Beschluss, ohne mich vorher in geringster Weise einzuweihen, hatte mich wirklich verletzt und genau diesen Schmerz sollte er sehen. Seit dem Tod meiner Mutter hatten mein Vater und ich nur noch ein distanziertes Verhältnis zueinander. Ich war schon lange nicht mehr sein kleines Mädchen gewesen. Aber dass er so weit gehen würde und eine derart wichtige Entscheidung ohne mein Einverständnis trifft, hätte ich niemals von ihm erwartet. Was sich wohl Hussein und dieser Herr Balovatsky bei dem ganzen Familiendrama dachten? Zugegeben war mir diese Situation schon echt unangenehm.
Ein nachdenklicher Seufzer entfuhr meinem Vater.
„Jasmin. Eine Chance. Ich gebe dir noch eine letzte Chance. Enttäusch mich nicht.", mustert er mich ernst, bis sein Blick etwas sanfter wird, er aufsteht und mich letztlich fest in den Arm nimmt. Wie lange hatte er das nicht mehr getan? Dieses Gefühl fühlte sich so surreal an, dass sich meine Augen erneut mit Tränen füllten.
„Du bist so dünn geworden...", flüstert mir mein Vater besorgt ins Ohr.
Keine Sekunde später lösten wir uns erneut von einander ehe er sich räusperte und ein zuversichtliches „Wir sehen uns heute Abend. Versprochen." von sich gibt.
„Bis heute Abend.", erwidere ich und schenke Hussein und seinem Freund noch ein letztes Lächeln, bis ich vorsichtig die riesige Holztür des Büros schließe. Ohne ihre Geduld, hätte mir mein Vater niemals die Möglichkeit gegeben mit ihm zu sprechen. Dafür bin ich ihnen echt dankbar.
***
Einige Stunden später sitze ich gelangweilt auf meinem Bett und überlege was ich machen könnte. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es gerade 19 Uhr war, das heißt, dass mein Vater vor 21 Uhr nicht nachhause kommen würde. Was sollte ich solange tun? In Gedanken versunken, reißt mich das Klingeln meines Handys wieder zurück in die Realität.
Anonym.
Einen Augenblick spiele ich mit dem Gedanken den Anruf - aus Angst dass es Jamal sein könnte - einfach zu ignorieren. Aber was, wenn der Anruf wichtig war? Oder es Hussein ist? Letzteres überzeugt mich schließlich, doch ranzugehen.
„Boah Jasmin endlich, hast du eigentlich eine Ahnung wie sehr ich dich vermisst habe? Lan ich versuch dich schon seit Monaten zu erreichen!", ertönt die Stimme von Mert.
„Ich hab dich auch vermisst...", gebe ich kleinlaut zu.
Mert war nicht nur mein bester Freund gewesen, sondern auch mein Kindheitsfreund. Damals verbrachten wir fast jeden Tag zusammen und haben schon die größte Scheiße erlebt. Doch nach dem Tod meiner Mutter, hatte ich jeglichen Draht zur Außenwelt abgebrochen und mich von allen isoliert.
„Stammdönerbude Lichterfelde auf meinen Nacken, ich hol dich in 15 Minuten ab, keine Widerrede.", und schon hatte er aufgelegt.
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Guess who is back? 🙋🏻♀️
Nach einer langen Auszeit bin ich auch endlich mal wieder am Start. In der Zwischenzeit ist echt viel passiert und ich hoffe einfach, dass es euch und euren Familien gut geht. 🙏🏼❤️
Na, was habt ihr nach der Quarantäne als erstes vor?
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Bitter so wie Kokain. [ SAMRA FF ]
RomanceEs war mal wieder einer dieser Tage. Einer dieser Tage, an denen ich mich so einsam fühlte. Ich hatte meinen Eltern versprochen damit aufzuhören. Mich auf meine Zukunft zu konzentrieren. Aber wie sollte ich das jetzt nur hinbekommen? Ganz besonders...