Kapitel 1

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,,Hailee!"
Genervt wachte ich auf.
,,Hailee, wir wollen uns noch von dir verabschieden!"

Die Stimmen meiner Eltern zwang mich dazu, die Augen zu öffnen, obwohl ich sie am liebsten geschlossen gelassen hätte. Mein Blick fällt auf die Uhr: 20:34. Wann war es so spät geworden? Hab ich nicht um ungefähr 15 Uhr angefangen einen klischeehaften Liebesfilm zu schauen? Ich muss wohl eingenickt sein, weil ich die letzten Nächte nicht so gut geschlafen habe. Zugegeben tat der Mittagsschlaf ziemlich gut. Außerdem war eh Wochenende, also würde ich hoffentlich bis Montag wieder meinen normalen Schlafrhytmus herstellt. Natürlich ertappte ich mich bei diesem Gedanken, wie ich mir selbst etwas vormachte.

Ich streckte mich noch kurz und ging dann nach unten zu meinen Eltern. Diese standen dort schon formal eingekleidet, während ich mit meiner bequemen, weiten Kleidung angetrottet kam.

,,Hast du etwa gerade geschlafen?", fragte meine Mom verwirrt. Für mich wirkte es aber eher wie ein Vorwurf.
,,Schon möglich", antwortete ich rasch. Ich überlegte, ob ein noch ,,Immerhin kann ich schlafen" hinzufügen sollte, verkniff es mir dann aber. Schließlich war mir klar, dass sie bereits gestresst waren, ohne dass darauf herumhakte, dass Mom kaum noch ohne ihre Tabletten Schlaf fand oder dass Dad andauernd am Arbeiten war, sodass er gefühlt die letzten Wochen gar nicht geschlafen hat. Obwohl sie es bei so einem Kommentar schon verdient hätten.
Stattdessen verabschiedete ich mich von ihnen:,,Tschüss! Ich wünsch' euch viel Spaß in... wo auch immer ihr dieses Wochenende seid."

,,Ach, du weißt doch, was unser Chef verlangt", meinte Dad, wobei ein wenig Verachtung mitschwang. ,,Ständig müssen wir um die Welt reisen, um Kontrollgänge in den Fabriken durchzuführen. Immer dasselbe. Aber immerhin geht's dieses Mal ans Meer. Naja, wir werden nicht viel davon sehen, aber wenigstens können wir dran vorbeifliegen. Übrigens, wenn du Hunger kriegst." Er holte einen im Vergleich zu seinem Anzug schäbig wirkenden Flyer von einem Pizzalieferservice aus seiner Tasche und legte ihn auf den Tisch.
Daraufhin verließ er das Haus. Mom blieb noch einen Moment.

,,Hailee, ich weiß, dass das nicht leicht für dich ist", sagte sie mitfühlend und biss auf ihre Lippe. ,,Aber falls du dich einsam fühlst, hab ich noch eine Überraschung im Kühlschrank für dich hinterlassen." Sie zwinkerte mir zu und machte sich dann auch auf den Weg.

Sobald das Auto wegfahren hörte und wieder Stille im Haus eingekehrt war, überlegte ich, ob ich im Kühlschrank nachschauen sollte, weil ich nun schon etwas neugierig war. Dann strich ich den Gedanken wieder aus meinem Kopf. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass es mir wirklich etwas ausmachte, wenn meine Eltern so oft weg waren. Ich war doch kein Kind mehr, dass ohne seine Eltern nicht auskommt. Ich würde die Süßigkeit -oder was auch immer die Überraschung war- einfach im Kühlschrank stehen lassen, bis sie wiederkamen. Auch wenn ich damit wohl mehr mir selbst etwas beweisen wollte als ihnen.

Die Lust auf Pizza war mir jetzt auch vergangen. Deswegen schaltete ich unten das Licht aus und begab mich wieder in mein Zimmer.

Es dauerte eine Weile bis ich die Stelle im Film gefunden hatte, ab der ich nichts mehr mitbekommen hatte. Und gerade als ich einige Minuten geschaut hatte und es mir wieder gemütlich gemacht hatte, nahm ich ein nervtötendes Klingeln von unten wahr.

RestlessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt