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Nachdem wir den, glücklicherweise gutschmeckenden, Nudelauflauf gegessen haben, setzen wir uns schweigend im Wohnzimmer auf das Sofa. Ich überlege schon seit mehreren Minuten, wie ich dieses Gespräch anfangen könnte und mir fällt absolut nicht ein, wie. Ich will ihn darauf aufmerksam machen, dass er seine Gefühle rauslassen muss aber wie zu Teufel stelle ich das an? Ich kann ja nicht einfach sagen, er soll eine Runde weinen, dann wird alles wieder gut, so ist es nämlich nicht. Erst, wenn er sich wirklich bewusst wird, dass das, was er tut, nicht richtig ist. Genau. Die Morde müssen aufhören, sonst wird das nichts.

„Ich habe mal ein bisschen nachgedacht...", fange ich an und nehme dabei seine Hand, um mit seinen Fingern zu spielen.

„Das wird nicht gut ausgehen, wenn du so weitermachst. Die Menschen sind nicht dumm, sie werden irgendwann herausfinden, wer der Mörder dieser ganzen Menschen ist, die hier umkommen. Sie werden dich dann finden und wer weiß, was mit dir passieren wird, wenn sie dich haben..." Bedrückt beiße ich mir auf die Unterlippe. Je mehr ich darüber nachdenke, desto schlechter wird mir. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passieren wird, ist einfach so hoch und diese Vorstellung, was sie dann mit ihm machen... Kommt er ins Gefängnis? Wenn ja, wie lange? Wenn nicht, was passiert dann? Er hat doch schon so viele Menschen umgebracht, wenn sie ihn einmal haben dann lassen sie ihn doch nie wieder gehen! Ich werde ihn dann nie wieder sehen und er mich nicht. Milo wird doch dann umkommen!

„Sie werden mich nicht finden, ich hinterlassen doch keine Spuren und-"

„Verdammt Milo, und wenn du mal Spuren hinterlässt?! Dir muss doch nur mal ein einziges Haar ausfallen und dann finden sie dich! Sie werden dich finden und mitnehmen! Ich will das nicht." Ich drücke vor Angst seine Hand fester, als ich eigentlich will und mache ihm so deutlich, wie schlimm ich das finde. Er stellt sich das alles viel zu einfach vor.

„Das wird alles nicht passieren, okay? Vertrau' mir da bitte", haucht er leise und küsst meine Wange, bevor er seine Hand von meiner befreit und aufsteht. Wie kann man nur so ignorant sein und das nicht verstehen?

„Woher willst du wissen, dass nichts passieren wird? Was, wenn sie jemand besseren als mich gefunden haben und der dich schon die ganze Zeit beobachtet, ohne, dass du es merkst? Wenn sie schon Informationen von dir gesammelt haben und auch schon wissen wo du wohnst? Und was, wenn sie wissen, dass ich noch bei dir bin? Was-"

„Es reicht jetzt, okay? Ich würde gerne damit aufhören aber du weißt selbst, dass ich das nicht kann. Es ist eine Sucht, die ich nicht unterdrücken kann."

„Es ist keine Sucht", brumme ich und sehe auf meine Hände. Er schiebt es schon wieder darauf... Kann er nicht endlich verstehen, was ich fühle? Muss es erst ausarten, bevor was passiert?

„Was ist es deiner Meinung nach dann?"

„Du lässt nur dieses Gefühl, diese Wut, die du auf den Freund deiner Schwester hast, an unschuldigen Menschen aus. Wieder und immer wieder, weil du nie darüber gesprochen hast. Diese Wut braut sich in dir auf, jede einzelne Minute die du lebst und irgendwann ist diese Wut so groß, dass du sie rauslassen musst. Ich denke, du machst das, indem du diese Menschen umbringst. Oder liege ich falsch?" Milo wollte gerade das Zimmer verlassen, bleibt aber in der Tür stehen, als ich zu Ende geredet habe. Ich denke nicht nur, dass es so ist, sondern es ist so. Er verarbeitet so das Trauma, was er von dem Tod seiner Schwester hat.

Er meinte, sie wäre das einzige gewesen, was ihm als Kind wichtig war. Was er beschützen wollte und geliebt hat. Er selbst wurde von seinem Vater geschlagen und mies behandelt und für Mira hat er alles getan. Als sie dann gestorben ist, muss für ihn die Welt zusammengebrochen sein, denn die einzige Stütze die er hatte, war nicht mehr da. Nun will ich seine Stütze sein. Ich will die Stütze in seinem Leben sein, die seine Welt zusammenhält, ich will das sein, was er beschützen will. Aber dafür muss ich erst mal seine Welt reparieren.

Watcher and KillerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt