Egoismus

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Erschöpft vergrub ich das Gesicht in den Händen. Was für ein Lauf. Und wir hatten es geschafft. Zusammen. Hoffentlich würden wir diese Nacht ruhig schlafen können, was ich bei mir wohl eher bezweifelte. Zu viele Gedanken würden meinen Kopf fluten, darüber wie es weitergehen sollte, wir die nächste Prüfung anzupacken hatten, was vorzubereiten war.

Aaargh!

Es ging ja jetzt schon los. Nie war der Wunsch Chunin zu werden so dringend, so wichtig für mich. Vielleicht wollte ich es mir selbst beweisen, dass ich besser geworden war. Was das jahrelange Training alles gebracht hatte. Und ich es endlich mit meinem Vater aufnehmen konnte. Wobei...hin und wieder zweifelte ich daran, war ich doch mehr als halb so alt wie er. Er hatte mehr Kampferfahrung und...

„He Tora. Jetzt mach dir mal nicht so nen Kopf. Morgen wird schon. Heute ist erst mal heute, klar?"

Kiba hatte sich neben mich gesetzt, legte die Hand auf meine Schulter, ein Grinsen aufsetzend, blickte er mir ins Gesicht. Akamaru trat neben ihn und legte seinen Kopf auf mein Knie. Sah aus runden, braunen Augen zu mir auf. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Auch wenn er nun erwachsen war, manchmal reichte schon ein solcher Blick, um mich aufzuheitern.

Kurz atmete ich durch ehe sich mein Körper von selbst erhob. Kibas Hand verließ meine Schulter keineswegs. Seit Naruto fort und Shikamaru größtenteils mit seinen Aufgaben als Chunin beschäftigt war, hatten ich immer mehr Zeit mit meinem Team verbracht. Mit Hinata verband mich inzwischen eine innige Freundschaft, die auf starkem Vertrauen basierte. Kiba und ich waren sowas wie dicke Kumpel und Shino ein guter Freund.

Und ich genoss die starke Beziehung zu meinem Team. Gemeinsam hatten wir uns aufgebaut, waren stärker geworden. Ein jeder hatte von dem starken Band profitiert, das zwischen uns entstanden war. Vor allem Hinata. Die Hyjuga war regelrecht aufgeblüht, durch das viele Vertrauen, welches wir in sie gesetzt hatten. Nicht nur ihr Chakra war entscheidend stärker geworden, auch die Fähigkeiten. Sogar ein paar neue Jutsus hatte sie erfunden.

Als wir den Speisesaal betraten, war dieser schon ziemlich voll. Alle saßen sie da und starrten aufs Essen. Ich verzog das Gesicht. Wenn die sich alle gleichzeitig draufstürzen würden...ein gutes Ende...nein, das würde es ganz sicher nicht geben.

Lässig schlenderten wir an der langen Tafel vorbei. Unbemerkt von den anderen konzentrierte ich mein Chakra und ließ unauffällig Brot und Gemüse in meinen Taschen verschwinden. Mein Team sollte schließlich etwas zu Essen bekommen.

Schwere Schritte bewegten sich in unsere Richtung. Ein recht breit gebauter Genin kam in unsere Richtung. Ein Stück getrocknetes Fleisch hatte er bereits in der Hand. Sein Augenmerk, war jedoch recht deutlich auf die gedeckte Tafel gerichtet. Ihm schien recht warm zu sein, denn das Wasser lief in Strömen seinen Körper hinab. Auch ich schwitzte ein wenig, aber dennoch nicht so extrem wie er.

Dennoch blieb ich fest stehen.

Als er sich noch weiter bewegte, kam Bewegung in die Masse. Mehrere Genin sprangen gleichzeitig auf den Kerl zu und stießen ihn zurück. Dennoch konnten sie wenig ausrichten. Große, klebrige Schweißtropfen flogen durch die Luft, auf das Essen zu. Bevor ich jedoch den unsichtbaren Schild nutzen konnte, wehrte Neji mit einer seiner Rotationen diese ab.

Das hatte jedoch leider zur Folge, dass all das Essen, zu Boden gefegt wurde. Die Tafel war zerstört. Niemand schien das, was dort lag, noch essen zu wollen. Beim fetten Fleisch und den gebratenen Eiern konnte ich es ja noch verstehen, aber die ganzen Brote und Semmeln. Der Boden sah jetzt nicht danach aus, als wäre er total dreckig. Im Gegenteil. Ich verstand das Problem nicht und wollte mich schon bücken, um ein paar Scheiben aufzulesen, als ich eine wütende Stimme wahrnahm.

„Was fällt euch ein? All das schöne Essen", sagte ein wütender Genin aus dem Grasreich.

„Was habt ihr mit unserem Kameraden gemacht. Das wird euch noch leidtun."

Kiba hob die Hände, schien sich entschuldigen zu wollen.

„Bitte nicht missverstehen. Wir wollten nur unser Essen retten."

Entnervt schüttelte ich den Kopf. Das würde bestimmt noch ausarten. Die Situation war definitiv nicht mehr zu retten. Wenn man einmal von den vielen wütenden Ninjas absah, die jetzt gegen uns aus Konoha standen. Super Aussicht. Wirklich.

Das schwarzhaarige Mädchen aus Matsuris Team bahnte sich einen Weg nach vorne, baute sich – so gut es eben ging- vor Kiba auf.

„Also wolltet ihr euer Essen retten und unsers war euch egal, was?", schnaubte sie.

Jetzt reicht es allemal. So egoistisch waren wir auch wieder nicht...na gut...vielleicht ein bisschen. Ich zumindest...so im Hinblick auf die Brote, die sich in meinen Taschen befanden. Zu meinem Glück wusste das keiner hier. Kiba zerstörte meine Hoffnung auf einen möglichen Frieden sofort wieder.

„He was soll der Vorwurf. Mal ehrlich. Dass zeigt nur, dass Gaara euch nicht richtig trainiert hat."

Gaanz falscher Satz Kiba. Nicht gut...gar nicht gut.

Die Schwarzhaarige wurde gepackt und zur Seite geschoben. Unwillkürlich trat ich vor und stellte mich schräg neben Kiba, bereits ahnend, was nun kommen würde. Es würde schmerzhaft werden, wenn ich mir ihren Gesichtsausdruck einmal so ansah und Kiba schien es nicht zu sehen, was kam.

„Habe ich da eben gehört, wie jemand Sensei Gaara beleidigt hat?"

Oh oh. Hoffnung definitiv zerstört.

„Das ist absolut unverzeihlich!"

Die letzten Worte schrie sie lediglich, ehe ihre Faust mit voller Kraft auf Kibas Gesicht zusauste. Meine Hand knackte, als sie Matsuris Schlag abfing. Sie hatte Kraft, das musste ich ihr lassen. Ehrlichgesagt konnte ich es mir nicht genau erklären, weshalb ich Kiba geschützt hatte. Zum einen, weil er mein Teamkamerad war und zum anderen hatte ich noch immer die lächerliche Hoffnung diesen Kampf zu stoppen.

Was wohl wieder nicht so klappte wie ich mir erhofft hatte, da nun zusätzliches Kampfgetöse an meine Ohren drang. Kiba stürzte sich gemeinsam mit Akamaru in den Kampf.

„Gaaaatsuuuugaaaa." Ich würde ihn definitiv umbringen. Hatten wir nicht etwas ausgemacht gehabt? War er nicht der erste gewesen, der vollends begeistert zugestimmt hatte? Der konnte was erleben.

Ich knirschte mit den Zähnen und ließ Matsuris Faust los, die nichts dagegen unternahm.

Geübt wich ich fliegenden Fäusten aus, lief unbeirrt auf Kiba zu, der gerade mit einem der Grasninjas rang, packte den Inuzuka am Kragen und schleifte ihn aus der Kampfzone. Matsuri betrachtete mich mit teils verärgerten teils irritierten Blick. Für einen Moment hielt ich inne.

„Ich verstehe deine Wut auf ihn, vermutlich hätte ich ähnlich reagiert, wenn du einen meiner Sensei so beleidigt hättest, aber dennoch werde ich diejenige sein, die ihm hier die Leviten liest."

Zu meiner Überraschung begann sich der Blick der Braunhaarigen zu ändern und sogar der Ansatz eines Grinsens zeigte sich darauf. Sie verstand. Kiba versuchte sich derweil vergebens aus meinem Griff zu winden. Erfolglos. Ich schleifte den Inuzuka zum Rande des Schlachtfelds und ließ in dort fallen. Verärgert blitzte ich mein Gegenüber an.

„Ich dachte wir hätten eine Abmachung gehabt, mein Freundchen?", sagte ich verärgert, während er sich den schmerzenden Nacken rieb.

Kiba knurrte wütend, stand auf, mit dem Versuch durch seine Größe Eindruck zu schinden. Falsch gedacht Freundchen.

„Die hatten es nicht anders verdient. Und außerdem...bist da noch du, Hinata und Shino. Der Rest hat keinen Plan von euren Kräften. Was machen da schon Akamaru und ich aus?"

Was die Beiden ausmachten? Ich glaubte nicht recht zu hören. Eine ganze Menge. Hatte er etwa die ganzen Strategien und Kampfzüge vergessen, die wir zusammen in Kombination geübt hatten? Unsere Gegner würden nun wissen, was sie zum Teil erwarten würde. Zu was die Beiden in der Lage waren und dementsprechend aus vorbereiteter sein.

Entgegen meiner eigenen Erwartung schrie ich ihn nicht an. Sagte nichts von dem was ich dachte. Den anderen würde es nur einen Vorteil bringen mehr über unsere Strategien und Fähigkeiten herauszufinden. Das mussten wir nun weiterhin unterbinden. Um jeden Preis. Wir hatten ein Ziel und würden es erreichen.

Entnervt rieb ich mir über die Nasenwurzel. Das würde lustig werden.

Mein Nacken kribbelte und die kleinen Härchen stellten sich auf. Abrupt war alles in mir auf Alarm gestellt. Von jetzt auf gleich änderte sich meine Haltung und ich warf Kiba einen bedeutsamen Blick zu. Der Inuzuka verstand und brach für einen winzigen Moment den Blickkontakt mit mir, ehe sich unsere Augen wieder kreuzten.

„Die Ame-Nins. Sie beobachten dich", sagte er. Sofort verengten sich meine Augen und ich widerstand dem Drang mich umzudrehen, blieb auf der Stelle, sah starr zu Kiba, welcher mit einem Mal nachdenklich wirkte. Das Gesicht hatte sich verfinstert und es schien als wollte er den gefliesten Boden zu Tode starren.

„Das ist auch nicht das erste Mal, Tora."

Ich hielt inne. Was sagte er da? Wann? Wo?

Doch etwas anderes erweckte meine Aufmerksamkeit. Hinter der Rangelei, die noch immer nicht gestoppt hatte, ... In der einen Ecke schräg gegenüber von uns, nah an der Wand, war einen unebene Stelle. Nein...das war es nicht. Irgendetwas rundes, war dort im Gemäuer...oder davor?

Unwillkürlich machte ich einen Schritt darauf zu, spürte nach wie vor brennende Blicke in meinem Rücken, versuchte sie zu ignorieren, ehe ich es mir anders überlegte, mich auf der Stelle umdrehte und den Blickkontakt aufnahm. Es war das Mädchen mit dem violetten Haar. Ihre gelborangenen Augen fokussierten mich ausdruckslos, ich erwiderte den Blick. Jetzt durfte ich nicht fortsehen, wie ein paar Jahre zuvor bei Ibiki, bloß nicht klein beigeben. Wie von selbst verschränkten sich meine Arme vor der Brust und ich nahm Haltung an, zeigte Selbstbewusstsein.

Dann wandte sie den Blick ab, mit einem Lächeln im Gesicht. Verdattert starrte ich auf ihren violetten Schopf. Was auch immer das war...ich konnte es nicht verstehen. Was sollte das? Irritiert kniffen sich meine Augen zusammen, ehe ich meinen Blick wieder nach vorne in Richtung des seltsamen Objekts, welches nicht mehr da war, ...

Siedendheiß durchfuhr es mich. Natürlich. Was war ich für ein Blindfisch? Dass mir das nicht schon früher eingefallen war. Auch wenn es um die drei Jahre her war, seit ich dieses Jutsu zuletzt gesehen hatte, das lediglich der Beobachtung und zum Spionieren diente.

Tja eine andere Möglichkeit die Chuninprüfung zu überwachen...Moment mal...das hieß dann aber auch, dass er alles gesehen hatte. Was er wohl von der kleinen Auseinandersetzung mit seiner Schülerin und der anschließenden Prügelei hielt. Naja wenn er bisher nicht eingegriffen hatte, würde er es wohl soweit dulden, hoffte ich zumindest...

Und dann explodierte die Decke.


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