Die Flucht

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Es war jener Morgen an dem ich von seinem "Unfall" erfuhr, als ich endgültig beschloss zu fliehen, weit weg von meinem Geburtsort, der mir immer mehr wie die Höhle des Löwen erschien. 
An diesem Morgen schien eigentlich alles gut zu laufen, besser als an den meisten Tagen, um genau zu sein. Ich wachte in dem mir zugeteilten Teil einer Schlafkammer auf, rollte mich auf den Rücken und genoss das vertraute Gefühl des unebenen Steines auf meinem nackten Rücken. Wir schliefen in etwa sechs Stunden am Tag, wenig genug um diese Zeit mehr als alles andere zu schätzen. Ich liebte es zu schlafen, zu träumen und mir all das vorzustellen, wovon mir Zannik so leidenschaftlich erzählt hatte.
An diesem Tag wollte er mich nach vielen Wochen endlich wieder besuchen kommen und ich konnte es nicht erwarten, ihm von meinem ersten selbstgeschmiedeten Schwert zu erzählen.
Ich klopfte mir den Staub von meinem Lendenschurz, der zwar eher nach einem missglückten Versuch etwas aneinanderzunähen aussah,  aber Pflicht für alle jungen Orks war, die im Hawinthocks arbeiteten. Wie gerne hätte ich nur für einen Tag eine menschliche Rüstung angezogen, imponierend, schwer und edel. Ich hatte mich immer gerne in solchen Rüstungen gesehen, als ruhmvoller Krieger, der Seite an Seite gegen das Böse kämpfte. Doch wer war das Böse? War nicht auch ich das Böse, da ich bereits 17 Jahre lang arbeitete, um dem Einen zum Sieg zu verhelfen?
Als ich darüber nachgrübelte, sprang ich über die noch schnarchenden Orks und begab mich in Richtung von Zanniks Gemächern, in denen ich als Junge gelebt hatte. Ich kannte den Weg auswendig und stapfte wohlauf die Gänge entlang. Ich passte auf, damit mich ja keiner sah, schließlich waren Beziehungen unter Orks verboten. Ich spreche nicht unbedingt von Liebesbeziehungen, sondern von Beziehungen jeder Art. Zannik und ich waren Freunde. Als ich schon fast dort angekommen war, mit meinem edlen, neuen Schwert in der einen, und eine wunderschöne dekorierte Scheide in der anderen Hand, hörte ich Schritte, die immer näher zu kommen schienen. Schnell schlüpfte ich in einen Nebengang, dann in eine kleinere verlassene Schmiede. Ich versteckte mich hinter ein paar grob behauenen Felsbrocken und spähte aus der Dunkelheit zur Gasse hinüber. Wenige Augenblicke später, sah ich ein paar Orks die etwas Schweres bei sich trugen. Sie ächzten beinahe unter der Last des Objekts, die sie in einem großen Sack mit sich rumschleppten. Langsam entfernten sich die Schritte der fünf Gestalten.Ich wartete noch ein paar Sekunden, bevor ich mich aus meinem Versteck traute. 
Es war nichts eigenartiges, dass um diese Zeit Orks in den Gängen waren, doch irgendwie wurde ich das beklemmende Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Sie waren zu hastig und zu leise durch den Gang geschlichen, außer deren keuchendem Atem gaben sie keinerlei Geräusche von sich. 
Ich beschleunigte meine Schritte leicht, da ich so früh wie möglich bei Zannik ankommen wollte. Ich bemerkte erst, dass ich angefangen hatte zu rennen, als ich keuchend vor Zanniks Tür  ankam. Was war heute los mit mir? Woher kam dieses beklemmende Bauchgefühl?  War es nur die Aufregung meinen einzigen Freund wiederzusehen, oder die Angst davor, wie er auf meinen Vorschlag von hier wegzulaufen reagieren würde? Ich wartete kurz, um meinen Atem zu beruhigen, bevor ich anklopfte. "Tock, tock, tock"...  Die alte Tür, die aus dem Holz eines riesigen Baumes gehauen wurde, hatte mich schon immer fasziniert. Sie war dunkelbraun bis schwarz und hatte eine wunderschöne, gleichmäßige Maserung. Mit einem leisen Knarren öffnete sie sich. Wie konnte das sein? Zannik hätte seine Tür niemals offengelassen, er hatte doch alle seine verbotenen Bücher und Schriften hier drinnen gelagert. Plötzlich überkam mich ein eiskalter Verdacht, doch ich hatte kaum die Zeit, den Gedanken zu Ende zu denken, da hörte ich laute, zornige Rufe, die aus derselben Richtung kamen, aus der ich nur 5 Minuten zuvor gekommen war. Die Orks, die nun um die Ecke kamen, rannten in großer Eile auf mich zu. Was sollte ich machen? Weglaufen, oder mir einen vermeintlichen Grund einfallen lassen, weshalb ich hier war? Ich überlegte fieberhaft, während die drei Männer mit jedem Schritt näher kamen...,

Der Ork-Herr der Ringe ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt