Bald

15 1 5
                                    


Er schaut aus dem Fenster. Die Hochhäuser ziehen an ihm vorbei. Die Stadt, die sonst voller Menschen, voller Leben ist, wirkt zu dieser frühen Morgenstunde fast wie ausgestorben. Er fühlt sich fremd in dieser Stadt, die er sein Zuhause nennt. Alles erscheint ihm so trist und farblos und eintönig. Es scheint so unwirklich, dass er nun für eine ganze Weile allein sein wird. Er will gar nicht daran denken, wie er nachher in ihre Wohnung zurückkehren muss, in der nun alles leer ist. Seine Gedanken springen zu dem Moment, als es an der Zeit war, Abschied zu nehmen. Wie sie sich umarmt haben. Wie sie ihm einen Koffer in die Hand gedrückt und gemeint hat, sie sei ja nur für eine Weile weg und sie komme ja bald wieder. Und dann, wie sie sich umdreht und ins Flugzeug steigt.

„Bald", denkt er und weiß, dass es ihm vorkommen wird wie eine Ewigkeit oder vielleicht auch wie zwei. Er vermisst sie jetzt schon. Sein Blick fällt auf ihren Koffer. Der Koffer liegt neben ihm, da wo sonst Maries Platz ist. Vorsichtig hebt er ihn hoch, so als wäre er aus Glas und könnte jeden Moment zerbrechen. Er stellt ihn auf seinen Schoß und öffnet langsam die Schnallen. Erst die linke und dann die rechte. Anschließend klappt er den Deckel auf und ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

„Bald", denkt er wieder.

Ein Koffer voller KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt