Es war nicht zu leugnen, dass Stiles das Gespräch mit Mr Hale motiviert hatte. Die Gewissheit, dass wenigstens ein Lehrer erkannt hatte, dass bei ihm noch nicht alles verloren war, gab ihm Kraft. Ständig versuchte er Dinge gut zu machen - richtig gut - doch dabei herum kam selten etwas.
Für die anderen Lehrer war Stiles' Verhalten mit Desinteresse gleichzusetzen, was sich auch in seinen Noten widerspiegelte. Wirklich gut war er nur in Mathe, Physik und Chemie. Doch auch wenn ihm das lag, hasste er die Fächer. Das was ihn interessierte, da versagte er kläglich.
Da er so gut gelaunt war beschloss er, nach der Schule, im Coffeeshop vorbei zu fahren. Er wollte die Mittagspause mit seinem Vater verbringen und ihm eine Freude machen. Seinen Jeep stellte er direkt am Revier ab und lief über die Straße. Wie immer war der Laden um die Zeit gut besucht. Stiles reihte sich in die Schlange der wartenden Meute ein und blickte sich um. Die wenigen Sitzgelegenheiten waren alle besetzt. Der kleine Laden hatte nur vier Tische, drei Sitzplätze an der Theke und vier Stehtische. An einem der Stehtische stand ein Barhocker. Darauf saß niemand anderes als Mr Hale, der gedankenversunken in seinem Milchkaffee rührte, während er etwas las.
Das war das erste Mal, dass Stiles einen Lehrer außerhalb der Schule antraf. Doch auch in diesem Umfeld wirkte Mr Hale nicht weniger eindrucksvoll. Das graue Shirt hatte einen großzügigen Ausschnitt. Die gebräunte Haut bot einen guten Kontrast. Stiles wirkte in grau immer blass und kränklich. Seinem Lehrer stand die Farbe definitiv besser.
Stiles löste sich von dem Anblick, machte einen großen Schritt nach vorn, um wieder zu seinem Vordermann aufzuschließen. Trotzdem war seine Aufmerksamkeit wenig später wieder bei Mr Hale. Die Schlüsselbeine traten deutlich hervor, nicht so zierlich wie bei einer Frau, sondern maskulin. Als der Lehrer sich etwas vorbeugte um seine Position zu verändern erhaschte Stiles sogar einen kurzen Blick auf die durchtrainierte Brust. Er sah nicht alles, aber zweifelsohne tat der Mann was für seinen Körper. Er passte gut zu den Männern in Stiles' Kalender. Scott hatte ihm den geschenkt, um ihm zu beweisen, dass er kein Problem damit hatte, dass Stiles auch irgendwie auf Kerle stand. Stiles hatte es nur belächelt und den Kalender in einer Schublade verschwinden lassen, aber jetzt wo er so darüber nachdachte, würde sein Lehrer da verdammt gut reinpassen.
Wie in Trance machte Stiles einen weiteren Schritt nach vorn. Er besah sich das Gesicht des Lehrers - wie alt er wohl war? Keine Dreizig, da war Stiles sich sicher. Vielleicht Mitte Zwanzig? Der Bart ließ ihn älter wirken, aber wenn man ihm direkt gegenüber saß, dann sah man, dass er jung war. Vermutlich war es noch gar nicht lange her, dass er studiert hatte. War Beacon Hills seine erste Stelle als Lehrer? Was hatte ihn hierher zurückgezogen?
Wieder setzte Stiles einen Schritt nach vorn.
»Er ist ziemlich hübsch«, hörte er die Stimme eines Mädchens.
»Findest du?« Stiles gab sich alle Mühe nicht ertappt zu wirken und wendete den Blick nur langsam von seinem Lehrer ab. Vor ihm stand eine junge blonde Frau, die grade ihre Arbeitskleidung anlegte und ihn mit einem breiten Grinsen ansah.
»Ja ich finde ihn verdammt hübsch«, bestätigte sie.
»Er hat mir Hausaufgaben ins Krankenhaus bringen lassen«, sagte Stiles und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Nun hatte er schon wieder vergessen, dass er den Typ eigentlich nicht leiden konnte.
Erica lachte während sie zwei Kaffeebecher unter die Maschine stellte. Sie war eine Mitschülerin, die meist nach der Schule im Coffeeshop aushalf. Sie kannte Stiles Bestellung bereits und musste nicht mehr fragen.
»Heute irgendwas besonderes? Wir haben Zitronentörtchen.«
»Nein, nur Muffins und Dounuts«, sagte Stiles und konnte es nicht lassen noch einen flüchtigen Blick auf seinen Lehrer zu verwerfen.
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Du darfst mich nicht lieben
FanfictionStiles wollte seinen neuen Lehrer nicht mögen und ganz sicher, wollte er sich nicht in ihn verlieben. Aber wann lief schonmal etwas so, wie Stiles es wollte?