2.

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[Jisung]

Lange sah Jisung den Jungen in seinen Armen an. Sein blasses Gesicht war dreckig und mit Kratzern übersäht, die Augen geschlossen und unter der löchrigen Mütze lugten vereinzelt ein paar Strähnen orangener Haare hervor.

Jisung war erst fähig, sich aus seiner Starre zu lösen, als er eine warme Flüssigkeit über seine Arme laufen spürte. Innerhalb weniger Sekunden verfärbten sich die Ärmel seines weißen Pullovers tiefrot.

Mit schnellen Schritten eilte er ins Bad, wo er den Fremden auf den Fliesen ablegte und begann, ihm die Kleidung vom Körper zu ziehen. Darunter kam eine fast faustgroß aufklaffende Wunde zum Vorschein, die sich über den gesamten Bauchraum zog und wahrscheinlich soeben wieder aufgerissen war.

Jisung wurde übel als er sich bewusst wurde, was das hieß. Seine Hand griff nach seinem Handy, war schon bereit den Notruf zu wählen, als ihm einfiel, dass er das allein regeln musste. Also schnappte er sich einen Verbandskasten, sowie Nadel und Faden, die er vorher gründlich desinfizierte. "Das könnte jetzt wehtun.", murmelte er, eher zu sich selbst, als zu dem bewusstlosen Jungen, der ihn eh nicht verstehen konnte.

Präzise setzte er vorsichtig einen Stich nach dem nächsten, die Zunge dabei hochkonzentriert im Mundwinkel eingeklemmt. Seine Mutter war Ärztin im örtlichen Krankenhaus, da war es nicht verwunderlich, dass er sich einige Tricks von ihr abgeschaut hatte.

Trotzdem war er nervös, wusste was auf dem Spiel stand. Unterlief ihm ein Fehler, wie etwa, dass er die Nähte nicht richtig verschloss, bestand das Risiko, dass die Wunde sich nicht schloss und sein unbekannter Patient wäre schneller verblutet, als dass noch irgendein Notarzt etwas tun könnte.

Mit zittrigen Fingern verknotete er den Faden schließlich, wickelte mühsam noch einen Verband um alles und hüllte seinen unfreiwilligen Patienten in einen Bademantel. Da es nicht nur sehr unhöflich, sondern auch unhygienisch wäre, den armen Jungen da liegen zu lassen, trug Jisung ihn in das Gästezimmer direkt nebenan.

Nachdem er sich versichert hatte, dass der Unbekannte warm eingepackt im Bett lag, wischte der Koreaner das Blut in Bad und Wohnzimmer auf, bevor er die Tür zu seinem eigenen Zimmer aufstieß und sich mitsamt seiner besudelten Klamotten auf die weiche Matratze seines Himmelbettes fallen ließ.

Eigentlich wollte er nur kurz ausruhen und sich dann umziehen, sowie die längst überfälligen Hausaufgaben machen, die er morgen in perfekter Form seinem mehr als pingeligen Lehrer vorzeigen sollte. Aber die spontane Rettungsaktion hatte ihn so geschafft, dass er sofort einschlief.

}×{

Wer von euch bekommt auch ständig total viele Hausaufgaben auf? :/

EXIT // Chensung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt