Genervt lasse ich die alte Treppe zu meinem Dachboden herunter. Seit einer halben Ewigkeit habe ich ihn nicht mehr betreten, doch jetzt muss ich. Eilig klettere ich die rostigen Stufen hinauf und blicke mich vorsichtig um. Staub, soweit das Auge reicht. Alles ist grau und neblig, zudem riecht es modrig und nach Rauch. Ich sollte wirklich mit dieser Qualmerei aufhören, denke ich laut und rede mit mir selbst. Mit irgendjemandem muss ich mich schließlich unterhalten.Mit verengten Augen suche ich nach dem großen Karton, in welchem meine Unterlagen liegen sollten. Mein neuer Arzt ist nicht in der Lage, sich meine Unterlagen von den bisherigen Ärzten zukommen zu lassen. Wie schon so oft, habe ich mir einen neuen Ansprechpartner für mein Problem gesucht und hoffe, dass ich dieses Mal einen erfolgreicheren Weg einschlagen kann. Seit ein paar Jahren leide ich an Blackouts, welche immer häufiger passieren. Nach dem Zwischenfall letzten Sommer schließe ich mich jede Nacht ein, um meine Wohnung nicht ungewollt zu verlassen. Ich will nicht, dass so etwas noch einmal passiert.Ich durchwühle eifrig ein Regal nach dem anderen bis ich alle Unterlagen zusammen habe. Als ich mich zum Gehen abwende, fällt mir etwas glänzendes im Augenwinkel auf. Doch was ist es? Interessiert drehe ich mich zurück und trete ein Stück näher heran. Mit gerunzelter Stirn blickte ich nach oben. Auf dem obersten Regalbrett steht eine alte goldene Schatulle, doch sie ist weder eingestaubt noch angelaufen. Sie sieht aus, als sei sie eben erst gesäubert und dort platziert worden. Doch das kann nicht sein. Der Dachboden ist nur über die Eisentreppe zugänglich, welche in meiner Wohnung angebracht ist.Ich öffne gespannt die polierte Schatulle und traue meinen Augen nicht. Sie ist gefüllt mit Fotografien. Das erste Foto zeigt das Hotel, in dem ich seit mehreren Jahren arbeite. Wann habe ich denn jemals das Hotel fotografiert und die Bilder ausgedruckt? Verwundert stöbere ich weiter und entdecke ein Abbild des kleinen Hauses, in welchem meine Wohnung liegt. Begeistert blättere ich langsam weiter. Das nächste Foto liegt mit der Bildseite nach unten und offenbart mir so seine beschriebene Rückseite: Max, der Sternekoch.Gefesselt drehe ich es um und entdecke mich selbst, wie ich in meiner Küche stehe und ein neues Rezept für die Abendküche im Hotel zubereite. Dieses Gericht habe ich gestern Abend das erste Mal ausprobiert. Panik steigt in mir auf und meine Kehle schnürt sich Stück für Stück zu. Wer hat dieses Bild gemacht? Wieso hat er oder sie es gemacht und WIE kommt es auf MEINEN Dachboden?Ich werde nervös und als auf einmal der Alarm meines Handys los geht, springe ich fast aus meiner eigenen Haut. Ich schaue auf meine Uhr am Handgelenk und stelle fest, dass es Zeit für mich ist, zur Arbeit zu gehen. Ich versuche mich zu beruhigen während ich die Treppe vom Dachboden nach unten steige. Ich werde mir wohl später Gedanken über die Bilder machen müssen, auf der Arbeit kann ich keine Ablenkung gebrauchen.
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Der gespaltene Sternekoch
Mystery / ThrillerDies ist eine Kurzgeschichte im Rahmen eines Projektes von Sebastian Fitzek. #wirschreibenzuhause Gemeinsam mit einer Freundin habe ich diese Geschichte verfasst, weshalb alle Rechte bei uns beiden liegen. Sebastian Fitzek gab uns grobe Vorgaben u...