Skylar
„Wieso bin ich nochmal hier?", fragte ich meinen Vater, als wir gerade die Treppen des Flugzeugs hinunterliefen. „Sky", seufzte dieser, während er mich ansah und mir einen bittenden Blick zu warf, „wir haben deinem Grandpa versprochen das wir uns die Lodge wenigstens angucken." „Ich weiß und ich weiß auch wie wichtig das für Mom sein würde, aber ich weiß nicht ob ich das alles schon kann", murmelte ich. „Du bist stark Engel", sagte mein Vater und küsste dann meinen Kopf, „außerdem wäre ein Rückzieher jetzt ziemlich spät. Schließlich sind all unsere Sachen schon hier." „Die kann man auch schnell wieder nach Los Angeles bringen", brummte ich leise. „Ah ja? Und was ist mit deinem Auto, welches du unbedingt mit hier hernehmen wolltest?", schmunzelte mein Dad. Brummend verdrehte ich meine Augen. Ich war also wirklich hier. In Nordirland. Dort wo meine Mutter bis zu ihrem tragischen Tod, vor einem halben Jahr, gelebt hatte. Bisher hatte ich jedoch keine Ahnung ob es eine gute Entscheidung war mein Leben in Los Angeles für ein Leben hier aufzugeben.
Nach dem mein Vater und ich unser Gepäck geholt hatten, machten wir uns auf den Weg in ein Hotel, in welchem wir für eine Nacht unterkommen würden, bevor wir am nächsten Tag weiter zur Lodge fahren.
„Freust du dich deinen Grandpa wiederzusehen?", fragte mich mein Dad als wir in unserem Zimmer angekommen waren. „Ja", lächelte ich, „ich habe ihn jetzt seit wie vielen Jahren nicht mehr gesehen?" „Seit fast sieben Jahren", murmelte mein Dad, „seitdem du deine Mom nicht mehr gesehen hast." „Richtig", murmelte ich traurig. Als ich fünf Jahre alt war, war ich mit meinem Vater, nach Amerika gezogen, während meine Mom in Nordirland geblieben war. Sie wollte die Lodge damals nicht aufgeben, weswegen sie meinen Dad und mich verlassen hatte. „Skylar", sagte mein Dad und riss mich so aus meinen Gedanken. „Hm?", machte ich und blickte ihn an, „wir sollten schlafen gehen, wir waren lange unterwegs und wer weiß was morgen alles auf uns zu kommt."
Als ich am nächsten Morgen wach wurde streckte ich mich kurz und lief dann in mein Bad, wo ich mich auszog und unter die Dusche stellte. Ich machte die Dusche an und ließ das lauwarme Wasser auf meinen Körper prasseln. Seufzend fuhr ich mir durch meine mittlerweile nassen Haare. Ich hatte keine Ahnung was heute passieren würde, vor allem hatte ich keine Ahnung wie das Wiedersehen mit meinem Grandpa sein würde, wobei ich in den letzten Jahren mehr Kontakt mit ihm hatte als mit meiner Mutter. Da ich nicht weiter über meine Mutter nachdenken wollte verdrängte ich schnell die Gedanken an sie und duschte weiter. Ich hoffte wirklich das alles harmonisch ablaufen würde.
„Dad", seufzte ich, während ich genervt auf das kaputte Auto vor mir blickte, „hätten wir mein Auto genommen, wäre das nicht passiert." Der Mietwagen, welchen meinen Vater gestern am Flughafen gemietet hatte, war auf dem Weg zur Lodge mitten auf der Straße stehen geblieben und sprang nicht mehr an. „Ich weiß aber vielleicht sollten wir nicht mit so einem Auto dort auftauchen", gab mein Dad von sich und sah mich dabei an, „der Lodge ging es finanziell in den letzten Jahren nicht so gut." „Mom hätte sich ja einfach mal melden können, wir hätten ihr geholfen", murmelte ich, „Opa wartet. Ich gehe die Straße mal entlang. Vielleicht kommt ja ein Auto vorbei." Mein Vater sah mich erst skeptisch an, bevor er schließlich nickte. Während der gesamten Fahrt war uns gerade Mal ein Auto entgegengekommen. „Mach dass, ich warte hier auf den Abschleppdienst", sagte er und blickte dann auf den kaputten Jeep vor sich. Seufzend schnappte ich mir meine Tasche vom Beifahrersitz und nahm mein Handy heraus. „Du musst einfach nur der Straße folgen", kam es von meinem Vater. „Ja, aber ich gucke ob es noch einen kürzeren Weg dorthin gibt, den man zu Fuß nehmen kann", sagte ich und lächelte ihn dabei an, „wir sehen uns später." Mein Vater nickte leicht und tippte dann auf seinem Handy rum. „Na dann", murmelte ich leise zu mir selbst, bevor ich dann der Straße folgte. Meine Lust den restlichen Weg, welcher noch ziemlich lang war, zu laufen war relativ gering, weswegen ich wirklich hoffte das ich auf dem Weg irgendjemanden treffen würde der mich mitnehmen konnte.
Ich lief schon eine ganze Weile die Straße entlang als ich plötzlich eine Stimme hinter mir hörte. „Hey du", rief jemand, weswegen ich jetzt stehen blieb und mich umdrehte. Ich erblickte einen wirklich gutaussehenden Jungen auf einem Bike vor mir. „Hey", gab ich von mir, wobei ich in seine blauen Augen blickte. „Was machst du hier, zu Fuß, auf einer Hauptstraße?", fragte er mich, wobei er ziemlich verwirrt aussah. „Das ist eine Hauptstraße?", fragte ich wahrscheinlich genauso verwirrt, während ich die Straße auf und ab sah. Lachend blickte der Junge mich an. Was war denn jetzt so witzig? „Ja", lachte er weiter, „das ist eine Hauptstraße, du kommst nicht von hier, oder?" „Nein", seufzte ich, „so offensichtlich?" „Ja", grinste der Junge, „wenn du von hier kommen würdest, dann würdest du definitiv denken das dies hier eine Hauptstraße ist. Ich bin Sean Evans und du?" „Skylar. Skylar Mitchell", antwortete ich ihm. „Oh", murmelte Sean und kratzte sich dann am Nacken. Kannte er meinen Namen oder warum reagierte er so? „Alles okay?", fragte ich ihn, leicht verwirrt. „Ja, ich kannte nur deine Mom", murmelte Sean, „mein Beileid. Ich mochte sie sehr." Ich schluckte leicht und blickte auf den Boden. Mir war bewusst gewesen, dass ich spätestens in der Lodge auf Leute treffen würde, die meine Mutter kannten, wahrscheinlich kannten sie, sie sogar besser als ich, aber dass ich so schnell auf jemanden stoßen würde, war mir nicht klar. „Tut mir leid", kam es wieder von Sean, wodurch ich aus meinen Gedanken gerissen wurde. Mein Blick wanderte wieder zu ihm und ein trauriges lächeln bildete sich auf meinen Lippen. „Es ist schon okay", murmelte ich, „es ist nur komisch auf Leute zu treffen die meine Mutter kannten, beziehungsweise die sie wahrscheinlich sogar besser kannten als ich es je tat." Sean nickte leicht und blickte dann gerade aus. „Wohin wolltest du überhaupt? Zur Lodge?", fragte er mich. „Ja, ich bin dort mit meinem Grandpa verabredet", seufzte ich, „ich habe die Lodge geerbt." „Wow", murmelte Sean, „du bist also die, die die Lodge jetzt leiten wird." „Ob ich sie leiten werde weiß ich noch nicht", gab ich von mir, „aber ich werde sie mir angucken." „Wieso läufst du eigentlich?" „Das Auto ist mitten auf der Straße stehen geblieben und da ich mit meinem Grandpa verabredet bin ist mein Vater bei dem Auto geblieben, während ich schon mal vorlaufen wollte", antwortete ich ihm, „ich hätte jedoch nicht gedacht das der Weg solange dauern würde." Grinsend sah Sean mich an. „Was?", fragte ich ihn, „habe ich irgendwas im Gesicht?" „Nein", lachte er leicht, „komm steig auf, ich fahre dich zur Lodge. Ich wollte sowieso dort hin." „Wirklich? Auf deinem Bike?", fragte ich nach, wobei ich auf das Bike hinter ihm blickte. „Ja, setz dich hinter mich rauf und setz den Helm auf. Du kannst mir vertrauen." Ich blickte ihn nochmal verunsichert an, bevor ich dann den Helm entgegennahm, mir aufsetzte und dann auf das Bike stieg. „Bist du sicher das, dass hier sicher ist?", fragte ich ihn zweifelnd. „Ja, halt dich einfach an mir fest, wir fahren durch den Wald, das geht schneller." War das sein Ernst? Durch den Wald? Schnell schlang ich meine Arme um den Jungen vor mir und hielt mich ziemlich doll an ihm fest. Ich hoffte wirklich das, dass hier gut gehen würde.
„Danke fürs fahren", sagte ich, während ich erleichtert von dem Bike abstieg, den Helm abnahm und meine Hose richtete, welche durch die Fahrt leicht verrutscht war. „Dafür nicht", grinste Sean und stieg dann ebenfalls ab. Er war ja irgendwie schon süß. Ich lächelte den mir noch relativ unbekannten Jungen vor mir an und lief dann in die Lodge, wobei ich bemerkte das ich beobachtet wurde. Jedoch war mir dies in diesem Augenblick ziemlich egal, da ich in der Lodge schon meinen Opa entdeckt hatte.
„Grandpa", sagte ich erfreut als ich in die Lodge reinkam und er vor mir an der Rezeption stand. „Sky", sagte dieser ebenfalls erfreut und lief dann auf mich zu, um mich kurz darauf in eine feste Umarmung zu ziehen, „endlich bist du hier. Und guck dich an. Wie wunderschön du geworden bist." Ich hatte ihn wirklich vermisst. „Danke Grandpa", lächelte ich und löste mich dann von ihm, „es tut mir leid, dass ich nicht früher gekommen bin." Ich musste wirklich aufpassen nicht zu weinen. „Es ist okay", lächelte Grandpa, während er mich jedoch leicht traurig anblickte, „es war jedoch nicht leicht." Das war es nicht, das war es wirklich nicht. „Ich weiß", murmelte ich schließlich, wobei ich meinen Großvater nicht angucken konnte. Zu tief saß der Schmerz. Der Schmerz über den Tod meiner Mom und der Schmerz darüber nie wirklich Kontakt zu ihr und meinem Grandpa gehabt zu haben. „Aber lass uns nicht jetzt darüber sprechen, wo ist dein Vater?" „Der wartet auf den Abschleppdienst. Unser Jeep ist auf der Hauptstraße stehen geblieben", antwortete ich ihm, wobei ich ihn jetzt wieder anblickte, „er müsste aber auch bald hier sein."
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The Lodge
Teen FictionDie Lodge. Für viele junge Erwachsene der perfekte Ort um nebenbei Geld zu verdienen und gleichzeitig mit seinen Freunden abzuhängen. Die Besitzerin, Olivia Mitchell führte das Hotel mit Liebe und Hingabe und vertraute in vielen Dingen auch auf die...