Kapitel 13

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Zack sah zur Seite, geradewegs in die Augen eines Mädchens, das er direkt zur Gruppe der Emos zuordnete.

Sie hatte schwarze Haare mit grünen Strähnen, die ihr bis zum Kinn gingen und einen Sidecut. An einem ihrer Ohren ließ sich ein Tunnel erkennen und ihre Augen waren fast so dunkel wie ihre Haare.

Als er den Blick kurz von ihrem Gesicht abwendete, erkannte er, dass sie ausschließlich schwarz trug und ihre Kleidung an manchen Stellen künstlerisch zerissen war. Um ihren Hals und an der zerissenen Jeans hingen einige silberne Ketten und gaben ihrem Outifit den finalen Touch.

"Hey", lächelte sie und sah ihrerseits einmal an ihm herunter.

"Hi?", erwiderte Zack etwas fragend, da er sich nicht sicher war, was sie von ihm wollte. Normalerweise sprachen ihn keine fremden Menschen an, schon gar nicht Menschen wie sie, die soweit er das wusste, eher unter sich blieben.

"Du sahst ein bisschen verloren aus und mir ist langweilig. Willst du einen Drink?", erklärte sie ihr plötzliches Auftauchen und wank den Barkeeper heran.

"Ich trinke nicht"

"Zwei mal Cola, einmal mit und einmal ohne Whiskey", bestellte das fremde Mädchen und schob ihm, als sie die Getränke bekamen, das Glas ohne Alkohol zu.

Sie nahm einen großen Schluck, ohne ihre Augen von ihm zu nehmen:" Ich bin übrigens Zoey".

"Zack", war alles was Zack erwiderte. Er war nicht hier um Freunde zu finden, im Gegenteil, eigentlich hatte er vorgehabt zu verschwinden.

"Was verschlägt dich in so einen Club? Nimms mir nicht übel, aber du siehst nicht so aus, als hättest du Spaß"

"Ich wurde sozusagen hergeschleppt, meine Begleitung hat sich mit dem nächstbesten Typen verzogen"

"Das ist mies, ist mir auch schon passiert. Manche Mädchen machen wirklich für jeden die Beine breit. An meiner Schule gibt es auch eine die mehr als bekannt dafür ist. Die Menschheit geht wirklich den Bach runter", seufzte Zoey und nahm einen weiteren Schluck aus ihrem Glas.

Zack beobachtete sie dabei und nippte seinerseits an der Cola:" Stimmt, alleine schon wenn man sich das System als ganzes anschaut", er erwartete nicht, dass Zoey auf seinen Kommentar einging. Schließlich war er mit seinen gesellschaftskritischen Aussagen bisher immer gegen die Wand gefahren, hatte es sich aber nicht verkneifen können.

"Jup, vom sorgenlosen Kleinkind zum perfekten Roboter. Alle laufen im Gänsemarsch hinter den Lehrern, Eltern und Politikern her und keiner traut es sich zu, aus der Reihe zu tanzen"

Überrascht sah Zack sie an und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, das war genau sein Standpunkt. Konnte es sein, dass er endlich jemanden gefunden hatte, der ihm ähnlich war?

"Ich hab außer mir selbst noch nie jemanden getroffen, der so von der Welt gedacht hat", gab er dann zu,"Kaum einer sieht wie grausam und dunkel das alles ist".

"Na dann ist heute dein Glückstag, gestatten, Zoey, Weltenhasserin und einsamer Goblin"

Zack lachte, ihm gefiel ihre Art zu denken und zu reden. Schon nach dieser kurzen Unterhaltung zeigte sie mehr Tiefe und Facetten, als jedes andere Mädchen das er kannte.

Sie unterhielten sich eine weitere Stunde, wobei Zack weniger redete als Zoey und tauschten Telefonnummern, nachdem sie herausgefunden hatten, dass sie sogar auf dieselbe Schule gingen, sich aber vorher nie gesehen hatten.

Als Zack in den Bus stieg, der ihn nachhause brachte, kam ihm das Ganze vor wie ein Traum, der zu schön war um wahr zu sein. Er war nicht alleine und das machte ihn glücklich. Wenn er es geschickt anstellte und Zoey Geduld mit ihm hatte, konnte sich daraus die erste wirkliche Freundschaft seines Lebens entwickeln und auch wenn dieser Gedanke ihm ein wenig Angst machte, siegte die Hoffnung.

Zuhause angekommen, war er müde, von den vielen Menschen und der lauten Musik und fiel direkt ins Bett.

Der nächste Tag war für Zack ein normaler Sonntag, den er dazu nutzen würde um sich auszuruhen und Energie für die Schule zu sammeln.

Wenn er sich recht entsinnte, warteten auch noch einige Hausaufgaben auf ihn und so holte er sich von unten eine Tasse Kakao, bevor er sich an seinen Schreibtisch setzte und zu schreiben begann.

Gegen 14 Uhr war er mit allem fertig, packte seine Tasche  für den morgigen Tag und ließ sich auf sein Bett fallen. Den Rest des Tages würde er seinem Handy widmen und sich am Abend noch etwas zu Essen machen.

Als er Whatsapp öffnete, sah er sofort Zoeys Namen und das "Hey", was sie ihm am Abend noch gesendet hatte. Er antwortete mit einem einfachen "Hi" und wechselte zu Twitter, wo er die Geschehnisse des gestrigen Abends niederschrieb.

Einige seiner Freunde, unter ihnen auch Jace, warnten ihn davor, nicht zu enthusiastisch zu sein, damit ihm eine eventuelle Enttäuschung nicht zu sehr weh tat.

Zack verdrehte daraufhin nur die Augen, er war doch kein kleines Kind mehr und konnte auf sich selbst aufpassen. Zoey war anders als Lara, Miriam, Chris und all die anderen, ja sogar anders als Jace.

Sie sprach mit einer Gleichgültigkeit über die Welt und die Menschen in ihr, die Zack beeindruckte. Es war als wäre ihr alles egal und nur sie und der Moment zählten. Sie verurteilte die Menschen für ihre Blindheit und die Dinge die sie taten. Etwas, dass sich andere nicht einmal im Traum vorstellen konnten.

Sie war eine Raupe, die genug von ihrer Gefangenschaft im Kokon hatte und nach ihrem eigenen Weg suchte. Etwas, das Zack seit Jahren versuchte. Vielleicht konnten sie zusammen ausbrechen und den Weg gehen der ihnen am meisten zusagte.

Zack seufzte, er wusste wie unrealistisch es war, dass Zoey eine tiefere Freundschaft mit jemandem wie ihm wollte, fast so unrealistisch wie einen Ausweg aus diesem System zu finden.

Er bewegte sich auf einem schmalen Grad zwischen Akzeptanz und Rebellion und musste sich für das entscheiden was er sein wollte. Ein weiteres Zahnrad im unendlichen Komplex oder ein Rebell auf dem Weg in die Freiheit.

TodestagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt