Meine Schwester sah umwerfend in ihrem Kleid aus. Sie stand glücklich neben ihrem frisch angetrauten Ehemann und lachte die Gäste an, die ihnen gerade gratulierten. Die Erleichterung machte sich in mir breit. Nun war sie sicher vor der Willkür unseres Vaters. Ich hatte es geschafft, nun würde Sie ihr Leben glücklich verbringen, ohne auf unseren Vater angewiesen zu sein. Meine Schwester ist von mir, nach dem Tod unserer Mutter großgezogen worden. Sie war damals erst zwei Jahre alt. Sie erinnerte sich heute schon nicht mehr an sie, wie auch, sie war damals noch zu klein. Ich hingegen wusste, wie sie war: liebevoll, gütig und vor allem geduldig. Mein Vater hatte sich nach ihrem Tod sehr verändert, er ist härter und strenger geworden. Früher hatte ich ihn lachen sehen, doch nach dem Tod meiner Mutter hatte er nur noch in der Gesellschaft gelacht. Keiner außerhalb von unserer Familie wusste, mit was für einer Willkür über das Leben meiner Schwester und meines eigenen Entschied. Doch nun hatte ich es geschafft das meine Schwester für alle Zeit sicher vor ihm war und musste mir nicht weitere Sorgen um sie machen. "Sophia, sie nur wie schön alles ist," sagte meine Schwester, die gerade zu mir herübergekommen war und sich zu mir gesellte. Ich versuchte ein Lächeln auf mein Gesicht zu bekommen, doch es war nicht so einfach, wie es sich vielleicht anhörte. "Alles gut euch beiden von ganzem Herzen, Victoria," beglückwünschte ich sie. Thomes ihr Ehemann kam ebenfalls zu uns herüber. "Eure Gnaden," sagte ich und machte einen Knicks. Thomes lachte und sagte: "Sophia, wir sind doch nun eine Familie." Ein Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit, auch wenn ich es mir wahrscheinlich nicht abgewöhnen konnte. "Ich hoffe ihr werde schönen Flitterwochen haben," sagte ich zu den beiden. Sie sahen sich an und begannen gleichzeitig an zu strahlen. Es war unübersehbar, dass sie sich liebten. "Eure Gnaden, dürfen wir ihnen gratulieren," sagte eine ältere Dame zu meiner Schwester und Thomes. Die beiden wandten sich zu der Dame um und ich zog mich zurück, damit sie ungestört reden konnten. Ich schlenderte durch das Wohnzimmer, wo die Trauung stattgefunden hatte. Thomes hatte vorgeschlagen die Trauung in seinem Haus durchzuführen, denn er wusste genau so gut wie ich, dass Vater niemals zugestimmt hätte die Trauung in unserem Stadthaus durchführen zu lassen. Außerdem wollte er so wenig mit dieser Trauung zu tun haben, wie es ging. Er hatte Victoria nicht einmal eine Mitgift gegeben. Thomes und seine Familie störten dies zwar nicht, da sie über ein sehr gutes Vermögen verfügten, doch es hätte sich so gehört, auch wenn es nur eine kleine Summe gewesen wäre. Doch Vater war der Überzeugung, dass er dies nicht nötig hatte. Mein Vater stand gerade neben einem Mann, den ich nicht kannte und war angeregt am Reden. Ich fragte mich immer, wie er sich so verstellen konnte. Allein, dass was er von mir verlangt hatte, damit Victoria Thomes heiraten konnte lies mich daran zweifeln, dass in ihm ein menschliches Wesen lebte. Als ich mit ihm geredet hatte, dass Thomes um die Hand von meiner Schwester anhalten würde, hatte er gesagt, dass er ihm nicht seinen Segen geben würde. Als ich ihn gefragt hatte, warum er ihm diesen Segen verweigern würde, hatte er nur gelacht und gesagt, weil er es nicht wollte und er könne ihm dies verweigern. Mir war schon in diesem Gespräch klar gewesen, dass er ihm dies nur verweigern würde, um mich zu quälen. Er hatte daran Spaß mich zu quälen, egal was ich von ihm wollte, sei es auch nur ein kleiner Wunsch, hatte er ihn mir verweigert, einfach aus dem Grund, mich zu quälen. Meine Schwester und ich waren eben nie der erwartete und erwünschte Sohn gewesen. Als ich damals mit ihm wegen dem Antrag gesprochen hatte, hatte er mich in der Hand, denn er wusste ganz genau, dass ich für Victoria alles gemacht hätte. Ich hatte ihn gefragt, was ich tun müsste, damit er ihnen den Segen geben würde. Es war genau das was er schon immer gewollt hatte. Er wollte mich mit irgendetwas in der Hand haben, sodass ich das tue, was er wollte. Und genau das habe ich getan. Ich habe ihm das gegeben, was er wollte. Sein boshaftes Lächeln, in diesem Moment werde ich niemals vergessen. Verschwinde aus meinem Haus, hatte er gesagt. Mich hatten diese Worte nicht überrascht. Wenn er meiner Schwester den Segen geben würde, wäre er sie soll und mit dem Segen für meine Schwester konnte er mich auch verstoßen. Du wirst keinen Penny mehr von mir bekommen, meinte er. Außerdem wirst du mein Haus nach der Hochzeit deiner Schwester verlassen, forderte er. Doch das schlimmste, was er wollte war, dass ich meiner Schwester hiervon nichts erzählen durfte. Wenn auch nur ein Wort über dieses Abkommen über deine Lippen kommt, hatte er mir gedroht. Wie er vor mir gestanden hatte. Ich schüttelte instinktiv den Kopf. Für das Glück meine Schwester hätte ich beinah alles getan und hatte deshalb eingewilligt. Meine Schwester würde von meinem Auszug nichts mitbekommen, denn sie und Thomes würden in ihre Flitterwochen fahren. Außerdem bezweifele ich das sie unseren Vater besuchen würde. Doch ich wollte sie auch nicht ganz im Dunkel lassen, ich würde ihr schreiben, dass ich zu einer Freundin gegangen war, bei der ich nun eine Zeit bleiben würde. Dies entsprach halb der Wahrheit. Tatsächlich hatte ich meiner Freundin Rebecca Gardner geschrieben, ob ich sie besuchen könnte. Rebecca war mit dem Marquess of Gwyn seit kurzem verheiratet, doch ich hatte es damals leider nicht zu ihrer Hochzeit geschafft, da Vater mir nicht erlaubte so weit zu reisen. Und nun wollte ich den Besuch nachholen. Danach würde ich mir in einem Haus eine Anstellung suchen, damit ich ein neues Leben beginnen konnte. Heiraten stand für mich nicht mehr zur Debatte, denn ich war zu alt, als das ich mit jungen Debütanten konkurrieren könnte und es auch nicht wollte. Ich würde mir eine Anstellung suchen und dann mein Leben so leben, wie es nun einmal war, schlicht und einfach.
"Kind, sie sehen ja ganz verloren aus," sagte eine alte Dame neben mir. Ich lächelte sie an und sagte: "Ich freue mich nur für meine Schwester." Die alte Dame begann ebenfalls zu lächeln. Sie schien mir zu glauben, dass ich in Gedanken bei meiner Schwester war und nicht dabei war meinen Aufbruch zu planen. "Sind Sie verheiratet, Kind?" fragte mich die Dame. "Nein, ich habe zu viel Zeit damit verbracht, meine kleine Schwester aufzuziehen, dass ich zum Heiraten keine Zeit hatte," versuchte ich ihr zu erklären. "Das ist aber schade. Sie sind ein so hübsches Ding. Vielleicht nicht so hübsch wie die jungen Mädchen, aber trotzdem immer noch hübsch," sagte sie sehr bedauert. Da ich wusste, dass sie die Worte nicht als Beleidigung gemeint hatte, konnte ich ihr nicht böse sein. Ich lächelte einfach und schwieg. Als ich sah, dass Victoria und Thomes zur Tür gingen sagte ich: "Entschuldigen Sie mich bitte, Madam. Ich verabschiede meine Schwester." Sie lächelte mich nur an und ich entfernte mich von ihr. Ich versuchte als erstes bei meiner Schwester zu sein. "Victoria, Thomes,"sagte ich als ich bei Ihnen angekommen war. "Ich wünsche euch beiden viel Freude und Glück in euren Flitterwochen," sagte ich und umarmte meine Schwester. "Sophia, ich danke dir für alles, was du für mich getan hast," flüsterte meine Schwester. "Für alles," wiederholte sie, als sie mich losließ. Mein Bedürfnis danach, ihr zu sagen, dass ich sie nun erst einmal eine Zeit lang nicht sehen würde war so groß, doch ich durfte ihr nichts sagen, denn sonst würde mein Vater mir und meiner Schwester zur Hölle auf Erden machen. Ich musste stark sein.
"Es war ein sehr schöner Tag. Doch ich werde mich nun verabschieden und nach Hause gehen. Es gibt noch viel für mich zu tun," sagte ich zu ihnen. "Du kannst doch nicht nach Hause gehen," sagte meine Schwester besorgt. Thomes schien ihre Besorgnis zu höheren und sagte: "Du kannst gerne unsere Kutsche nehmen. Es müssen sowieso noch ein paar Boxen von Victoria abgeholt werden." Ich nickte widerstrebend, doch innerlich wusste ich, dass ich so die Boxen meiner Schwester sicher aus dem Haus meines Vaters herausbekommen würde. "Ich danke euch," sagte ich und knickste einmal vor ihnen, um mich zu verabschieden. Als ich auf der Treppe vor dem Haus mich noch einmal umdrehte, sah ich wie Thomes und Victoria mir hinterher sahen. Ich winkte ihnen noch einmal zu und stieg dann mit der Hilfe des Kutschers in die Kutsche ein. Nun würde mein neues Leben beginnen, denn am Morgen hatte ich einen Platz in der Reisekutsche gemietet. Es würde eine anstrengende Reise werden, doch ich hoffte, dass sich diese Reise lohnen würde.
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Der Weg der Miss Sophia
Historical FictionDamit ihre Schwester den Mann heiraten kann, denn sie liebt, geht Sophia einen Packt mit ihren Vater ein, den ihr ganzes Leben verändern wird. Was für Auswirkungen dieser Packt hat, erfährt Sophia erst als sie ihn eingegangen ist. Begleitet Sophia a...