„Daddy ... du hast es mir versprochen!", quengelte ich schmollend und mit großen Tränen in den Augen. Ich wusste, wie ich Papa dazu bringen konnte etwas zu tun, was ich wollte. Er schaute mich mit zusammen gezogenen Augenbrauen nachdenklich an. Sein Blick fiel wieder auf sein Schreibtisch, wo sich unzählige Arbeit stapelte. Ich konnte förmlich sehen, wie er mit sich selbst rang. Mir war mit meinen 8 jungen Jahren bewusst, dass er Arbeit hatte, doch ich hatte einen starken Willen. Es ging ja nur um einen kurzen Besuch beim Flohmarkt. Danach würde ich ihn in ruhe lassen. Daddy drehte sich erneut zu mir um und seufzte grinsend. Der Hundeblick hatte ausgezeichnet funktioniert. Ich grinste breit. „Wenn wir wieder da sind, darfst du ganz viel arbeiten. Versprochen!", rief ich begeistert und sprang ihm mit voller Freude auf seinen Schoß. Er fing mich lachend auf. Daddy umarmte mich fest und lies mich wieder runter.
Voller Freude rannte ich eilig die Treppe hinunter, zu meiner Mommy die in Küche kochte. Sie grinste über beide Ohren, als sie mich quiekend näher kommen hörte: „Na meine Kleine? Geht ihr heute doch zum Flohmarkt?" In diesem Moment war mir gar nicht bewusst, dass diese Sache schon längst besprochen war und mein Daddy mich nur ärger wollte. Erst im Nachhinein war mir klar, dass die Frage, ob wir hingehen, nie eine Frage war.
Aufgeregt setzte ich mich an den Esstisch. Wir wollten erst nach dem Mittagessen unser Ausflug anfangen. Doch ich hatte schon jetzt Zweifel, ob ich lange still sitzen bleiben würde. Immer wieder rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Wieso konnte die Zeit nicht schneller vergehen? Nachdenklich schaute ich Mommy an. Sie stellte in Seelenruhe die Töpfe auf den Esstisch. Mir ging ein Licht auf. Wenn ich ihr helfen würde, wären wir schneller fertig. So stand ich rasch auf. Der Stuhl schabte dabei laut über den Boden, doch ich beachtete ihn gar nicht. Aufgeregt und stolz über den Einfall ging ich zum Schrank hinüber, indem unsere Teller und das Besteck lagen. Mutig nahm ich Teller und Besteck auf einmal hinaus. So leichtsinnig wie ich mal wieder war, lud ich mir zu viel auf meine dünne Arme. Oje ... Mein Übermut verpuffte und zurückblieb nur mein schwankendes Selbst. Ich hätte es besser wissen müssen. Vor meinem geistigen Auge sah ich den Scherbenhaufen vor mir.
„Mommy!", rief ich erschrocken, als sich die ersten Gegenstände Richtung Boden verabschiedeten. Das gibt Ärger. Ängstlich kniff ich meine Augen fest zu. Was ich nicht sah, war nicht da. „Amelie!", hörte ich die Stimme meiner Mommy. Kurz darauf wurden meine zitternden Arme leichter, doch ich wagte mich nicht mich zu bewegen. Schüchtern neigte ich meinen Kopf Richtung Boden und linste leicht durch meine dichten Wimpern zu ihr hinüber. Meine stellte die Sachen auf den Tisch und drehte sich zu mir herum: „Mausi, ich weiß das du möglichst schnell los möchtest, doch du hättest dich verletzen können." Ich konnte ihren Tonfall nicht ganz einordnen. Sie kam auf mich zu und legte mir ihre zierliche Hand unter mein kleines Kinn. Sodass ich sie ansehen musste, ob ich wollte oder nicht. Mit Tränen in meinen blauen Augen schaute ich in ihr elfengleiches Gesicht, was ich von ihr geerbt hatte. Generell sah ich aus wie eine kleine Version von meiner Mama. Ich schämte mich entsetzlich, nicht nachgedacht zu haben. Ich war schon immer mehr leichtsinnig, als bei Verstand, musste ich zugeben. „Amelie, ich bin dir nicht böse. Ich habe mich nur erschrocken, so wie du.", flüsterte sie mir zu. Erst jetzt traute ich mich, ihr in die Augen zu schauen. Verlegen bemerkte ich, wie sie mich mit ihren ebenso blauen Augen musterte. Mommy wollte, das ich was sagte, doch ich traute mich nicht. Ja, Mommy war nicht böse auf mich, aber mir war die Situation furchtbar peinlich.
Bevor meine Mama etwas sagen konnte, trat Daddy in die Küche. „Was ist den hier los?", fragte er uns beide. Ich schluckte. Würde Mommy ihm alles erzählen? Würden wir trotzdem zum Flohmarkt fahren? Ich zuckte stattdessen mit den Schultern und begab mich zu Tisch. Mommy gab Daddy einen Kuss auf die Wange und meinte nur: „Frauengespräche." Ich atmete erleichtert aus. Papa lachte, dass schönste Geräusch, was ich kannte, und setzte sich ebenfalls an den Tisch neben mir. Mama stellte die letzten Töpfe auf die Untersetzer und setzte sich ebenfalls auf der anderen Seite, gegenüber von Daddy hin.
Als wir fertig gegessen hatte, stand ich auf. Zielstrebig nahm ich mein Geschirr vom Platz und trug es Richtung Spülmaschine. Wieder aufgeregt, drehte ich mich um und begann zu grinsen. „Daddy, wann können wir los?", ich klatschte in die Hände. Wenn ich etwas wollte, kannte ich keinen Halt mehr. Papa tat so, als wollte er sich eine weitere Portion Spagetti auf den Teller laden, als er mir zuzwinkerte. Lächelnd stand er auf: „Gleich meine Süße." Ungeduldig kniff ich meine Augen zusammen. Ich hasste Warten ...
Endlich saßen Daddy und ich im Auto. Mommy wollte nicht mit kommen, da sie sich etwas ausruhen wollte. So hatten wir einen echten Vater - Tochter Ausflug vor uns. Ich hatte super Laune. Heute würde ein wundervoller Tag werden. Lächelnd hielt ich mein Taschengeld in meinen kleinen Händen fest. Ich hatte es schon seit Monaten gespart, denn ich liebte nichts mehr wie Flohmärkte. Dort gab es immer so viele schöne Dinge zu sehen und so viel neues zu entdecken. Würde ich heute etwas finden? Ich war mir schon fast sicher. Wen man wollte, konnte man überall etwas entdecken, sagte Mommy immer.
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• Spiegel - Weil du mir gehörst •
HorrorEin kleines Mädchen (Amelie, 8), kauft einen Spiegel indem etwas böses wohnt.