Endlich! Die Doppelstunde Mathe war vorbei. Marry hat immer wieder versucht mit mir ein Gespräch aufzubauen. Ich blockte jedoch immer ab. Einerseits weil ich keine Lust dazu hatte mit ihr zu reden und weil ich ihren Ruf nicht schaden möchte. Denn wenn man mich mit jemandem sieht, was eh nie passiert, dass wird derjenige auch fertig gemacht.
Nun sitze ich im Pausenhof unter einer großen Eiche. Meine Kopfhörer in den Ohren und den Blick in den Himmel gerichtet. Ich bin froh, wenn ich mal meine Ruhe von den Badboys habe. Es kommt leider selten vor. Meistens erwischen sie mich, wie ich versuche so unauffällig wie möglich an ihnen vorbei zu schleichen. Oder sie passen mich irgendwo ab.
Doch so sollte es heute nicht sein.
Ein Schatten weckte mich aus meinem Starren. „Na, musst du dich auf dein Niveau geben?" Mark war wie immer sehr reizend. Jedoch weidersprach ich ihm nicht. Es würde nur Schmerzen bedeuten. „Ich rede mit dir" Und schon bekomme ich einen Tritt in die Magengrube. Vor Schmerzen krümme ich mich wie ein Embryo zusammen. Die Verletzungen von letzten Mal waren noch nicht verheilt, nun schmertzt es um so mehr.
Es geht so weiter. Einen Tritt in die Seite, dann einen im Rücken, bis ich nicht mehr kann.
„Mark, ich wollte di...... Ach du scheiße! Verdammt was machst du?"
Marry taucht in meinem Blickfeld auf. „Sie hat es verdient, sieht du nicht wie abgrundtief hässlich sie ist?"
„Mark was fällt dir ein, ein Mädchen zu schlagen. So haben dich unsere Eltern nicht erzogen!"
Marry kniet sich zu mir hinab, legt eine Hand an meinem Rücken. Ich zucke zusammen, auch wenn es von ihr nur eine leichte Berührung war tat sie trotzdem weh. „Hey alles gut. Sie sind weg" Ich hatte nicht einmal bemerkt das meine Peiniger sich aus dem Staub machten.
Meine Augen öffnen sich. Vorsichtig schaue ich umher, nur um zu sehen, dass Marry die einzige war die mir zur Hilfe geeilt ist. Was eh schon ein Wunder ist, denn sonst muss ich mich immer allein durchschlagen.
„Komm erst mal auf die Beine", meint sie mit gequältem Blick. Ihre Hände legen sich auf meine und ziehen mich hoch. Meine Mine verzieht sich zu einem schmerzverzehrten Ausdruck.
Sie nimmt mich am Arm und zieht mich mit. Kraft habe ich keine mehr. Wehren kann ich mich schon lange nicht mehr. Somit laufe ich Marry im Schlepptau hinterher Richtung Toilette.
Wow.
Super, schon das zweite Mal heute das ich unfreiwillig hier bin.
Das kleine hellbraunhaarige Mädchen mit den blauen Augen setzt mich auf den Boden, nimmt ein Taschentuch aus ihrem Rucksack, macht es feucht und versucht vorsichtig mein Blut an der Augenbraue und an der Lippe zu beseitigen. Die Betonung liegt auf versucht. Immer wieder verzieht sich mein Gesicht, weil es höllisch brennt.
„Ich kann nicht glauben das mein Bruder die sowas angetan hat. Wie geht es dir?", fast schon traurig und mitfühlend blickt sie mir entgegen.
Ihr Bruder? Wie können so unterschiedliche Menschen verwandt sein? Der eine so aggressiv, und sie mitfühlend und hilfsbereit.
Die Klingel durchbricht mich aus meinen Gedanken. „Komm wir sollten gehen!" Wieder zieht sie mich auf die Beine in Richtung der Tür. Der Flur ist leer, die Schüler sind in den Klassen, wo wir jetzt auch hingehen.
Vor der Klassentür bleibe ich stehen, Marry schaut mich verwundert an. „Danke!", flüstere ich. Das Mädchen vor mir, welches vor mir steht lächelt mich liebevoll an, dreht sich dann aber um und drückt die Türklinge hinunter.