his first love

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Seine braunen Augen zuckten aufgeregt von links nach rechts. Immer wieder. Als könnte das irgendetwas an der misslichen Lage ändern, in der er sich gerade befand. Seine Füße steckten im Sand und dann und wann sandte eine Welle eine Flut kühlen Nass' zwischen seine Zehen, während sich die Palmen, welche den Strand säumten, im Winde wiegten. Doch selbst das konnte ihn im Moment nicht beruhigen. Hektisch fuhr er sich durch die braunen Haare. Seine schwarze Brille rutschte unentwegt von seiner Nase, was allein dem Schweiß verschuldet war, den seine Poren produzierten, wie um ihm weiszumachen, dass die Situation nicht besser werden würde. Gerade wollte er noch einmal seine Kleidung richten und jedes zurechtgelegte Wort im kleinsten Detail wiederholen, als eine altbekannte Stimme hinter ihm ertönte.

"Sergio? Sergio! Was machst du denn um Gottes Willen da? Komm zurück ins Bett."

Langsam drehte er sich um. Augenblicklich stockte dem Professor der Atem. Er würde sich wohl niemals an ihr sattsehen können. Raquel hatte ihren hübschen Kopf schiefgelegt und die Hände energisch in die Hüfte gestemmt, um ihrer Autorität noch mehr Ausdruck zu verleihen. Fragend hob sie einen Arm und verdeutlichte so erneut, was sie von seinem nächtlichen Spaziergang in den Dünen hielt. Noch einmal sammelte er sich, dann machte er auf dem Absatz kehrt und stiefelte in ihre Richtung. Dabei sah sie ihn die ganze Zeit an, versuchte immer noch zu ergründen, was dieser mitternächtliche Ausflug sollte. Kurz vor ihr blieb er wie angewurzelt im Sand stehen und rang die Hände. Sie blickte zu ihm auf. Doch in seinen Augen konnte sie keine Regung ablesen, es war einfach zu dunkel.

"Und? Kriege ich eine Antwort auf meine Frage?"

Die Spur eines Lächelns stahl sich auf ihrer beiden Gesichter. In ihrer Beziehung hatten Fragen schon immer eine große Rolle gespielt. 

"Was haben Sie an, Inspektora?"

"Haben Sie schonmal einen Orgasmus vorgetäuscht?"

Doch im Hier und Jetzt schienen sich alle fein säuberlich geplanten Überlegungen von Sergio in Luft aufgelöst zu haben. Er stierte in die Ferne, nicht recht wissend, wie er mit dieser Planänderung umgehen sollte.

"Sergio?" Langsam zeichnete sich Sorge in Lissabons Zügen ab, während sie sanft ihre Hand auf seinen Oberarm legte. Ein Gefühl der Vertrautheit durchströmte den Professor und er wusste auf einmal, wer und wo er war. Er war Sergio, nicht der Professor und vor ihm stand die Frau, die er liebte, so wie er noch nie zuvor geliebt hatte. Und diese Frau würde kein Stammeln, kein klitzekleiner Fehler seinerseits dazu bringen, ihn zu verurteilen oder für einen Versager zu halten, das wusste er. Bei ihr war er sicher. Hier konnte er sich ausnahmsweise einmal fallen lassen.

"Ja.. Ja. Es tut mir leid, ich war gerade irgendwie so durcheinander. Dabei wollte ich eigentlich nur..." Seine von Gefühlen belegte Stimme verlor sich im lauten Rauschen des Ozeans, der hinter ihnen zu immer höheren Wellen aufbrauste. Behutsam, aber bestimmt zog Raquel ihn ein Stückchen vom Strand weg, damit sie nicht mehr allzu sehr dem Geräuschpegel ausgesetzt waren.

"Was wolltest du?", flüsterte sie. Ihre wachsamen braunen Augen auf sein Gesicht gerichtet, als wollte ihnen nicht das winzigste Detail entgehen. Noch so eine Sache, die er an ihr liebte, wie er feststellte. Sie ließ nie eine Sache los und versuchte bis zum bitteren Ende herauszufinden, worum es ging. Sehr wahrscheinlich einer der Hauptgründe, weshalb sie Polizistin geworden war. Ihr Ehrgeiz hatte ihn schon immer beeindruckt, selbst wenn er es am Anfang nicht zugegeben hätte. Damals, als sie noch nicht auf seiner Seite stand, sondern gegen ihn ermittelte, nicht ahnend, dass der Fremde, den sie bei Nacht datete, derselbe Mensch war den sie bei Tageslicht jagte - als Kopf hinter einem der bekanntesten und verruchtesten Bankräube Spaniens. Dieses "Damals" schien so unendlich weit in der Vergangenheit zu liegen.

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