Die etwas andere Klassenarbeit

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Ich ging wie jeden anderen Tag in die Schule. Heute war der Tag an dem wir die Mathearbeit zurück bekommen würden. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Meine beste Freundin Martha lief neben mir und schaute mich besorgt an. „Es wird schon nicht so schlimm sein.", sagte sie tröstend zu mir. Ich neigte nur nachdenklich den Kopf.
Ich war nicht wirklich gut in Mathe. In der letzen Arbeit hatte ich eine 5 geschrieben. Meine Pflegeeltern hatten mir daraufhin Hausarrest gegeben. Sie mochten es nicht wenn ich schlechte Noten schrieb. Ja, ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen. Sie haben mir immer gesagt, meine leiblichen Eltern seien bei einem Flugzeugabsturz gestorben. Aber das glaubte ich ihnen nicht. Ich wusste schon immer das ich anders war. Ich hatte diese Stimme in mir. Sie half mir und gab mir Tipps. -Außer in Mathe und anderen Fächern in der Schule.
Ich spürte plötzlich etwas hartes und wurde aus meinen Gedanken gerissen. Ich war gegen die Tür unserer Schule gelaufen. Hinter mir hörte ich dieses vertraute gackernde Lachen. Wütend wirbelte ich herum. War ja klar, dass dort Selina stand! Die fieseste Zicke meines Jahrgangs. Schlimmer ging es nicht.
„Na Lia, kannst du nicht mehr deine Beine steuern? Tja wenn ich einer deiner Beine wäre, hätte ich das auch getan.",sagte Selina arrogant. Ihre zwei ^Freundinnen^ lachten hinter ihr. Ich rieb wir grimmig die Stirn und murmelte: „Du kannst gerne gleich Bekanntschaft mit ihnen schließen."
Martha zog mich schnell von ihnen weg.
„Ignoriere die Tussigang einfach ok?", sagte Martha leise zu mir.  ^Tussigang^ war unser Name für Selina, Ella und Katrin. Ich nickte bloß.

In der Klasse war es komplett still, als Frau Lulane die Arbeiten austeilte. An meinem Tisch blieb sie etwas länger stehen. Sie gab mir die Arbeit und raunte mir dabei zu: „Lies die Seite zwei nochmal genau durch."
Ich blickte verwirrt auf die Arbeit. Dann schaute ich erstmal nach meiner Note. Mittlerweile war es schon etwas lauter in der Klasse geworden. „Ja! Eine drei minus!", rief ich erfreut. Dann blätterte ich auf Seite zwei.
Dort in der Ecke stand in ganz kleiner Schrift:
Lia, wie schön das ich endlich mehr weiß. Du hast eine besondere Stimme in dir oder? Und immer wenn du ein Bild von einem Wolf siehst, beginnt deine Haut zu kribbeln. Ich weiß es.. Heute in der großen Pause erwarte ich dich im Lehrerzimmer. Ich weiß wer und was du bist.
PS: Genieße deine freie Zeit. (Solange du noch kannst)
Frau Lulane
Verwirrt blickte sich Lia um. Doch Frau Lulane hatte die Klasse schon längst verlassen.
„Martha! Schau mal!", zischte ich meiner besten Freundin zu. Martha beugte sich über mein Blatt. „Hmm?",machte sie nur. „Was ist das für eine Sprache? Diese Schriftzeichen sehen anders aus, als alle Schriften die ich je gesehen hab.", murmelte sie dann nach einer Weile. „Hä?",fragte ich verblüfft.
Martha kann die Schrift nicht lesen, Lia. Geh zu dem Treffen mit Frau Lulane.
Da war sie wieder! Die innere Stimme.

Nach dem es geklingelt hatte ging ich aus der Klasse. Ich wartete ein wenig auf dem Flur. Und als Martha mich fragte was ich hätte, sagte ich ich ihr, ich hätte einen Korrekturfehler in meiner Mathearbeit gefunden. Daraufhin hatte Martha nur langsam genickt. Zum Glück hat sie mich nicht weiter ausgefragt.
Nachdem meine Schulkameraden alle auf dem Hof waren, ging ich mit schnellen Schritten in Richtung Lehrerzimmer. Als ich vor der Tür stand hörte ich in dem Raum hinter der Tür Stimmen. Dann kamen Schritte zur Tür. Schnell zog ich meine Mathearbeit hervor und lehnte mich ein paar Schritte von der Tür weg, an die Wand. Meine Klassenlehrerin Frau Kleinkirche kam mit einem Kaffeebecher in der Hand aus dem Lehrerzimmer. Ihr folgte unser Schuldirektor Herr Türmchen. Ich musste immer kichern, wenn jemand seinen Namen sagte. Lia, du musst dich konzentrieren. Zu so als würdest du in deine Arbeit lesen.
Aber kein Mensch liest in seiner Arbeit!, protestierte ich. Mach schon!
Schon gut! Zuerst bemerkten mich Frau Kleinkirche und Herr Türmchen nicht. Doch als sie dann an mir vorbei liefen, blieb Frau Kleinkirche stehen und schaute mich fragend an. „Wieso befindest du dich nicht auf den Hof wie alle anderen auch?", fragte sie mich streng und verwundert zugleich. „Ich... äh.. Ich muss mit Frau Lulane über meine Klassenarbeit sprechen",sagte ich schnell. Frau Kleinkirche blickte skeptisch.
Du hättest nicht stottern sollen!, beklagte sich meine innere Stimme.
Halt einfach die Klappe!
Frau Kleinkirche nickte knapp und eilte hinter Herr Türmchen her, der schon vorgegangen war. Erleichtert atmete ich aus. Ich steckte die Arbeit wieder ein und ging zur Tür. Ich hob die Hand und wollte klopfen. Doch irgendwas hielt mich davon ab. Nun mach schon! Worauf wartest du denn? Ich weiß nicht..
Doch dann dachte ich daran, dass Frau Lulane anscheinend mehr über mich wusste als ich selbst. Und das war unheimlich.
Was meinte sie eigentlich mit: Genieße deine Freizeit so lange du noch kannst? Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben. Einatmen, ausatmen.
Ich holte tief Luft und klopfte an. Ein kleiner Moment war vergangen, doch für mich fühlte sich dieser Moment unendlich lange an.
Dann ging die Tür auf und vor mir stand Frau Lulane. „Endlich habe ich dich gefunden.", sagte sie leise zu mir, mit einem Hoffnungsschimmer in den Augen. Ich trat in den Raum ein und sah mich neugierig um. Jeder Lehrer hatte hier seinen eigenen Platz. Und dieser Platz beschrieb ihre Persönlichkeit. Frau Lulane hatte einen halb ordentlichen, halb unordentlichen Platz. Auf ihrem Tisch standen mehrere Bilder von einem Wolfsrudel. Und auf einem Bild war sogar ein Wolfsbaby drauf. Dann sah ich zu Frau Kleinkirchens Platz herüber. Alles ordentlich. Und auf dem Platz von Herr Türmchen spiegelte sich seine leicht unbeholfene Art wieder. Er war immer leicht durcheinander.
Doch dieser Moment in dem ich all das sah, waren in echt tatsächlich nur zwei Sekunden.
Frau Lulane schloss die Tür hinter mir und sagte noch einmal: „Endlich habe ich dich gefunden!" In ihrer Stimme schwang so viel Erleichterung mit, dass ich mich fragte, ob sie mich vielleicht schon vor meiner Geburt kannte. Das würde ich ja gleich erfahren.

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Das war das erste Kapitel! Ich hoffe es hat euch gefallen. Das nächste folgt bald.
Wörter: 1016
Danke fürs lesen🥰

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