Als mein Wecker klingelt bekomme ich nur schwer die Augen auf. Die ungewöhnlich vertraute Wärme mit der ich eingeschlafen bin, ist nicht mehr da. So klettere ich aus dem Bett, schalte meinen Wecker ab und setze meine Brille auf bevor ich ins Bad schleife. Nach einer erwachenden Dusche fühle ich mich schon viel besser.
Ich schaue in den Spiegel, meine Wangen sind ganz rot und ich weiß nicht woher das kommt. Vielleicht weil die ganze Zeit Ryan in mein Kopf schwirrt und ich nicht aufhören kann, daran zu denken wie ich in seinen Armen eingeschlafen bin, wie gut ich diese Nacht geschlafen habe und wie froh ich darüber bin ihn heute wieder zu sehen. Zwar bin ich fast zwanzig, und damit noch ziemlich jung, aber fühle ich mich wie eine fünfzehnjährige bei ihrem ersten Schwarm. Alles geht zu schnell und drunter und drüber.
Im Zimmer zurück suche ich mir etwas von meinen neues Sachen raus, während Ariana grummelnd aus den Bett steigt. Ich entscheide mich für eine hellblaue Highwaist Jeansshorts und ein schwarzes gecropptes Top mit einer Knopfleiste in der Mitte wovon ich den Obersten öffne, dazu einen schwarzen Gürtel und weiße Sneaker. Als ich an meinen Schreib- und Schminktisch sitze, ist das Erste was ich mache meine Kontaktlinsen einsetzen, dann schminke ich mich, föhne und glätte meine Haare und lege zum Schluss meinen Schmuck an.
Mir gefällt die neue Version von mir. Es ist etwas ungewohnt, aber ich fühle mich wohler. Auf eine Art frischer. Es tut mir gut und ich verstehe meinen Vater nicht. Ja, Ryan ist nicht die Art von Junge, die er gerne in meiner Nähe sieht, aber er bringt mir bei mich wohl zu fühlen, selbstbewusster zu werden. Und wenn ich glücklich damit bin.. Dann tut es mir doch gut, oder nicht?
» Du siehst gut aus.« bemerkt meine Schwester bevor ich losgehe. Ich bedanke und verabschiede mich bevor ich schließlich meinen Weg zu Starbucks finde.
Mit einem Chocolate Cream Frappuccino betrete ich meinen Englisch Saal. Ryan sitzt schon auf seinem Platz.
» Hey du.« ich rutsche hinter Ryan vorbei und stelle Getränk und Rucksack ab um meine Sachen auszupacken.
» Und gut geschlafen?« mit hochgezogenen Mundwinkel schaut er zu mir hoch.
» Der beste Schlaf, den ich je hatte.« scherze ich, obwohl es eigentlich stimmt, und setze mich hin. Ryan klopft sich auf die Schulter. Dämliche Lederjacke,
» Hast du Lust nachher was zu machen? Essen gehen, zum Verbindungshaus fahren?« fragt er.
» Gerne, aber wird es nicht etwas schwierig, wenn ich nicht in dein Zimmer soll?« necke ich.
Er nimmt einen Schluck von meinem Trinken und deutet dann mit den Becher auf mich, bevor ich ihn ihm aus der Hand reiße. » Wer sagt, dass wir in mein Zimmer gehen müssen? Wir haben auch ein sehr schönes Wohnzimmer oder eine schöne Küche und einen Garten..« er beugt sich ein Stück zu mir vor. »Außer natürlich du willst mit mir allein und ungestört sein.«
Grinsend schüttle ich den Kopf. » Passt schon.«Vorsichtig folge ich Ryan. Zwar bin ich nicht zum ersten Mal hier, jedoch kenne ich nur zwei Jungs, die hier wohnen und es sind eindeutig mehr. Die Zimmer sind bestimmt nicht alle belegt, aber man weiß nie. Und Ariana erzählt nicht viel von ihren Freunden... Ich verbringe sowieso mehr Zeit mit Ryan, der noch weniger spricht.
Ariana lernt oder ist bei William, weshalb ich kaum dazu komme mich mit ihr zu unterhalten. Meistens bringt sie mir etwas zu essen mit, dann geht sie duschen und ich gehe schlafen.
» Charlie.« ertönt eine bekannte Stimme. Ich schaue die Treppe auf.
» Hey Chase.« lächle ich und werde in eine unerwartete Umarmung gezogen. Sie fühlt sich gut an. Fast schon sicher.
» Alles gut?« er wackelt mit den Augenbrauen.
» Soweit schon.« lächle ich zu ihm auf.
Eine Hand legt sich auf meine Schulter. » Ich komm gleich, wartest du hier?« ich nicke während Ryan nach oben verschwindet.
» Ich muss auch los, viel Spaß euch.« grinst Chase.
Ich verabschiede mich von ihm und er verlässt das Haus. Zeitgleich dazu kommt ein schwarzhaariger Junge ins Haus. Seine grünen Augen mustern mich und ich mustere ihn. Seine Haare sind recht lang und fallen in sein glattes Gesicht. Seine Sachen sind schwarz, schlichtes Shirt, was dennoch seine Muskeln umspielt, sowie Jogginghose, dazu weiß-blaue Nikes. Eine Kette umspielt seinen Hals und seine Hände sind in den Hosentaschen vergraben.
» Wer bist du?« fragt er mich skeptisch.
» Charlie, du?« frage ich selbstbewusster als ich eigentlich bin. Am liebsten würde ich die Treppe hochsprinten und mich bei Ryan verstecken... Auch wenn Ryan bedrohlicher als er aussieht. Bei Ryan fühle ich mich sicherer, bei ihm fühle ich mich komisch, so als würde ich von ihm wegrennen müssen.
» Jack. Wohnst du im Wohnheim?«
» Ja, wo denn sonst?«
» Schade, ein gut aussehendes Mädchen könnten wir hier gut gebrauchen.«
Ich glaube, ich weiß von wem Ryan geredet hat als er mir Hilfe angeboten hat. Und jetzt bräuchte ich wirklich Ryans Hilfe. Denn ich will nicht weiter in Jacks Nähe allein sein.
Hitze steigt in meine Wangen. » Ich hab nicht vor hier zu wohnen.« sage ich, weil es eben so ist. Ich hab ein schönes Zimmer was ich mit den Menschen teile, den ich am meisten liebe. Und so sollte es auch bleiben.
» Falls du es dir anders überlegst, wir haben zwei freie Zimmer.« er läuft an mir vorbei zur Treppe, wobei er genau vor mir stehen bleibt. » Ich hätte aber auch kein Problem damit, wenn du in mein Zimmer ziehen würdest.« grinst er verschmitzt.
Ich verziehe angewidert das Gesicht. Kann Ryan wieder runterkommen. Jack kommt mir näher als mit lieb ist und ich kann nicht flüchten.
» Verpiss dich, Taylor.« ertönt Ryans Stimme hinter mir und bin unendlich erleichtert.
» Was sonst, Scott?«
Ryan beugt sich mit herausfordernden Blick über mich.
» Hey, ich stehe zwischen euch, wenn du dich prügeln willst ohne mich.« mache ich wieder auf mich aufmerksam. Ich bin ein Zwerg, wie Ryan immer sagt, wenn sie sich mit Blicken umbringen, dann sehen sie mich nicht.
Jack fängt an ihn anzugrinsen als hätte er gewonnen. Mit viel Kraft ziehe ich Ryan mit mir in die Küche. Hauptsache weg von Jack. So weit weg wie es geht.
» Du wolltest mir euern Garten zeigen.« erinnere ich ihn.
Schon läuft er vor, öffnet die Glastür und führt mich raus. Eine riesige grüne Fläche mit einem Baum, ein Pool, einige Sonnenliegen, ein Grill und ein Holztisch mit Bänken. Das wars mehr ist hier nicht, aber trotzdem fühle ich mich hier extrem wohl. Vielleicht liegt es auch an der Vorstellung von Ryan, die mir in den Kopf schleicht.. Wie er aus diesem Pool steigt, oberköperfrei, klitschnass, wie sich seine Muskeln anspannen, wenn er raus klettert...
Wo kommt das denn her? Das ist mir neu. Meine Wangen beginnen zu brennen.
» Alles gut?« reißt mich Ryan aus meinen Gedanken.
Schwer schlucke ich. » Ja.«
Ist das peinlich.
Er setzt sich auf eine der Liegen, gibt mir aber nicht die Chance mich auf eine andere zu setzen, so sitze ich schnell zwischen seine Beine. Seine linke Hand hält noch immer meine fest und seine rechte legt sich an meinen Bauch um mich an sich zu ziehen.
» Hast du mittlerweile etwas an den mysteriösen Samstag diese Woche vor?«
» Es ist ein normaler Samstag, was soll daran mysteriös sein?« ich drehe mich ein ganz kleines Stück damit ich ihn anschauen kann. Vielleicht fällt es ihm gar nicht auf dass ich lüge. Ich will einfach nur nicht über mein Geburtstag sprechen.
Viele verstehen meine Trauer nicht. Schließlich kannte ich meine Mutter nicht. Wir hatten keine Chance eine Bindung aufzubauen, bis auf die Monate in ihrem Bauch. Jedoch ist das nicht grade eine Zeit an die man sich erinnern könnte. Es war immer schmerzhaft die anderen Kinder mit ihren Müttern zu sehen. Bilder zu sehen auf denen sie Ariana hält, aber bei mir keine Chance zu hatte. Dass wir nie die Chance hatte uns aufwachsen zu sehen, uns Mädchendinge beizubringen, uns bei Problemen zu helfen, der Abschlussball... Nichts. Sie konnte nichts von alldem tun.
» Weil du und deine Schwester daraus so ein Thema machen. Warum sollte sie denn etwas planen?«
» Weil sie gerne spontane Sachen plant... Aber nein, ich habe nichts vor.«
» Lust auf ein Date?«
Einen Augenblick schaue ich ihn verdutzt an. Ein Date? Ich bin nicht sein Typ und wir haben uns geeinigt Freunde zu sein und uns nicht an zu zicken, aber ein Date?
» Ein Date?« frage ich nach, weil ich denke mich verhört zu haben. Ich muss, das ist die einzige Erklärung dafür. Meine Stimme ist ganz heißer, weshalb ich mich räuspere.
» Ja, ein Date.«
Sofort steigt mir erneut die Hitze in die Wangen. » Also ich hätte nichts dagegen, aber können wir das Date auf Freitag verschieben?«
Nun schaut er mich skeptisch an. Er wird es schon noch erfahren, aber ich will das nicht zum Thema machen. Ich will kein Geschenk, ich will keine Feier, ich will... keine Aufmerksamkeit an meinem Geburtstag. Und trotzdem mache ich alles für Ariana recht, damit sie mich auf meine Überraschungsfeier schleppen kann.
» Gut, stell dich darauf ein, dass du nicht im Wohnheim schlafen wirst.«
Direkt will ich von ihm wegrutschen, ich bin nicht bereit für sowas.. Wie mein erstes Mal, mit jemanden wie Ryan, mit den ich nicht zusammen bin, wo eigentlich nichts sein sollte, den mein Vater nicht in meiner Nähe sehen will. Mein erstes Mal soll besonders werden, mit jemanden der mich liebt und den ich liebe - es muss nicht groß romantisch sein, soll es total schief laufen, mir egal... Es soll nur echt sein. Und ich habe nie bei einem Jungen übernachtet. Gestern bin ich das erste Mal in den Armen eines Jungen eingeschlafen.
Ryan hält mich fest und zieht mich sanfter, als sein Griff, an sich. Seine Brust berührt meinen Rücken und wenn ich meinen Kopf ein wenig zurück lege.. liegt er.. auf seiner Schulter. Und wir wären uns so nah.. Zusammenreißen. Freunde. Freunde die über ein Date sprechen.
» Keine Sorge, so meinte ich das nicht.. Ich will dir etwas zeigen, was aber eine Überraschung bleibt. Vielleicht hast du auch Angst und willst wieder ins Wohnheim, dann fahr ich dich natürlich dahin. Ich mache nichts mit dir, was du nicht willst.«
Es klingt ehrlich, warum machen sich dann alle solche Gedanken, dass er mir nicht zu Nahe kommen soll? Bei meinem Vater verstehe ich das noch irgendwo, aber Ari und William, dann noch die Anmerkungen von Chase..
» Okey, ich vertraue dir. Ich muss aber spätestens Samstag Abend im Wohnheim sein.«
Er nickt zustimmend. » Wirst du.«
Ein Date mit Ryan, warum klingt das so unrealistisch? Warum lasse ich mich überhaupt darauf ein? Weil ich mich eindeutig zu ihm hingezogen fühle.
» Ich hatte noch nie ein richtiges Date.« stelle ich nuschelnd fest. Noch nie eins, wo sich ein Junge wirklich Mühe gemacht hat. Nur welche die nicht mal ansatzweise nach Date aussahen und so hat sich das auch angefühlt.
» Glaub mir, ich geb mir Mühe.«
Und ich glaube ihn. Hoffentlich mache ich keinen Fehler damit.
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Kiss me before you go
Romance🂱 Teil 1 der „Kiss me"-Reihe 🂱 Aus dem Kinderzimmer in die Großstadt.. Charlie beginnt ihr Studium an der NYU und folgt ihrer Schwester. Die schüchterne 19-jährige kommt endlich aus dem kleinen Raymond raus, was sie nicht weiß, ist dass sie mehr H...